Direkt zum Hauptbereich

The Beach

So richtig ernstnehmen wollten ihn nur die Wenigsten, dabei hatte Leonardo DiCaprio gegen Ende der Neunziger bereits eine schillernde Karriere vorzuweisen. Er war noch kein absolut begnadeter Schauspieler, spielte aber immerhin im damals erfolgreichsten Film aller Zeiten mit, der auch direkt elf Oscars gewann und ihn zum Teenie-Schwarm machte... von seiner eindrucksvollen Jugend-Leistung in "Gilbert Grape" einmal ganz zu schweigen. Trotzdem dauerte es eine Weile, bis "Leo" den Ruf als Teenie-Star endgültig loswurde und auch über die Grenzen hinaus zu einem beachteten Filmstar heranwuchs - "The Beach" war einer der ersten Schritte, die er diesbezüglich unternahm.

THE BEACH


Während eines Thailand-Trips erfährt Rucksacktourist Richard Fischer (Leonardo DiCaprio) von seinem verrückten Motel-Zimmernachbarn Daffy (Robert Carlyle) von einem geheimnisvollen Strand, auf einer kleinen, beinahe unmöglich zu erreichenden Insel. Daffy überlässt Richard eine Karte und der macht sich gleich zusammen mit dem französischen Pärchen Francoise (Virginie Ledoyen) und Etienne (Guillaume Canet) auf den Weg. Schon die Reise zur Insel beherbergt viele Gefahren und mit ihrer baldigen Ankunft ist es noch nicht vorbei. Die dortige, von Anführerin Sal (Tilda Swinton) ins Leben gerufene Kommune wirkt erst einmal wie ein Paradies, beherbergt jedoch ein düsteres Geheimnis...

Danny Boyle ist bekannt dafür, einem auf dem Papier recht simpel klingenden Plot seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Das gefällt nicht immer, bei "The Beach" gelingt dieses Experiment jedoch ziemlich gut und vereint zumindest über weite Strecken das Beste aus beiden Welten: den Abenteuerfilm mit seinen Rucksacktouristen und gelegentlichen Gefahren; der leise Thriller innerhalb einer abgeschiedenen Welt; und das Psychogramm, welches sich mit den Gedanken, Empfindungen und schließlich auch dem Wahnsinn seines Protagonisten beschäftigt. Im Kern ist das alles ziemlich einfach, aber Boyle genügt es nicht, einfach nur einer Kommune ein Geheimnis aufzuschwatzen, welches das Paradies dann als düster erscheinen lässt. Er hat viele Ideen, die sich dem Mainstream verweigern und auch wenn in der zweiten Hälfte nicht alle von ihnen zünden, der Film auf den entscheidenden Metern tatsächlich ein wenig Schwung verliert, so ist das Gesamtpaket etwas Beeindruckendes. 
Am stärksten ist "The Beach" immer dann, wenn er sich diesem tatsächlich ziemlich hübschen Leben in der Kommune und den darin lebenden Figuren widmet und sie in den krassen Gegensatz mit der Realität setzt. Als die Szenerie zur Halbzeit erneut zurück in die Zivilisation schwenkt, dann setzt Boyle diese mit einer solch widerlich-angehauchten Intensität um, dass wir kaum anders können als Robert Carlyles Worten zuzustimmen - ein Geschwür, eine fette Riesengeschwulst. Natürlich überzeichnet Boyle den vorherrrschenden Konflikt um das zu bewahrende Geheimnis des traumhaften Strandes recht deutlich, trotzdem ist es glaubwürdig und er nimmt sich auch Zeit, dabei die einzelnen Figuren einigermaßen deutlich zu zeichnen, sodass wir ihnen gegen Ende schier an den Lippen hängen, wenn sie aufeinander losgehen. 
Da steckt schon einiges drin, über eine gar nicht so kitschige Liebesgeschichte, über die Einsamkeit eines Abenteurers und das Aufbauen eines Lebenszieles... da schlägt das Herz tief in diesem Film. Wenn man sich später der wesentlich düstereren Seite der Medaille zuwendet, hebt Boyle ein wenig zu arg vom Boden ab und widmet sich den Fantastereien seines Protagonisten doch einige Male zu oft und zu lang. Lieber hätte man gerne noch einige der fantastisch komponierten Bilder vom Strand gesehen, den Boyle so zauberhaft einfängt, um das Paradies dann auch immer wieder passend von seiner gefährlicheren Seite zu zeigen. 
Das ist alles ziemlich rund, hat von menschlichen Konflikten bis hin zum Kampf mit der Natur alles zu bieten, was erwachsenere Abenteuerfilme brauchen, wobei auch der psychische und physische Härtegrad nicht zu unterschätzen ist. "The Revenant"-Star Leonardo DiCaprio überzeugt in der Rolle des Abenteurers, der sich auf eine gewaltigere Reise eingelassen hat als ihm bewusst ist und beweist auch in den psychisch angehauchten Sequenzen einiges an Schwung. Neben ihm überzeugen insbesondere auch Virginie Ledoyen als gar nicht so einseitiges, charmantes Love Interest und "Okja"-Star Tilda Swinton als strenge Anführerin einer Kommune, die sich Geheimniswahrung auf ganz spezielle Art bezahlen lässt.

Fazit: Gegen Ende verliert Danny Boyles Abenteuer-Psychogramm ein wenig an Schwung, zuvor hat er seinen Mix aus Adventure, Thriller und Drama aber sehr gut im Griff. Die wunderschönen Bilder verzaubern und laden zum Schwelgen ein, während die Geschichte immer wieder gekonnt dem Mainstream-Quatsch ausweicht.

Note: 3+




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se