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Thank You For Smoking

Rauchen ist schädlich und kann das Leben verkürzen. Wer sein Leben nicht hinter dem Mond verbringt, wird das wissen und auch bereits vor Ekelbildern auf Kippenschachteln dürfte dies jedem bewusst gewesen sein... erst recht jedem, der schon mal einen Glimmstängel probiert hat oder wirklich süchtig geworden ist. "Thank you for Smoking" beschäftigt sich mit dem Alltag der Zigarettenindustrie und dem Marketing und zeigt, wie es hinter verschlossenen Türen abläuft. Das klingt erstmal ziemlich trocken, tatsächlich ist dabei aber ein mehr als unterhaltsamer und zeitweise auch ziemlich kritischer Film herausgekommen...

THANK YOU FOR SMOKING


Nick Naylor (Aaron Eckhart) arbeitet in der Tabakindustrie und hat sich darin besonders aufs Reden spezialisiert. Er ist das Aushängeschild für die Massen, tritt in Talkshows auf, spielt in Werbespots und ist somit so etwas wie eine treibende Kraft. In einer Talkshow wird er dabei neben einem krebskranken Jungen als der Böse hingestellt, schafft es jedoch wortgewandt, das Publikum für sich zu gewinnen. Das bringt den Senator Ortolan Finistirre (William H. Macy), Naylors erbittertstem Gegenspieler in der Debatte, auf die Palme, denn der setzt sich gerade vehement für abschreckende Bilder auf Zigarettenschachteln ein. Hinter verschlossenen Türen fürchtet der Vorsitzende der Tabakindustrie, Budd Rohrabacher (J.K. Simmons) an einem Rückgang an Rauchern und schickt daher Nick ins Rennen... dessen Ex-Frau Jill (Kim Dickens) fürchtet durch sein öffentliches Auftreten jedoch, dass er dadurch negativ auf ihr gemeinsames Kind Joey (Cameron Bright) abfärben könnte.

"Thank You For Smoking" ist nur 92 Minuten lang und trotzdem haben wir mit diesem kurzen Anriss der Handlung nur einen Teil der verschiedenen Haupt- und Subplots sowie Haupt- und Nebenfiguren überhaupt nur angesprochen. Da wäre noch eine kecke Reporterin, die sich auf das ein oder andere Schäferstündchen einlässt, um ihren Job zufriedenstellend zu erledigen; ein schmieriger PR-Agent, der helfen soll, die prestigeträchtigen Schauspieler in seinen Filmen wieder zum Glimmstängel greifen zu lassen; der Marlboro-Mann himself; ein alter Kriegsveteran; und nicht zuletzt zwei Kollegen Nicks von den Verbänden rund um Alkoholverköstigung und Waffenhandel. Die drei treffen sich einmal wöchentlich zum gemeinsamen Abendessen und diskutieren dabei auch gerne mal, welches ihrer Mittel denn nun jährlich die meisten Menschen über den Jordan schickt. 
Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird klar, dass der Film einen enorm sarkastischen, manchmal aber auch schmerzhaft ehrlichen Ton einschlägt. Er schlägt sich niemals konkret auf eine Seite, lobt nicht die Tabakindustrie in den Himmel (tatsächlich sieht man in dem Film keinen einzigen der Schauspieler aktiv rauchend), wettert aber auch nicht gegen sie. Stattdessen lässt er die verschiedenen Parteien aufeinander los und ergötzt sich an den geschliffenen Dialogen, die von herrlich aufgelegten Stars in großen und kleinen Rollen vorgetragen werden und dabei komödiantisch einen enorm hohen Wiedererkennungswert ergeben. Große Lacher sind vor allem während des ersten Drittels einige zu verzeichnen, das Timing ist exzellent, der Stil beinahe einzigartig, das Tempo mörderisch hoch. 
Diese Schlagzahl hält "Thank You For Smoking" dann aber leider nicht durch und zerfasert im Mittelteil ein wenig. Er wird niemals langatmig, trotzdem wird die Differenz zwischen großartigen und eben doch nur soliden Plots hier ziemlich deutlich. Insbesondere die Geschichte um den alternden Kriegsveteran (Robert Duvall in großer Spielfreude) und um eine mögliche, baldige Entführung der Hauptfigur sind hier eher schwach auf der Brust und entfachen nicht das dramatische Potenzial wie es wohl geplant gewesen war. Später findet der Film in einem starken letzten Drittel wieder Luft und lässt auch seine Darsteller richtig von der Leine. 
"The Dark Knight"-Star Aaron Eckhart beweist, dass er immer wieder starke Filme in seiner Agenda hat und blitzt in der Hauptrolle mit eloquentem Charme und herrlicher Wortgewandtheit, darf dabei aber auch mal Schwäche zeigen. Wunderbar ist auch William H. Macy, der nach "Jurassic Park 3" und "Magnolia" zum wiederholten Male den liebenswerten, aber auch stetig ziemlich überforderten Schlappschwanz gibt. Dann wäre da auch noch J.K. Simmons als unzufriedener Chef, dem man kaum ein Lachen entlocken hat und der Ideen seiner Untertanen gerne für seine eigenen ausgibt; Katie Holmes als clevere Reporterin; "Gone Girl"-Star Kim Dickens als gar nicht mal so einseitig geschriebene Ex-Frau des Protagonisten; und der aus "Butterfly Effect" bekannte Cameron Bright, der als Nicks Filmsohn eine wirklich starke Performance abgibt und dafür sorgt, dass seine Figur niemals zum Spielball der Handlung verkommt.

Fazit: Unterhaltsame, sarkastische und manchmal schmerzhaft ehrliche Komödie, die auch ihre ernsthaften Seiten aufzeigt, jedoch vor allem mit schwarzem Humor und herrlichen Dialogen überzeugt. Die hohe Schlagzahl hält der Film aber nicht ganz durch - trotz grandioser Starbesetzung überzeugt dabei nicht jeder Subplot.

Note: 3+




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