Direkt zum Hauptbereich

The Expanse - Die sechste Staffel

Marco Inaros (Keon Alexander) konnte, auch aufgrund der Racheaktionen seitens Erde und Mars, immer mehr Gürtler von seinem Vorhaben überzeugen und besitzt auch dank des Protomoleküls die mächtigste Flotte in der ganzen Galaxie. Sein Sohn Filip (Jasai Chase-Owens) hadert jedoch immer mehr mit den Plänen seines Vaters und das, was er selbst darin ausfüllt. Indes befindet sich die Rocinante auf Aufklärungsmissionen, um Druck auf Inaros und seine Truppen auszuüben und weitere Anschläge auf die Erde zu verhindern. Dabei kommt es nicht nur zu Spannungen zwischen Holden (Steven Strait) und seiner Crew, sondern auch zu manch einer überraschenden Entdeckung. Auf Luna versucht Avasarala (Shohreh Aghdashloo), den Krieg auf den Pfaden der Medien weiterzuführen und sucht daher die Unterstützung der Reporterin Monica Stuart (Anna Hopkins)...

Mit dem Plot rund um den Gürtler-Terroristen Marco Inaros, der sich zum Hauptfeind der Geschichte aufschwingt, konnte ich schon in der fünften Staffel nicht allzu viel anfangen - nicht nur war der Kampf gegen ihn rein erzählerisch nicht sonderlich originell, sondern wurde auch ziemlich trocken wiedergegeben. Dass diese Geschichte nun auch das große Serienfinale bestimmt, stößt jedoch noch etwas saurer auf, denn für eine normale Staffel mag dieser Plot noch durchgehen, doch für ein Finale, welches die ganze Serie beendet, ist das zu schwach auf der Brust. "The Expanse" war zu seinen besten Zeiten eine reise in epische Welten, voller Mysterien und großer Geheimnisse... und endet nun in einem rein menschlichen Konflikt. Das mag manch einer als Rückkehr auf den Boden der Tatsachen verstehen und an und für sich finden die Macher gegen Ende und nach einer optisch beeindruckenden Finalschlacht recht versöhnliche Abschiedsworte. Es führt aber auch dazu, dass die zuvor aufgemachten Fässer rund um das Protomolekühl, Iros oder die Ringtore hier sang- und klanglos verpuffen. Man wird das Gefühl nicht los, dass die Autoren eigentlich noch wesentlich mehr zu erzählen hatten und dass das Ende (solange es nicht doch noch irgendwann weitergeht) etwas vorzeitig kam.
Dementsprechend fühlt sich die sechste Staffel über weite Strecken nicht wie ein Finale an. Es ist ganz im Gegenteil erstaunlich, wie viel Zeit in den letzten sechs Episoden noch auf mal mehr, mal weniger gut geschriebene Melodram-Plots draufgeht. Das ist prinzipiell eine gute Sache, da einem die Figuren natürlich über die längere Dauer der Serie ans Herz gewachsen sind und wir daher jede Minute mit ihnen genießen - es ist aber auch klar ersichtlich, dass die meisten ihrer persönlichen Geschichten mittlerweile auserzählt sind. Dementsprechend haben sich Fanlieblinge wie Amos oder Bobbie Draper in privaten Dialogen herzlich wenig zu erzählen und auch die erneut durchgekaute Familiengeschichte der Inaros' kann nicht wirklich fesseln. Geblieben sind dafür der kernige Humor, einige wirklich feine Dialogzeilen und manch ein Überraschungsmoment - auf einer rein dramatischen Ebene fährt "The Expanse" weiterhin eine angemessene Tour, wechselt groß spuckende Töne mit leisen Momenten ab und wirkt daher relativ dynamisch. Trotzdem fehlt es der Geschichte mittlerweile an echter Substanz und das ist für ein Serienfinale einer Show, die mal so wuchtig, episch und komplex war, eben gleich doppelt schade.
Am Ende bleiben die langjährigen Fans also mit allerlei Fragezeichen sitzen. Viele geöffnete Fässer der letzten Jahre werden entweder gar nicht mehr angerührt oder eher beiläufig und unzufriedenstellend zugemacht. Die Möglichkeiten, welche das Finale in seiner ganzen Größe hatte, werden nur sehr rudimentär genutzt, auch menschliche Konflikte werden eher sparsam aufgelöst. Die Hardcore-Fans wird es trotzdem freuen, gibt es doch genug herausstechende Szenen, die durchaus zu gefallen wissen - und auch der gesamte Cast macht in einer für eine TV-Serie erneut herausragenden Optik mal wieder eine gute Figur. Letzten Endes war "The Expanse" in seiner ganzen Ausführung aber eine ziemliche Achterbahnfahrt, die zu ihren besten Zeiten ein wahrhaft berauschendes Sci-Fi-Epos war, zu Beginn und gegen Ende aber enttäuschte. Es ist ein wenig so, als würden die Macher ihren eigenen Ideen (oder gerade den besten Ideen) nicht mehr richtig vertrauen oder (was noch schlimmer wäre) als hätten sie einfach nie gewusst, wohin sie damit eigentlich wollen. Dementsprechend funktioniert die Serie in ihren grandiosen Momentaufnahmen, ergibt aber schlichtweg keine runde Geschichte - auch da das runde Ende fehlt, was das Ganze irgendwie sauber abgeschlossen hätte. Schade eigentlich.

Fazit: Die finale Staffel des Sci-Fi-Epos nutzt sein Potenzial nicht, führt zu einem reichlich unsauberen und konstruierten Ende. Etliche Fragen bleiben offen, der Plot wirkt müde und eines Finales nicht würdig. Sympathische Charaktere und eine brillante Optik gibt es aber natürlich weiterhin, doch können diese die diesmal etwas größere Enttäuschung nicht mehr kaschieren.

Note: 4+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se