Usnavi de la Vega (Anthony Ramos) lebt im Bezirk Washington Heights im Norden Manhattans und betreibt dort eine Bodega. Sein großer Traum ist es, irgendwann in die dominikanische Republik zu ziehen und aus dem Viertel, in welchem vor allem Armut und Unsicherheiten herrschen, zu verschwinden. Allerdings halten ihn Freunde und Nachbarn noch immer in den Heights - der Zusammenhalt unter den Anwohnern, fast allesamt Ausländer, ist enorm. Zudem erhofft sich Usnavi noch immer Chancen bei der wunderschönen Vanessa (Melissa Barrera), die ihrerseits ebenfalls den Traum hegt, die Heights hinter sich zu lassen und eine Karriere als Modedesignerin anstrebt. Diesem Traum werden jedoch immer wieder Steine in den Weg geworfen, die sie nicht wegräumen kann...
Schon nach rund einer Minute hat "Die Unfassbaren 2"-Regisseur Jon M. Chu seine Zuschauer voll an der Angel. Während der ersten großen Musical-Nummer, nach welcher sowohl dieser Film als auch das mit mehreren Tony Awards ausgezeichnete, mit großem Erfolg am Broadway laufende Musical benannt wurden, hat Chu die Stimmung der Heights ebenso deutlich gemacht wie die wichtigsten Charaktere auf leichtfüßige und wunderbar inszenierte Weise eingeführt. Die Musik scheint nicht nur aus den Straßen zu hallen, sondern aus jeder Tat, die die Protagonisten vollbringen - ganz gleich, ob sie gerade die Haustür hinter sich schließen, eine Kasse bedienen oder Dosen in einen Schrank räumen. Chu zeigt gerade in den ganz großen Musical-Nummern (von denen es gar nicht so viele gibt, weswegen die nächste große Nummer immer wieder einen ganz frischen Drive bereithält), dass er die butterweiche Inszenierung der Bühnen-Vorlage perfekt für die Kinoleinwand retten konnte. Die Tanzszenen sind perfekt choreographiert, haben aber trotzdem noch Stil, wirken nicht durchkomponiert. Die Songs sind echte Ohrwürmer, die Schauspieler überzeugen sowohl mit leichtfüßigen Darstellungen als auch mit sehr harmonischen Stimmen. Besonders Hauptdarsteller Anthony Ramos sowie die bereits im Original-Musical auf der Bühne gestandene Olga Merediz ragen hierbei maßgeblich heraus, wobei der gesamte Cast bis in die kleinsten Nebenrollen und Extras hervorragend besetzt ist.
Da gibt sich dann sogar der große Jimmy Smits, bekannt aus der TV-Serie "Dexter", in einer sehr feinen, passenden Rolle die Ehre. Alle Beteiligten harmonieren prächtig miteinander, was zur Folge hat, dass man sich sehr schnell in all diese Figuren verliebt. Dabei ist es der Knackpunkt des Musicals, dass die Handlung als solche nicht allzu spektakulär ausfällt - "In The Heights" widmet sich den alltäglichen Problemen und Herausforderungen seiner Protagonisten. Da geht es um finanzielle Sorgen, auch mal um die schwierige Sommerhitze. Um einen kaputten Kühlschrank, ein wichtiges Date oder eine ausgelassene Familienfeier. Das (beinahe) vollständige Fehlen von ganz großen Dramen, die über den reinen Alltag eines Menschen hinausgehen macht "In The Heights" trotz seiner großen Musical-Nummern so nahbar und echt. Das trägt dann zwar nicht durchweg über die recht lange Laufzeit und hat manchmal auch ein paar soapig wirkende Ausreden zu bieten - so wirkt es schon sehr bemüht, dass ein Konflikt zwischen Mann und Frau heraufbeschwären wird, da sie auf einer Party das Tanzbein schwingen möchte, während er gerade noch rasch zur Bar laufen und Getränke organisieren will. Das sind aber insgesamt nur sehr marginale Fehler in einer ansonsten sehr inspirierenden Geschichte, die sowohl etwas über Träume (die auch nicht spektakulär oder unglaublich ausfallen müssen) als auch über die Menschen, die an sie glauben, erzählt.
Das hat dann auch in den Settings enorm viel Charme, erzählt mal mit viel Humor, mal auch mit passenden, großen Gefühlen über kleine und große Probleme in einem Viertel, welches gerne übersehen wird... und deswegen so sehr zusammenhält. Ein Musical-Fan muss man indes aber natürlich sein - alle Songs sind zwar absolut großartig gesungen und inszeniert, doch wer mit dem Genre oder den Stilmitteln wenig anfangen kann, der dürfte sich auch hier eher fehl am Platze fühlen. Wer jedoch schon beim Gedanken an ein funktionierendes Musical Vorfreude empfindet, der dürfte hier manch eine Träne vergießen und sich von der wahnwitzigen Atmosphäre, den sympathischen Charakteren und den großen Tanzszenen wahrlich hinreißen lassen. Sicherlich muss man auch, obwohl die Handlung deutlicher auf dem Boden bleibt als viele Bühnen-Kollegen, mit einer gewissen Portion Kitsch leben - Liebesbekundungen im Regenschauer sind hier ebenso dabei wie große Balladen, die mit einem endlichen Kuss enden. Doch auch in diesen herzerwärmenden Szenen findet Regisseur Chu immer wieder kleine, feine Einfälle, die die Oberfläche aufbrechen und ihnen einen gewissen, ganz eigenen Falir verleihen.
Fazit: "In The Heights" ist, trotz kleinerer Längen und gerade wegen seiner bodenhaftigen Handlung ein wahnsinnig sympathisches und herzliches Musical in Film-Form, dass mit tollen Charakteren, großartigen Nummern und vielen schönen Ideen unterhält und das Herz trifft.
Note: 2-
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