Direkt zum Hauptbereich

Black Christmas (2019)

Weihnachten ist das Fest der Besinnlichkeit, der Familie, des gemeinsamen Gebens und Nehmens. Eine Zeit, in der wir zur Ruhe kommen wollen. Das Fest der Liebe. Nicht jeder kann damit etwas anfangen und auch ich bin mittlerweile nicht mehr der größte Freund dieser ungemein kitschigen und oftmals nass-kalten Feiertage. Perfekt also, wenn sich als Kontrastprogramm im Kino auch mal ein böser Horrorfilm positioniert und dabei auch gleich noch das Weihnachtsthema mit aufnimmt. Das ist zwar kein origineller Schachzug und wurde so in den letzten Jahren auch schon mehrfach angegangen, aber wer weiß... vielleicht klappt es ja diesmal (wieder)? Der Trailer zu "Black Christmas" sah jedenfalls nach einem netten Schocker aus, der nichts Neues erzählen will, dies aber vielleicht auf charmante Art und Weise tut und somit ein schönes Ersatzprogramm zu den diesjährigen Blockbustern des Dezembers darstellen könnte...

BLACK CHRISTMAS


Riley Stone (Imogen Poots) hat ihre Eltern verloren und musste vor drei Jahren noch weitere, schreckliche Lebenserfahrungen machen. In ihrer Studentenverbindung wurde sie unter Drogen gesetzt und missbraucht, konnte sich anschließend keinerlei Hilfe erwarten, da ihre Anschuldigungen beim Dekan weitestgehend auf taube Ohren stießen. Nun, drei Jahre später, fahren die meisten Studenten über die weihnachtlichen Feiertage zu ihren Familien und nur wenige junge Menschen bleiben der Verbindung auch bei Schnee und Keksen treu. Unter den letzteren findet sich auch Riley... und die wird ebenfalls Zeuge, wie ein grausamer Mörder über das Grundstück schleicht und dabei drauf und dran ist, den Studenten den Garaus zu machen.

Nein, ich kenne das gleichnamige Original aus den 70ern tatsächlich nicht, während ich die Neuverfilmung aus dem Jahr 2006 vor langer Zeit irgendwann mal gesehen habe - da ich mich an rein gar nichts mehr davon erinnern kann, kann er mir aber auch nicht wirklich gefallen haben. Glaubt man den Kritiken, so hat die Version aus dem Jahr 2019 nun aber nur noch wenig mit dem Originalstoff gemeinsam, weswegen ich mich ganz und gar darauf konzentrieren möchte, was es mit dem neuen Ding so auf sich hat. Und dieses bewegt sich, ganz unvoreingenommen gesagt, auf dünnes Eis, wenn es eine gesellschaftskritische Ader aufzeigt, die in einem Horrorfilm wie diesem erst einmal deplatziert wirken könnte. Tatsächlich hätte die Art und Weise, wie Regisseurin Sophia Takal ihre Inszenierung angeht, auch ziemlich schnell in einen sexistischen Wahnsinn abdriften können und es gibt zumindest Momente, die etwas bieder schmecken.
Unten drunter liegt nämlich zumindest im Ansatz ein gewisser Männerhass, der das gesamte Geschlecht als Vergewaltiger und Monster ansehen... könnte. Tatsächlich aber nur könnte. Denn in nicht gerade originellen, aber dennoch anwesenden Szenen gelingt es Takal immer wieder auszusagen, dass der Mann an sich nicht das Problem ist, sondern nur das Monster, welches in manchen Männern wohnt. Und eben nicht nur in Männern, sondern manchmal auch in Frauen, weswegen der sexistische, beinahe gefährliche Ansatz, den Takal hier zu Beginn noch zu verfolgen scheint, auf zufriedenstellende Art und Weise getilgt wird. Tatsächlich ist "Black Christmas" dann nämlich viel mehr ein Film über starke Frauen, die ihre Stimme finden und sich gegen mordende und vergewaltigende Männer zur Wehr setzen - und das ist so oder so schon mal eine Prämisse, die gefällt.
Das ist dann allerdings der einzige Ansatz, der in diesem Film hin und wieder funktioniert, denn darüber hinaus scheint das Team seinen Fokus voll und ganz verloren zu haben. So fühlt sich "Black Christmas" in dieser Version nur noch sehr marginal wie ein Horrorfilm an, sondern eher wie eine Prämisse zu unserer Gesellschaft, die sich dann ziemlich blutleer und zäh als eben solches Slasher-Filmchen tarnt. Ein spannendes Experiment hätte das werden können, leider sind dem Team offensichtlich die Ideen ausgegangen und dem Horror-Freund, der sich von einem Werk wie diesen mal wieder ein paar blutige Scharmützel erwartet hat, wird ebenfalls nichts an die Hand gegeben. Tatsächlich agieren die Killer hier so harmlos und meucheln ihre Opfer so gern im Off, dass der Film wohl auch problemlos ab 12 Jahren hätte freigegeben werden können. Besonders schade ist das im Showdown, der locker zu einem richtig verrückten Splatter-Faceoff hätte werden können, hier aber nur in dunklen Gemäuern, mit wilden Schnitten und seltsamen Kameraeinstellungen, die einen wenig von dem, was da gerade los ist, erkennen lassen, in Erinnerung bleibt.
Gruselig ist "Black Christmas" dabei zu keiner Minute, sonderlich spannend ebenfalls nicht und in Sachen Plot gar eine kleine Vollkatastrophe. Was man sich hier an Wendungen aus der Tasche gezogen hat, ist mit dem Wort "dummdreist" nämlich noch nicht ansatzweise beschrieben und so dermaßen unfreiwillig komisch, dass es sich mit der überzogenen Ernsthaftigkeit der Inszenierung beißt. Somit werden diese 92 Minuten zu einer Lächerlichkeit ohne B-Charme und zu einem Horrorfilm, der überhaupt nicht weiß, wo er hinsoll, bis zum chaotischen Finale. Schade eigentlich, dass sich eine Imogen Poots mittlerweile für so etwas hergeben muss, sie habe ich früher nämlich immer gerne gesehen.

Fazit: "Black Christmas" ist ein chaotisches, schwachsinniges und furchtbar langweiliges Horror-Remake, welches seinen oberflächlichen Sexismus immerhin noch durch einigermaßen clevere Gegensätze tilgt, darüber hinaus aber vollkommen blutleer und ohne Spannung bleibt.

Note: 5+





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se