Direkt zum Hauptbereich

Der Dummschwätzer

Ich kann durchaus nachvollziehen, dass die Komödien, mit denen der einstige Superstar Jim Carrey den Großteil seiner Filmografie gefüllt hat, nicht jedermanns Sache sind. Denn auch wenn er vor allem in den 90ern etliche Kinder zum Lachen gebracht hat, muss man aus heutiger Sicht sagen, dass sie sich in ihrem Ton nicht nur alle recht ähnlich, sondern auf Dauer eben auch recht anstrengend sind. Als der "Grimassierer" machte Carrey sich einen Namen im Comedy-Genre und dieses überkompensierte Mienenspiel beherrscht er wie kein Zweiter... es ist aber durchaus auch eine Frage des Humors, ob man darüber und in dieser Form wirklich anderthalb Stunden lachen will. Und genau das war mein Problem mit "Der Dummschwätzer", denn dieser Film besitzt selbst für jemanden wie mich, der Carrey ab und an sehr gerne sieht, durchaus zu viel Carrey...

DER DUMMSCHWÄTZER


Fletcher Reede (Jim Carrey) ist Rechtsanwalt - das Lügen liegt ihm also im Blut und das tut er dann auch dauerhaft und den ganzen Tag hindurch, selbst außerhalb des Gerichtssaals. Mit seiner Familie liegt er deswegen im Clinch: Seine Frau Audrey (Maura Tierney) hat sich von ihm getrennt und den gemeinsamen Sohn Max (Justin Cooper) sieht er angesichts der dauernden Ausreden, durch welche Fletcher Treffen sprengt, nur noch sehr selten. Weil dies Max so mitnimmt, wünscht er sich zu seinem fünften Geburtstag, pünktlich zum Auspusten der Kerzen, dass sein Vater vierundzwanzig Stunden lang nicht mehr lügen kann... und dieser Wunsch geht prompt in Erfüllung. Da Fletcher am nächsten Tag einen wichtigen Fall durchzubringen hat, der auf Lügen aufgebaut ist, steht er nun vor einem gewaltigen Problem, welches ihn sogar die Karriere kosten könnte.

Die Ausgangssituation ist natürlich prädestiniert für eine Komödie nach dem obligatorischen Jim-Carrey-Muster und für viele zählt "Der Dummschwätzer" auch zu den besten Filmen in seiner Karriere... wenn man zumindest von den rein lustigen Rollen ausgeht. Ich hatte den Film bis dato nie gesehen und freute mich auf eine wilde Show seitens dieses begnadeten Comedy-Stars und die habe ich letztendlich auch voll und ganz erhalten. Leider hing mir eben diese Show aber auch schon nach wenigen Minuten ziemlich zum Hals raus, da sie mich in ihrer Lautstärke und enormer Slapstick-Wüte irgendwann ermüdet hat. Natürlich war das irgendwie zu erwarten und wer sich eine solche Familienkomödie mit Carrey in der Hauptrolle ansieht, der weiß natürlich, dass uns dabei wildes Grimassieren ins Haus stehen wird. 
Nach den ersten zwanzig Minuten, in denen noch sehr charmant die momentane Situation von Fletchers Familienzwist und seinem Arbeitsalltag untermauert wird, baut der Film aber eben in genau dem Moment ab, wo er eigentlich mit seiner Prämisse erst richtig loslegt. Für viele dürfte der nun folgende Teil sicherlich der größte Spaß sein, ich jedoch war irgendwann nur noch angestrengt, was daran liegt, dass der Film nun eigentlich nur noch aus vollkommen absurden Über-Slapstick-Momenten besteht. Wenn Fletcher Reede versucht, eine Lüge zwischen den Lippen hervorzupressen, macht sein ganzer Körper mit - er windet und streckt sich, brüllt, kreischt, flucht... und das tut er schließlich achtzig Minuten lang, so gut wie ohne irgendeine Pause. Wo man Carrey für solch eine Energie, die er hier an den Tag legt, eigentlich nur bewundern kann, setzte bei mir dann Resignation ein. 
Ich vermisste die kleinen Gags zwischendrin, die in den ersten Minuten noch clever und charmant zu finden waren, später aber eben dem Gekreische weichen müssen. Wesentlich witziger als die energetische und laute Carrey-Show sind dabei oftmals die Reaktionen seiner Mitmenschen, wenn er sich windet und vollkommen durchdreht, ehe dann doch die ungeschliffene Wahrheit herauskommt. Ein wahrer Scene Stealer ist Jason Bernard, der den vorsitzenden Richter in Fletchers Fall spielt und streckenweise mit herrlich ironischen Kommentaren auf die Wutanfälle des Anwalts reagiert. Das sind dann wieder kleine Comedy-Momente, die mich durchaus abholen konnten. 
Ansonsten habe ich "Der Dummschwätzer" aber, auch aufgrund seiner natürlich ziemlich mauen und vorhersehbaren Handlung, die in großen und wichtigen Lehren enden, die seine Hauptfigur ziehen muss, aber eher mit Desinteresse wahrgenommen. Vielleicht hätte mir der Film mit einem gesetzteren Schauspieler, der hier echte Selbstironie beweisen muss oder eben auch mal in die Wortwitztasche greift, um seine Lügen zu untermauern, besser gefallen. Je nach Fall würde mir da der damalige Arnold Schwarzenegger (der sich ja ebenfalls erfolgreich in Familienkomödien bewiesen hat) oder Tim Allen einfallen. Dennoch hat "Der Dummschwätzer" natürlich zurecht seine Fans, die sicherlich mit Jugendgefühlen auf den Film zurückblicken - da kann ein Werk wie dieses dann natürlich noch wesentlich besser punkten.

Fazit: Jim Carrey agiert hier so dermaßen energetisch, laut und wild, dass man ihn dafür nur bewundern kann, ich empfand diese One-Man-Show aber schon bald als sehr anstrengend, vermisste kleinere, clevere Gags. Als eine der besten Komödien aus seiner Vita würde ich das hier nicht ansehen.

Note: 4+




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se