Direkt zum Hauptbereich

Nobody (2021)

Hutch Mansell (Bob Odenkirk) wirkt nur von außen wie ein völlig gewöhnlicher Mann mit einer gewöhnlichen Familie, der in einem gewöhnlichen Job arbeitet. Tatsächlich war er, bevor er sich zu einem ruhigen Familienleben entschieden hat, ein sogenannter Revisor - ein Auftragsmörder für US-Geheimdienste, der keinem Gefecht aus dem Weg ging. Als Einbrecher in sein Haus eindringen, wird der innere Wolf von Hutch scheinbar wieder geweckt und er möchte Rache für die Straftat nehmen. Durch seine Taten zieht er allerdings auch den Blick und schließlich den Zorn des gefährlichen russischen Mobsters Yulian Kusnezow (Alexei Serebrjakow) auf sich...

"Nobody" war einer dieser Überraschungshits des Kinojahres 2021, die man so in dieser Form nicht unbedingt kommen gesehen hat. Es muss aber wohl die deutlich an "John Wick" erinnernde, oftmals in Sachen Plot und Inszenierung ein wenig schamlos geklaute Prämisse gewesen sein, welche die Zuschauer angezogen hat... und wer den Trailer gesehen hat, bekommt schließlich auch genau das, was er oder sie erwartet hat. Allerdings muss sich der Film, wenn er nun schon eine so deutliche "John Wick"-Kopie ist, auch den Vergleich mit dem mittlerweile auf drei Teile angewachsenen Action-Franchise gefallen lassen und diesen verliert "Nobody" recht deutlich. Das liegt zum einen daran, dass die Actionszenen zwar durchaus kompetent inszeniert sind, aber keine von ihnen so richtig erinnerungswürdig oder so verdammt genial durchkomponiert ist wie im großen Vorbild. Und zum anderen daran, dass der Plot, für den man sich hier entschieden hat, im Grunde keinerlei Überraschungen bietet und zudem auch keinen dramatischen Background anbietet, der den Zuschauer irgendwie dazu bringen würde, bei dem nachfolgenden Dauerfeuer groß mitzufiebern.
Stattdessen steht der Spaß im Vordergrund und tatsächlich sitzen zahlreiche der teilweise recht morbiden Gags ziemlich gut. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit der enorm simplen, so auch schon zahlreich gesehenen Geschichte stellt sich indes nicht und die wenigen, raschen Versuche, der Berufsbezeichnung dieses "Niemands" etwas mehr Story-Fleisch auf die Rippen zu geben, versanden dementsprechend. Das ist aber halb so schlimm, da sich "Nobody" darüber hinaus auf genau das fokussiert, was die Zuschauer erwarten und nicht mehr, aber auch nicht weniger bekommen sie als genau das. Dabei kauft man natürlich auch die üblichen Klischees eines solchen Films - dementsprechend ist der Antagonist ein ebenso durchgeknallter Irrer (der seine psychopathisch-brutalen Ausbrüche auch sogleich an einem armen Tropf, der ihn etwas zu böse angeguckt hat, beweist), der darüber hinaus absolut keinerlei Charakterzeichnung hat und kaum bedrohlich wirkt. Auch die anderen Rollen sind auf genau eine konkrete Haltung zurechtgerückt, da in diesen rasant verlaufenen 91 Minuten eh keine Zeit für irgendeine Doppelbödigkeit bleibt. Da ist es dann nur "Piranha"-Kultstar Christopher Lloyd, der sich als einer der coolsten Action-Opis aller Zeiten in seinen wenigen Szenen deutlich nach vorn spielen kann und für einige grandiose Momente sorgt.
Was dieser kleine, aber recht feine Rache-Actioner dem großen Vorbild "John Wick" dann aber doch noch voraus hat (oder was ihn, je nach Sichtweise, davon unterscheidet), ist seine Titelfigur. Wo Keanu Reeves im Grunde als kaum verwundbare, absolut durchgetaktete Killermaschine auftritt, so ist zwar auch Bob Odenkirk hier ein Mann mit allerlei tödlichen Fähigkeiten, der aber trotzdem mehr als einmal ordentlich auf die Fresse bekommt. So bleibt eine ziemlich interessante, teilweise auch sehr, sehr sympathische Mischung aus dem etwas einfältigen "Versager" und einem hochgefährlichen, perfekt ausgebildeten Killer, der in seinen Shootouts auch mal Fehler macht und dementsprechend die Quittung dafür kassiert. Das macht diesen Hutch Mansell deutlich nahbarer und auch menschlicher als sein förmlich übermenschliches Vorbild. Und wenn Hutch nach rund fünfundzwanzig Minuten wieder voll im Spiel ist und in einer wahnsinnig harten, aber auch ungemein packenden Sequenz eine Gruppe Rowdys in einem Bus konfrontiert, fällt es schwer, davon nicht irgendwie gebannt zu sein. "Breaking Bad"-Star Bob Odenkirk wirkt in dieser Rolle auch energetisch genug, um sich eine späte Karriere als Actionstar, ähnlich wie Liam Neeson, aufbauen zu können. Zu wünschen wäre es ihm definitiv.

Fazit: Kurzweiliger, harter und recht spaßiger Actiontrip, der ein Minimum an Handlung und ein Maximum an solide inszenierter Knallerei bietet. Nicht gerade originell, aber mit einem verdammt coolen Protagonisten und einigen starken Momenten.

Note: 3



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se