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Eternals

Seit tausenden von Jahren leben die "Eternals", eine Gruppe übermächtiger, beinahe gottähnlicher Personen mit kraftvollen Fähigkeiten, auf dem Planeten Erde, um die Menschen vor der Bedrohung der monströsen Deviants zu beschützen. Seit fünfhundert Jahren sind die Kreaturen nicht mehr aufgetaucht, weswegen die Eternals sich trennten und den Menschen anpassten. Nun sind die Deviants aus mysteriösen Gründen wieder zurück, weswegen sich Sersi (Gemma Chan) und Ikaris (Richard Madden) auf die Suche nach ihren ehemaligen Mitstreitern machen, um wieder gemeinsam ins Feld ziehen zu können. Dabei decken sie jedoch auch eine gemeine Verschwörung ihrer Anführer, den Celestials, auf...

Haben wir etwa das Staunen verlernt? "Eternals" wird seit seinem Erscheinen November als bislang schlechtester Film des Marvel Cinematic Universe und generell als enorme Enttäuschung verrufen. Nach meiner Sichtung frage ich mich nun, woran das liegen kann. Schließlich kritisieren die Gegner des MCU immer wieder die Angst vor Neuem, dass sich die Filme in ihrer Formel zu sehr gleichen würden - und wenn dann ein neuer Eintrag tatsächlich versucht, dem Ganzen eine gewisse Frische und angemessene Größe zu verleihen, soll das auch wieder nicht richtig sein. Ich jedenfalls habe während der wie im Flug vergehenden zweieinhalb Stunden (damit ist "Eternals" nach dem Epos "Avengers: Endgame" der längste Film des ganzen Franchise) so gestaunt wie schon lange bei keinem Film zuvor, was nicht zuletzt an der wahnsinnig berauschenden Optik liebt. Filmliebhaber können sich nur zu gut vorstellen, was passiert, wenn die Bilder der sonst eigentlich für berauschende Dramen bekannten Regisseurin Chloe Zhao auf das große Marvel-Spektakel treffen. Das Ergebnis sind ungemein schöne Aufnahmen, wobei jedes Bild sorgsam durchkomponiert wird, Farben und Schatten ein wahnsinnig beeindruckendes Ganzes ergeben. Das gilt sowohl für prächtige Naturaufnahmen, brillante visuelle Effekte als auch für die sorgsam verteilten Actionszenen, in denen besonders das gigantische Finale, welches die Größenausmaße der Reihe auf ein neues Level hebt, heraussticht.
Tatsächlich gibt es im direkten Vergleich mit anderen Marvel-Filmen deutlich weniger Krach zu vermelden. Die Actionszenen sind durch die Bank weg fantastisch inszeniert, da die kreativen Köpfe hinter der Kamera, ähnlich wie in den "Avengers"-Filmen, immer wieder neue Wege finden, die verschiedenen und optisch ansprechenden Fähigkeiten des neuen Heldentrupps zu vermengen - trotzdem steht dieses Spektakel nicht im Zentrum. In erster Linie soll hier nämlich, ähnlich wie zuletzt in "Shang-Chi", ein neues Figurenensemble eingeführt werden, welches das Marvel-Universum in Zukunft bereichern wird. Da diese gottähnlichen Eternals aber eben auch einen kraftvollen, beinahe epischen Hintergrund besitzen, der sie einmal durch die ganze Menschheitsgeschichte treibt, hat der Film dementsprechend auch abseits der Charaktereinführung eine ganze Menge Erzählstoff. Und die sorgsam verteilten Rückblenden, in denen das Eingreifen (oder eben Nicht-Eingreifen) in menschliche Konflikte und wichtige Schlüsselmomente in deren Geschichte aufgegriffen wird, sind ebenso interessant wie originell geraten. Dabei kommt "Eternals" über weite Strecken schwermütiger und auch düsterer daher, greift dramatisch gesehen aus dem Vollen, hat aber auch immer wieder spaßige Szenen zu bieten, die den Fans den gewohnten Marvel-Humor bringen.
Und auch die neuen Charaktere, die nun ins MCU Einzug halten, sind durch die Bank weg interessant, wobei hier besonders bei solch übermächtigen Kreaturen auffällt, wie menschlich ihre Kernkonflikte sind und mit welcher Anmut man sich diesen annimmt. Zhao und Produzent Kevin Feige haben zudem ein wahnsinnig talentiertes Ensemble versammelt, welches mit viel Spielfreude aufläuft, sich gegenseitig passend die Bälle zuspielt und immer wieder einzelnen Mitgliedern die Gelegenheit gibt, hervorzustechen. Das verwundert nicht, denn in den großen "Avengers"-Filmen hatte Marvel das überbordende Figurenensemble auch schon immer enorm gut im Griff - dass es hier bei gleich zehn (!) neuen Helden sowie diversen Nebenfiguren aber erneut niemanden gibt, der im direkten Vergleich zurückfällt, sondern wirklich jeder seine großen Momente hat, ist dennoch mehr als erfreulich. Dabei fällt die Rolle von Superstar Angelina Jolie gar nicht so auffällig aus wie man es anfangs erwarten durfte - stattdessen fügt sich die Oscarpreisträgerin ohne hegliche Star-Allüren genauso dynamisch ins Ensemble ein wie die etwas kleineren Namen. Trotz einer wahnwitzigen Laufzeit von 157 Minuten bleibt am Ende zwar nicht für jeden Plot genug Zeit - einige Konflikte und Geheimnisse werden wir wohl erst in späteren Marvel-Filmen wirklich beim Entfalten zusehen können. Auch das Fehlen eines wirklich greifbaren Gegenspielers fällt über einen größeren Teil der Laufzeit auf, was in dieser Form etwas verwirrend, aber auch ansatzweise erfrischend wirkt. 

Fazit: "Eternals" ist das nächste große Marvel-Epos und der beste, weil originellste und pompöseste Film des Franchise seit "Avengers: Endgame". Mit einem spielfreudigen Ensemble, malerischen und ungemein beeindruckenden Bildern sowie dem gewohnt dynamischen Mix aus Witz, Dramatik und Action ist dieser göttliche Heldentrupp ein großes Versprechen für ihre eigene Zukunft im Marvel-Universum.

Note: 2



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