Direkt zum Hauptbereich

The Many Saints of Newark

Newark in New Jersey ist in den 60er Jahren ein Ort, der von Gewalt gezeichnet ist. Die Rassenunruhen, während welchen sich Italo-Amerikaner und Schwarze feindselig gegenüberstehen, haben die Stadt in eine Art Chaos gestürzt. Mittendrin steckt Dickie Moltisanti (Alessandro Nivola), denn dieser muss sich in den gefährlichen Unruhen behaupten, während er selbst als Oberhaupt der italoamerikanischen Mafiafamilie deren illegale Geschäfte leitet und organisiert. Sein Neffe Tony Soprano (Michael Gandolfini) sieht Dickie als ein großes Vorbild und soll unter seiner Fittiche zu einem wichtigen Mitglied der Mafia heranwachsen. In jungen Jahren steht Tony jedoch selbst noch zwischen den Fronten und weiß nicht, ob er sich lieber ein ruhiges Familienleben oder doch den blutigen Alltag eines echten Mafia-Paten für seine Zukunft wünschen soll...

Auch heute noch gilt "Die Sopranos" als die vielleicht beste Serie, die je über die Fernsehbildschirme flimmerte. Diese Meinung teile ich persönlich zwar nicht, trotzdem war auch ich sechsundachtzig Folgen fasziniert (mal weniger, meistens aber mehr) von dem Leben der Soprano-Familie und habe eine Episode nach der nächsten gesehen. Für die wirklichen Hardcore-Fans der Kultshow, zu denen ich mich nun nicht zwingend zählen würde, ist der im Jahr 2021 erschienene Prequel-Film "The Many Saints of Newark" dann ein ziemliches Fest. Der Film erzählt nicht nur die Vorgeschichten zu vielen Charakteren, welche Fans in der Serie lieben und manchmal auch hassen gelernt haben, sondern bebildert auch diverse Geschichten, von denen wir durch Erzählungen bereits wussten. Es ist dementsprechend nicht so, dass der Film dem Soprano-Mythos auf der reinen Handlungsebene wahnsinnig viel neuen Stoff hinzufügen würde - so ziemlich alles, was hier geschieht, ist den Fans der Serie im Grunde schon bekannt. Diese Geschichten nun aber zu sehen und zudem mit der Etablierung der Rassenunruhen in den 60ern ein neues Thema aufzumachen, welches so bei den Sopranos noch keine wirkliche, ausführliche Erwähnung erhalten hat, ist doch irgendwie etwas Besonderes.
Der Fanservice, den die Macher rund um "Game of Thrones"-Regisseur Alan Taylor und Großmeister David Chase, der hier natürlich ebenfalls wieder seine Finger im Spiel hatte, hier auffahren, spricht demnach Bände. In jeder Szene versteckt sich mindestens eine Anspielung auf die Serie - manchmal sind es die Besuche von bekannten Schauplätzen, das Auftreten einer bekannten Figur in einer jüngeren Version oder auch kleine, versteckte Details in Dialogen oder Hintergründen. Obwohl diese Momente in einer beachtlichen Schlagzahl auf den Zuschauer einprasseln, hat man dabei nie den Eindruck, es würde sich hier um einen reinen Fanservice-Marathon handeln, so eloquent und dynamisch fügen sie sich in die Geschichte ein, die sich dramatisch und spannend entfaltet. Es stellt sich nur die Frage, ob man für die Verkörperung jüngerer Versionen ikonischer Charaktere nicht lieber auf etwas unbekanntere Gesichter zurückgegriffen hätte. So machen "House of Cards"-Star Corey Stoll, Ray Liotta und ganz besonders die großartige Vera Farmiga als Tony Soprano's Mutter hervorragende Jobs, doch ist es manchmal schwer, sich von den bekannten Gesichtern der Stars zu lösen und tatsächlich die Charaktere in ihnen zu sehen, die eben zuvor von anderen Schauspielern verkörpert wurden.
Natürlich ist es aber eine wehmütige Freude, ausgerechnet Michael Gandolfini als jungen Tony Soprano zu sehen - der beerbt dabei seinen im Jahr 2013 verstorbenen Vater, welcher die Rolle fast eine Dekade lang spielte. Dabei merkt man dann auch, dass Chase und Taylor mit allerlei Herz bei der Sache sind, dass sie ihre Serie immer noch lieben und dementsprechend auch wissen, was sie tun. Dass es den Film nicht unbedingt gebraucht hätte und er dabei weder im Mafia-Genre noch im Sopranos-Kosmos etwas wirklich Neues erzählt, lässt sich zwar nicht abschütteln. Auch einige Wendungen wirken dramaturgisch eher etwas seicht. Geblieben ist jedoch, genau wie vor zwanzig Jahren, die schneidende und teilweise schlichtweg lockerleiche Atmosphäre in einer Mischung aus knallhartem Mafia-Thriller und originellem Familiendrama. Dabei wird dann zwar auch klar, dass "Die Sopranos" auch ein Ebenbild seiner damaligen TV-Zeit war und sich nicht all dessen Stärken so einfach in die Jetztzeit übertragen lassen. Fans werden daran aber dennoch ihre wahre Freude haben und Neueinsteiger bekommen immerhin einen sehr soliden Mafia-Thriller zu sehen, wobei sie von all den Anspielungen, Zusammenhängen und Foreshadowing-Methoden jedoch verwirrt werden könnten.

Fazit: Für langjährige Fans dürfte das Sopranos-Prequel wie eine lang erwartete Heimkehr voller schönem Fanservice daherkommen, der jeden Wunsch befriedigt. Auf der Handlungsebene fügt der Film der Serie zwar nichts Nennenswertes hinzu, ist aber solide inszeniert.

Note: 3



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid