Das FBI ist Tony Soprano (James Gandolfini) dicht auf den Fersen. In einer riskanten Operation wollen sie ein Mikrofon im Keller der Familie Soprano anbringen - eine Operation, die dadurch erschwert wird, weil sich die einzelnen Familienmitglieder kaum in die Karten schauen lassen. Nach dem mysteriösen Verschwinden von Tonys gutem Freund Pussey (Vincent Pastore) sind die Behörden umso mehr darauf versessen, endlich einen verwertbaren Hinweis und echte Beweise für Tonys üble Machenschaften zu finden und nehmen daher auch seine Freunde und Mitstreiter unter die Lupe. Tonys Tochter Meadow (Jamie Lynn Sigler) geht inzwischen aufs College, während sein Sohn Anthony in der Schule in Konflikte gerät. Tony befürchtet, dass dieser zu sehr nach seinem Schlag wachsen könnte... auch gesundheitlich. Unterdessen wird Dr. Jennifer Melfi (Lorraine Bracco) mit einem furchtbaren Vorfall konfrontiert.
Die zweite Staffel konnte mich insgesamt nicht ganz so sehr begeistern wie die erste, fing sich jedoch aufgrund herausragender Drehbücher, faszinierender Figuren und einigen intensiven Folgen ziemlich gut ab. Die dritte Season macht qualitativ ungefähr da weiter, wo die vorherige endete, hat aber diesmal doch deutliche Schwierigkeiten damit, ein dramaturgisch zusammenhängendes Spiel abzuliefern. Denn wo die zweite Season zumindest nach einiger Zeit deutlich auf einen großen Knall zulaufen konnte, der die oftmals nur nebeneinander herlaufenden Storystränge intensiv verband, fehlt dies in der dritten Staffel. Diese macht nun nämlich ungemein viele Fässer auf, dichtet jedem Charakter gleich mehrere Plots und Dramen an, die parallel zueinander abgearbeitet werden. In den schwächsten Folgen laufen dabei rund acht Handlungen nebeneinander, die an und für sich nichts miteinander zu tun haben und dramaturgisch auch nicht auf einen großen Knall hinlaufen. Es war in dieser Serie vielleicht nie deutlicher als hier: Die einzelnen Storys sind wahnsinnig gut geschrieben, doch werden sie oftmals zu wenig verdichtet.
So kann man schon ein wenig enttäuscht darüber sein, dass die Autoren die einzelnen Handlungsstränge mit löblicher Genauigkeit inspizieren, diese anschließend aber wieder fallenlassen, um sich ganz und gar neuen Plots zu widmen. Die dritte Staffel der Sopranos wirkt dahingehend zugleich behäbig und wahnsinnig sprunghaft, was sich bisweilen auch negativ auf die Charakterentwicklungen auswirkt. Es fühlt sich oftmals so an, als müssten einzelne Figuren innerhalb gewollter Plotmuster so oder so reagieren, was immer wieder ihren eigenen Plots im Wege steht. Und da die dritte Staffel verflixt viel zu erzählen hat, müssen an einigen Stellen wieder Abstriche gemacht werden. Die Konflikte sind nicht mehr so elektrisierend, die Spannungsspitzen seltener, einige Dramen drehen sich indes sogar ein wenig im Kreis. Angesichts der hohen Qualität der Show ist "Die Sopranos" auch in den langsamen, oftmals stillstehenden Momenten noch großartige Fernseh-Unterhaltung... allerdings gibt es diesmal keinen echten Höhepunkt mehr. Es ist eine große und oftmals unangenehme, brutale Freude, diesen mittlerweile bekannten Charakteren beim Bewältigen ihres kriminellen Alltags zuzusehen, doch neuer Schwung kommt diesmal nicht rein.
Wie in der zweiten Staffel ist auch dies selbstverständlich Jammern auf höchstem Niveau, doch bleibt eine gewisse Resignation trotz der gleichbleibend hohen Qualität der Drehbücher und der Produktion diesmal nicht aus. Interessantere Geschichten werden entweder mit zu wenig Aufmerksamkeit bedacht oder eher schwachbrüstig ausgeschrieben, während andere Plots, die weniger dringlich wirken, oftmals zu lang ausgearbeitet werden. Hier wäre es sicherlich empfehlenswert gewesen, an einigen Stellen etwas zu kürzen und dafür andere Plots besser auszuarbeiten. So hat man am Ende das Gefühl, einer faszinierenden Geschichte zugesehen zu haben, die jedoch fast durchgehend auf einer Tonalität haftet, wobei sich die Charaktere nicht wirklich weiterentwickeln und einzelne Folgen gar ein wenig untergehen. Geblieben ist indes die hohe Qualität sämtlicher Akteure, grandiose Dialoge und die Achtsamkeit für Details und Atmosphäre, die erneut wahnsinnig schneidend ist und das Gefühl gibt, den Alltag eines Mafiosi-Clans noch nie so echt, lebensnah und zeitgleich auch klassisch erlebt zu haben. Man darf also gespannt sein, wie es weitergeht und was die Macher als nächstes aus dem Hut zaubern, denn obwohl ich mit der dritten Staffel erstmalig Momente erlebt habe, die eine Sichtung von "Die Sopranos" etwas langwieriger machten, ist der Suchtfaktor weiterhin hoch.
Fazit: Qualitativ absolut gleichbleibend und auf höchstem Niveau, doch diesmal ohne echte Weiterentwicklungen. "Die Sopranos" bleibt eine der Serien, die in Sachen Drehbücher, Charaktere, Regie und Schauspieler auf höchstem Niveau abliefern, diesmal jedoch auch Stillstand fördert.
Note: 3+
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