Direkt zum Hauptbereich

Antlers

Julia Meadows (Keri Russell) arbeitet erst seit Kurzem als Lehrerin an einer Schule in Oregon - sie ist vor Kurzem in ihre Heimat zurückgekehrt und zu ihrem Bruder Paul (Jesse Plemons), dem örtlichen Sheriff, gezogen. Schon früh fällt ihr der junge Schüler Lucas Weaver (Jeremy T. Thomas) in ihrer Klasse auf, der sich merkwürdig ruhig verhält, oft in Schwierigkeiten mit einem gemeinen Klassenkameraden gerät und merkwürdige Zeichnungen anfertigt. Als Julia näher nachforscht, blockt Lucas ab, weswegen die Lehrerin vermutet, dass das Kind möglicherweise von seinem Vater Frank (Scott Haze), der schon desöfteren mit dem Gesetz konfrontiert war, missbraucht wird. Doch die Wahrheit ist wesentlich schrecklicher als alles, was sich Julia ausmalen konnte - schon bald kommt es zum ersten Todesfall in der Stadt...

Dass sich hierbei kein düsteres Familiendrama mit rein menschlichen Abgründen anbahnt, welchem die junge Lehrerin auf der Spur sein könnte, macht bereits die Anfangssequenz von "Antlers" deutlich - dass da womöglich etwas in den finsteren Minen haust, ist im Grunde klar. Wie macht man nun also ein Mysterium mit allerlei möglichen Fragezeichen und Lösungen auf, welche die Protagonisten auflösen müssen, obwohl dem Zuschauer von Anfang an klargemacht wird, dass er es hier mit etwas Übernatürlichem zu tun hat? Nun, genau das ist eines der Probleme mit dem Drehbuch dieses Films, der in der ersten Hälfte zwar mit stimmungsvollen Bildern und einer schaurigen Atmosphäre aufwartet, aber auch keinen echten Spannungsbogen aufbauen kann. Da "Antlers" immer wieder verschiedene Fässer aufmacht, mit denen der Plot aber nichts richtig anzufangen weiß, ergötzt sich der Film in einer betulichen Langatmigkeit - die ohnehin eher fade und letztendlich arg simple Handlung kommt von Anfang an nicht richtig in Fahrt.
Dabei hat der Film eigentlich viel zu erzählen, er bekommt nur keinen Kontext hin. So wird beispielsweise ein einschneidendes Familiendrama aus der Vergangenheit der Protagonistin erzählt, welches innerhalb der Handlung nur dazu da ist, um sie einfühlsamer für ein mögliches Problem des mysteriösen Schülers zu machen - ein Problem, dass letztendlich aber nicht existiert. In dieser Form laufen zahlreiche rote Fäden irgendwie ins Leere und einige von ihnen hätte man sogar komplett kappen können: So wird der von "Wind River"-Star Graham Greene gespielte Ex-Sheriff im Grunde nur gebraucht, um die privaten Ermittlungen nach rund einer Stunde doch mal in die richtige Richtung laufen zu lassen. Die namhaften Hauptdarsteller*innen Jesse Plemons und Keri Russell agieren in den enggestrickten Korsetts ihrer Rollen derweil solide, ohne aber zu arg gefordert zu werden. Das Drehbuch möchte aus ihnen um Gedeih und Verderb komplexe Bilder erschaffen, die letztendlich aber weniger spannend als viel mehr plakativ aussehen. Während dieser zähen Stunde bleibt einem als Zuschauer nur übrig, sich an den zugegebenermaßen wirklich hübsch komponierten Bildern des deutschen Kameramanns Florian Hoffmeister zu ergötzen, der zuvor auch schon Hollywood-Filme wie "Mortdecai" oder den starken "Official Secrets" filmte.
Auch als Horrorfilm taugt "Antlers" deutlich weniger als die Summe seiner Teile. "Black Mass"-Regisseur Scott Cooper und Produzent Guillermo del Toro bekommen zwar immer wieder ein paar schöne Horrorszenen hin, mäandern aber auch in diesen viel zu lange um den heißen Brei herum, kommen nicht auf den Punkt. Noch dazu finden sich einige schwerwiegende Genre-Klischees wieder, die in einem Film diesen Ausmaßes, der sich ja durchaus von den dümmeren Slashern seiner Art unterscheiden wollte, absolut nicht hingehören. So agieren fast alle Charaktere vollkommen kopflos und bringen die tödlichen Gefahren des Ortes erst in Gang, indem sie absolut dummdreiste und naive Handlungen durchführen - wessen Taten dabei mit einem raschen Abgang bestraft werden, kann man sich sehr schnell an einer Hand abzählen. Zu Gute halten muss man "Antlers" anschließend, dass er einen optisch sehr ansprechenden, originell visualisierten Antagonisten aufbieten kann, der aber kaum von der Leine gelassen wird. Innerhalb des finalen Showdowns bekommen wir so doch noch einmal einige starke Bilder, von denen ich gerne mehr gesehen hätte. Leider hält die Geschichte über dieses Mysterium und die sehr schwache, so auch schon zigfach gesehene Auflösung nicht mit dieser optischen Kreativität Schritt.

Fazit: "Antlers" will düsteres Familiendrama und Horrorfilm zu gleichen Teilen sein, überzeugt aber in beiden Aspekten nicht. Etliche rote Fäden werden aufgezogen und fallengelassen, das maue Drehbuch mäandert unentschlossen und fahrig hin und her - noch dazu wartet es mit Klischees auf, die in einen solchen Film wahrlich nicht mehr reingehören und sogar die Horrorfans beleidigt, die auf solcherlei normalerweise nicht so anfällig reagieren.

Note: 4

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"... DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Fü...

Eraser

Arnold Schwarzenegger, wohl neben Sylvester Stallone die Action-Ikone der 80er und 90er Jahre schlechthin, ist endlich zurück. Nachdem er sein Amt als Gouverneur von Kalifornien niedergelegt hat, dürfen wir ihn seit einiger Zeit endlich wieder in genügend rauen, spaßigen Actionfilmen wiedersehen. Auch wenn in der heutigen Zeit ganz klar Statham, Diesel und Co. die Actionhelden sind, macht es aber dennoch Spaß, den "Terminator"-Star wiederzusehen. Und natürlich auch seine vergangenen Filme, von denen ich bislang kaum einen gesehen habe und die ich nun mal nachholen möchte. Angefangen habe ich nun mit "Eraser" aus dem Jahr 1996... ERASER US-Marshall John Kruger (Arnold Schwarzenegger) arbeitet in einer geheimen Vereinigung der USA im Zeugenschutzprogramm. Darin beschützt er die Leben von Kronzeugen, welche vor Gericht Aussagen tätigen sollen und verschafft ihnen eine neue Identität, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sein neuester Job ist eine junge Mitarbeiterin bei...