Direkt zum Hauptbereich

The Unholy

Vor rund zehn Jahren ist der Journalist Gerry Fenn (Jeffrey Dean Morgan) aufgrund an den Haaren herbeigezogener und erlogener Storys in Ungnade gefallen und muss sich nun mit unterbezahlten Mini-Geschichten für kleine Blätter verdingen. Scheinbar zufällig stößt er jedoch während einer Recherche für eine gänzlich andere Geschichte auf die junge Alice (Cricket Brown) - ein taubstummes Mädchen, welches plötzlich wieder sprechen kann, nachdem sie eine alte Puppe unter einem Baum gefunden hat. Sie ist kurz darauf davon überzeugt, dass die Jungfrau Maria durch sie spricht. Fenn wittert eine echte Top-Geschichte und bleibt an Alice dran, die schon bald viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, auch wenn gläubigen Bewohnern des nahen Dorfes. Doch ist es wirklich Maria, welche durch Alice spricht... oder eine dunkle Macht, die mit bewusster Täuschung agiert?

Zwar wird im Trailer groß damit beworben, dass Sam Raimi als Produzent auch für dieses Werk mit verantwortlich zeigt, doch die Wahrheit sieht höchstwahrscheinlich anders aus. Der Regisseur solch prunkvoller Horror-Werke wie "Tanz der Teufel" und "Drag Me To Hell" wird hier wohl nur als gütiger Geldgeber involviert gewesen sein und wird anschließend prominent erwähnt, da sich mit seinem Namen eben eine gewisse Aufmerksamkeit generieren lässt. Dass "The Unholy" trotzdem kaum Beachtung fand, wird an der katastrophalen Lage der Kinos im Sommer 2021 gelegen haben, als der Film urplötzlich und anders als geplant direkt parallel zu Über-Blockbustern wie "Fast & Furious 9" oder "Godzilla vs. Kong" veröffentlicht wurde. Nun ist der Film sicherlich nicht so mies wie sein Ruf, da es mehr als nur eine Handvoll Szenen gibt, die an sich sehr solide gemacht sind. Wirklich scheitern tut "The Unholy" aber daran, wenn er nach einem sorgfältigen Aufbau der Geschehnisse plötzlich doch noch in die altbekannte Horror-Ecke abdriftet und dabei nur abgehangene Klischees liefert.
Zuvor umrundet der Film solcherlei Klischees zwar nicht, bringt sie aber hin und wieder in einen erfrischenden Kontext. So gefällt die Prämisse einer jungen Frau, die von einer ganz und gar positiven Lichtgestalt "besessen" wird. Zwar macht sich "The Unholy" ein spannendes Verwirrspiel, um was es sich bei dieser Besessenheit wirklich handelt, schon mit der allerersten Szene zunichte, die viel zu viel von dem verrät, was später als erstaunliche Wendung erscheinen soll. Trotzdem macht das Rätselraten der Protagonisten, die nach und nach diesem Geheimnis auf die Spur kommen, einigermaßen Spaß. Regisseur Evan Spiliotopoulos lässt sich angenehm viel Zeit, um die Ereignisse nach und nach zu entwickeln, weswegen ihm besonders in der ersten Hälfte eine solide, atmosphärische Dichte gelingt. Getragen mit einem stimmungsvollen Soundtrack und soliden Performances der Darsteller, unter denen (nicht wirklich überraschend) der nuanciert auftretende Jeffrey Dean Morgan hervorsticht, entsteht dabei nicht unbedingt eine originelle Geschichte, aber ein in Ansätzen spannender Horror-Krimi. Dabei gefällt auch der Blickwinkel eines eigentlich heimtückischen Journalisten, der in anderen Genre-Filmen wohl nur eine unsympathische Randfigur gewesen wäre, hier aber tatsächlich neuen Schwung einbringt. Da fällt es dann zwar auf, stört aber kaum, dass die restlichen Charaktere in seinem Schatten weitestgehend blass bleiben.
Im letzten Drittel wandelt sich "The Unholy" dann aber doch noch zum erwartbaren und als solcher ziemlich altbackenen Horror-Quatsch. Da werden dann sämtliche Klischees aus der Schublade geholt, die man als Horror-Fan kaum noch sehen mag: So werden die finsteren Geheimnisse natürlich in einem dunklen Keller gelüftet, Kerzen werden ausgepustet und es gibt auch noch eine ganze Menge unmotivierter Jumpscares, die nicht erschrecken wollen, weil sie wahnsinnig vorhersehbar sind. Spätestens beim großen Finale, aber auch schon in einigen Szenen zuvor zeigt der Regisseur zudem seine limitierten Fähigkeiten, wenn es um dynamische Bildabfolgen geht. Wo er in atmosphärischen, ruhigen und leicht schaurigen Szenen durchaus noch einen soliden Stil entwickelt, fallen die größeren Action-Szenen sowohl aufgrund der mauen Computereffekte als auch wegen seiner sehr wackligen Inszenierung erschreckend müde aus. Das Drehbuch hat zudem während den finalen Enthüllungen nicht mehr zu bieten als allerlei Horror-Standards der letzten Jahre, findet aber zumindest einen einigermaßen nachvollziehbaren und so nicht gänzlich erwartbaren Turn bei einer der Hauptfiguren. 

Fazit: "The Unholy" beginnt als solide inszeniertes, einigermaßen spannendes Schauerwerk, welches sich angenehm viel Zeit zur Etablierung seiner Prämisse und seiner Atmosphäre nimmt. Zu früh steigt der Film jedoch in Horror-Klischees ab und sorgt mit einer plötzlich sehr simpel aufgezogenen Geschichte sowie einer müden, unbeholfenen Inszenierung nur noch für Langeweile.

Note: 4+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se