Niemand von uns wird ewig bleiben... zumindest solange nicht, bis tatsächlich jemand den Jungbrunnen findet und damit die Welt auf den Kopf stellt. Wir alle altern und können nur versuchen, unsere Ziele bis zum Ende des Lebens oder bis zum hohen Alter zu erreichen. Das gelingt nicht allen und selbst denen, die sich angesichts ihrer Karrieren glücklich schätzen könnten, viel geleistet zu haben, haben am Ende all die gleichen Sorgen wie alle anderen. Krankheiten, Langsamkeit, Einsamkeit, Beziehungsprobleme. Dieses Thema verpackt Regisseur Paolo Sorrentino mit einer bemerkenswerten Sensibilität in seinem Drama "Ewige Jugend", auch wenn sich der Film angesichts deutlicher Kunstspitzen bisweilen etwas zu wichtig nimmt...
EWIGE JUGEND
Fred Ballinger (Michael Caine) war einst ein gefeierter Komponist, der sich nun jedoch zur Ruhe gesetzt hat und seine Ferien gemeinsam mit seinem alten Freund, dem Regisseur Mick Boyle (Harvey Keitel) in einem Sanatorium in der Schweiz verbringt. Fred möchte dort nur zur Ruhe kommen, während Mick mit einigen jüngeren Kollegen an einem neuen Drehbuch arbeitet - dieser Film soll schließlich sein größtes Werk und gleichzeitig seine Abschiedsvorstellung in Hollywood werden. Mick und Fred sind anderer Ansicht bezüglich des Älterwerdens, denn während Fred sein Leben geistig beinahe abgehakt hat, möchte Mick es nicht wahrhaben, dass auch er die Ziellinie womöglich bereits in Sichtweite hat. Als der junge Schauspieler Jimmy Tree (Paul Dano) und Freds Tochter Lena (Rachel Weisz) in dem Sanatorium auftauchen, scheint es so, als würden alle vier noch einiges über das Leben, die Zukunft und ihre Träume lernen...
Es geht um die Jugend und das Alter und wie schnell alles vorbei ist und wie rasch es geht, das Leben doch nicht richtig zu nutzen. Nun haben die beiden Hauptprotagonisten ihr Leben sicherlich so gut es ging genutzt... man wird dies nur von Zuschauer zu Zuschauer anders sehen, je nachdem was man darunter versteht, das Leben zu nutzen, damit man am Ende des Weges schließlich keinen Groll gegen seine eigenen Taten hegt. Paolo Sorrentino nähert sich der Thematik mit Geduld und Gefühl und lässt seine Protagonisten immer wieder entlarvend und intelligent zu Wort kommen, ohne sie jedoch als überintellektuell hinzustellen. Sie alle haben immer wieder einen lebensbejahenden, aufrüttelnden Rat auf den Lippen... meistens jedoch dann, wenn es um das Problem einer anderen Person geht, während sie mit ihren eigenen Schwierigkeiten hadern. Niemand von ihnen ist perfekt, sie alle stoßen alsbald an ihre Grenzen und selbst der seine Rolle entwickelnde, junge Superstar von Schauspieler wird in einem kleinen Wortgefecht mit der nur anfangs eher oberflächlich wirkenden Miss Universe bloßgestellt.
In den niemals aufgeweckt wirkenden, manchmal etwas zu gestelzten, jedoch stets unglaublich erheiternden und mal auch sehr bewegenden Dialogen bekommen wir einen Einblick in das Seelenleben der Protagonisten, was für die namhaften Schauspieler im Grunde durchgehend die perfekte Vorlage darstellt, um eine bravouröse Leistung nach der anderen abzuliefern. Harvey Keitel glänzt dabei als mal eitler, von der Kunst schier besessener Regisseur, der gerade im Bezug zu seinem besten Freund jedoch das Herz am rechten Fleck hat, sich aber manchmal in der Wortwahl verhebt. "Abgang mit Stil"-Star Michael Caine übernimmt derweil die Hauptrolle - er ist die Seele, das Herz, das Glanzstück des Films und beherrscht diesen mit einer gewaltigen, in sich ruhenden Performance, mit so viel Tiefe und Herz, dass es eine wahre Freude ist, ihm zuzusehen. Rachel Weisz bekommt hingegen weniger zu tun, den vielleicht stärksten Eindruck hinterlässt hingegen Paul Dano, der als junger Schauspieler stets Weisheiten von sich gibt und als oftmals schweigsamer Beobachter der Welt um ihn herum genau das Gegenteil eines ansonsten optisch auf einen hippen Jungspund zurechtgerückten Möchtegern-Star ist.
Auch weitere Nebenfiguren bekommen Raum zugestanden, was das im Zentrum stehende Sanatorium, in welchem all die Leute aufeinandertreffen, zu einer Art Schaulaufen interessanter, vielseitiger Charaktere macht. Die Moral scheint zu sein, dass uns jeder Mensch, auf den wir in unserem Leben treffen, sei er noch so alt, jung, klein oder verloren, vielleicht einen Schritt weiterbringt, wenn wir ihm nur zuhören, ihn zu Wort kommen lassen. Leider verhakt sich Sorrentino dabei bisweilen auch in einer Art der Kunstüberhöhung, die für einige schöne und überraschende Momente sorgt, dem Film aber auch einen schweren Mantel über die Schultern hängt.
"Ewige Jugend" ist immer dann am besten, wenn die Protagonisten miteinander reden, sich die Meinung sagen und sich schon bald auch Fehler eingestehen - wenn urplötzlich eine klassische Montage gewinnt oder Tagträume zur Erfüllung des Lebens hochstilisiert werden, ist das inszenatorisch sicherlich gelungen, oftmals aber auch überhöht, was den Film höher fliegen lässt, als es ihm gut tut. Nicht immer gelangt das Werk dabei auf den Boden zurück, nimmt sich zu wichtig und verliert dabei die Standhaftigkeit - das wirkt bisweilen gar etwas selbstverliebt und nicht mehr allzu schmuckhaft.
Fazit: Weniger ist mehr - Sorrentino überhöht seine Kunst bisweilen, macht den Film somit wichtiger, als er sein sollte. In seinen anderen Momenten ist es nämlich eine sowohl erheiternde als auch zutiefst bewegende und melancholische Charakterstudie, die von ihren grandiosen Schauspielern und dem wunderbaren Weitblick lebt.
Note: 3+
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