1959 in den USA: Maja (Noomi Rapace) ist Rumänin und lebt mit ihrem Mann Lewis (Chris Messina) und dem gemeinsamen Sohn Patrick (Jackson Dean Vincent) in einem ruhigen Vorort. Ihr Leben verläuft in ruhigen Bahnen... bis Maja eines Tages bei einem Picknick einen Mann, der sich als Thomas (Joel Kinnaman) vorstellt wiederzuerkennen glaubt, der sie vor fünfzehn Jahren in einem Kriegsgefangenenlager in Deutschland bis aufs Blut gepeinigt hat. Maja fasst einen verheerenden Entschluss: Sie entführt den angeblichen Thomas und sperrt ihn zuhause in den Keller, wo er die Gräueltaten, von denen sie sicher ist, dass er sie begangen hat, gestehen soll. Lewis steht zwischen den Fronten, fehlen doch die nötigen Beweise, um Majas Verdacht grundlegend zu untermauern... denn Thomas beteuert durchweg seine Unschuld.
Es ist eine durchweg spannende Situation, mit dem der Zuschauer hier konfrontiert wird und bei welchem er oder sie gar nicht weiß, wem er hier nun die Daumen drücken soll. Auf der einen Seite Maja, die noch immer traumatisch unter den Vorfällen während des Krieges leidet und nun überzeugt davon ist, dass sie den Mann gefunden hat, der ihr Leben zerstört hat. Auf der anderen Seite wissen wir aber schlichtweg nicht, ob Maja mit ihrem Verdacht (für sie ist es weit mehr als das) überhaupt richtig liegt - denn bei einer Verwechslung wäre der arme Thomas schlichtweg unschuldig und somit der klare Sympathieträger. Regisseur Yuval Adler enthält sich dabei sehr lange einer richtigen Position und lässt den offensichtlichen Verdacht immer wieder umschwenken. Beide Parteien wirken in dem, was sie erzählen und auch in ihrem emotionalen Ausdruck vollkommen glaubwürdig. Wem wollen wir nun glauben? Und selbst wenn wir einer Person glauben wollen... hat sie damit tatsächlich Recht?
Diese spannende Ausgangssituation wird über anderthalb Stunden recht rabiat verhandelt. In einigen recht grafischen Szenen geht es sogar sehr blutig zu und dabei überschreitet "The Secrets We Keep" hin und wieder die Grenze zur etwas reißerischen Überzeichnung. Sicherlich wäre die elektrisierende Ausgangslage auch noch packend genug gewesen, wenn man nicht hin und wieder mit einigen recht klischeelastigen Überspitzungen an die Sache herangegangen wäre. So trüben einige zwar gut inszenierte, an und für sich aber recht unglaubwürdige Spannungsspitzen den Realismus ein wenig. Der Besuch eines naiven Polizisten, der im Fall des verschwundenen Mannes ermittelt, sorgt zwar für ein wenig Adrenalin, allerdings sind sich die Macher auch nicht zu schade, mit den üblichen Klischees einer solchen Szenerie um die Ecke zu kommen. Das ist dann zwar irgendwie spannend, es ist aber auch schade, dass man solcherlei altbekannte Schalter drücken muss, um die Situation irgendwie am Leben zu halten. Auch die schlussendliche Auflösung, die das titelgebende Geheimnis ganz klar in eine Richtung auflöst, fällt eher flach aus und könnte in dieser Form sicherlich auch kontrovers diskutiert werden, wäre der Film im Pandemie-Jahr 2021 nicht völlig unter dem Radar des deutschen Kinopublikums gelaufen.
Überzeugend agiert hier aber "The Drop"-Star Noomi Rapace, was mich ein wenig überrascht hat. Denn obwohl Hollywood die gebürtige Schwedin offenbar zu lieben scheint, hatte ich mit einigen ihrer Performances immer wieder Probleme, zuletzt unter anderem in "What Happened to Monday". Immer wieder überzeichnet mir Rapace zu sehr und das auch in Momenten, in denen dies gar nicht angebracht scheint. Überraschenderweise wirkt sie hier auch in elektrisierenden Ausbrüchen sehr glaubwürdig, hat ihr mimisches Überspiel deutlich zurückgefahren. Mindestens genau so stark ist Joel Kinnaman, der im direkten Gegensatz sogar noch ein deutlich schwereres Päckchen zu tragen hat, muss er doch den Großteil des Films ohne große Bewegungsfreiheit gefesselt an einem Stuhl verbringen. Rapace und Kinnaman liefern sich ein darstellerisch packendes Wortduell, bei dem beide Seiten immer wieder ihre großen Momente haben. Lobenswert agiert auch Chris Messina, unter anderem bekannt aus dem Netflix-Hit "I Care A Lot" oder dem Thriller "Live by Night", der als neutrale und schließlich vollkommen überforderte Partei in diesem Dreierstück genau die Position einnimmt, die auch der Zuschauer besetzen muss.
Fazit: Stark gespielt und mit einer packenden Ausgangssituation ausgestattet, geht dem Film leider schon vor der mauen Auflösung etwas die Puste aus, da man sich in der zweiten Hälfte zu arg auf reißerische, effekthascherische Auseinandersetzungen stützt. Zuvor hat es aber durchweg packende Momente gegeben, die fast ausschließlich in Dialogform stattfanden.
Note: 3
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