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Im Himmel trägt man hohe Schuhe

Dramen gehören seit jeher zur Filmgeschichte - mittlerweile gibt es sie in unterschiedlichsten Formen und Farben, trotzdem sind sie seit jeher eines der weitverbreitesten, im Kern vielleicht sogar das häufigste Genre überhaupt. Über Action-Dramen, Thriller-Dramen und natürlich den Liebes-Dramen hat es aber seit jeher eine Art dieses Genres geschafft, ungeahnte Erfolge zu erzielen, obwohl dabei mit einem schwierigen und gar nicht so schönen Thema gespielt wird: Die Geschichte eines schwerkranken Menschen und wie er und die Menschen um ihn oder sie herum versuchen, mit dieser Krankheit umzugehen. Seit wenigen Wochen läuft mit "Midnight Sun" ein durchaus beachtenswerter Vertreter dieses Sub-Genres in den Kinos... und die Welle nimmt kein Ende.

IM HIMMEL TRÄGT MAN HOHE SCHUHE


Milly (Toni Collette) ist noch in den besten Jahren, verheiratet mit dem ehemaligen Rockstar Kit (Dominic Cooper) und hat bereits zwei Kinder, als sie die grausame Nachricht erhält: Sie hat einen Tumor, der bereits in ihrem Körper gestreut hat. Dieses Wissen ändert alles und Milly muss sich einer schmerzhaften Chemotherapie entziehen, mit dem Verlust ihrer Haare und ihrer Kraft auskommen. Unterstützt wird sie dabei so gut es geht auch von ihrer seit Kindertagen besten Freundin Jess (Drew Barrymore), doch macht Milly es ihr nicht leicht. Sie schürt Konflikte, denkt sogar daran, ihren Ehemann zu betrügen, um sich wieder gewollt zu fühlen. Ein großer Konflikt zwischen beiden Frauen liegt bald in der Luft...

Das ist nichts Neues. In letzter Zeit sage ich diesen Satz in meinen Reviews gefühlt wesentlich häufiger als früher, was ja auch normal ist - je weiter die Zeit voranschreitet, desto mehr neue Wege wurden in der Filmlandschaft bereits betreten und es wird immer schwieriger, noch etwas vollständig Innovatives in Angriff zu nehmen... mal ganz davon abgesehen, dass das Gewohnheitstier Mensch allem Neuen gegenüber ja erstmal vorrangig skeptisch ist, was auch fürs Kino gilt. Aber gut, etwas Altbekanntes ist ja partout erstmal rein gar nichts Schlechtes, weswegen wir uns Jahr für Jahr auf die neuen Fortsetzungen unserer Lieblings-Blockbuster freuen und auch bezüglich Themen, die man so schon x-mal in verschiedenen Filmen gesehen hat, doch wieder glücklich werden. 
Auch "Im Himmel trägt man hohe Schuhe" erfindet das Rad keineswegs neu und ist in seiner Art, das Drama unterzuschieben, niemals so kraftvoll oder auch herzlich und teilweise ironisch wie ähnliche und bessere Vertreter, zum Beispiel "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" oder "Beim Leben meiner Schwester". Trotzdem besitzt der Film einige zutiefst bewegende Szenen und setzt sich mit der Thematik, wie eine Frau auf den möglichen, bevorstehenden Tod und die entkräftenden, kaum vorstellbaren Maßnahmen der Lebenserhaltung reagiert, passend und angemessen auseinander. 
Dabei hat der Film auch zwei starke Darstellerinnen an seiner Seite - "Er steht einfach nicht auf dich"-Star Drew Barrymore und die sowieso immer glänzend aufgelegte Toni Collette, die mit dieser Rolle eine der schwierigsten Herausforderungen für eine Schauspielerin bestreitet und sich auch körperlich voll ins Zeug legt, geben ein sympathisches Paar ab. Die Freundschaft zueinander, die hier immer wieder das entscheidende Salz in der Suppe darstellt, baut auf und wirkt durch die Bank weg glaubhaft. 
Leider traut sich "Im Himmel trägt man hohe Schuhe" angesichts seines schwierigen Themas aber offenbar selbst oftmals nicht über den Weg und überdeckt die Düsternis seiner Geschichte mit etlichen unpassenden Feel-Good-Momenten. Sicher, es verströmt Freude, wenn beide Freundinnen des Nachts während eines Schottland-Trips in der Einöde tanzen... aber es ist eben doch ein wenig zu hübsch und schön, alsdass man es noch glauben mag. In Szenen, in denen die beiden sich mit einem freundlichen Taxifahrer anfreunden oder eine Geburt live in eine Bohrstation übertragen wird, wirkt der Film tatsächlich gar ein wenig verlogen und überdeckt seine sowohl optimistische als auch hart realistische Botschaft mit Zuckerwatte. Das führt dann sogar dazu, dass die letzten Filmminuten nicht ganz das Feuerwerk an Emotionen zünden können, was den Geschehnissen angemessen wäre, denn trotz viel Gefühl wirkt es etwas zu bunt, manchmal zu durchgetaktet, eben viel zu schnell auf Nummer sicher. Dies bedeutet, dass das Werk es nicht zum Klassiker bringt, nicht mal zu einem wirklich guten Film... er geht den halben Weg mit Bravour und traut sich dann nicht, weiterzugehen, was gerade angesichts des Themas wirklich schade ist.

Fazit: Sentimentales Drama, welches von seinen beiden Hauptdarstellerinnen und einigen zutiefst berührenden Szenen lebt. Leider verzichteten die Macher nicht auf haufenweise Feel-Good-Zuckerwatte, was angesichts des Themas deplatziert wirkt und dabei die große Kraft der menschlichen Geschichte untergräbt.

Note: 3




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