Tony Soprano (James Gandolfini) herrscht noch immer als Boss über die Mafia-Familie. Mit seiner Ehefrau Carmela (Edie Falco) hat er sich ausgesöhnt und ist wieder zuhause eingezogen - nur sein Sohn Anthony (Robert Iler) macht weiterhin Ärger. Auch stellt sich mittlerweile die Frage nach dem Boss, der Tony eines Tages beerben könnte, denn sein Gesundheitszustand macht vielen seiner Untertanen weiterhin Sorgen. Verschlechtern tut sich auch der Gesundheitszustand von Tonys Onkel Junior (Dominic Chianese) und als sein Neffe aufgrund eines anderweitigen Termins seiner Schwester Janice (Aida Turturro) auf ihn aufpasst, kommt es zu einem folgenschweren Zwischenfall. Auch innerhalb des Clans gibt es Probleme, als der alte Hesh (Jerry Adler) Gerechtigkeit für einen Gewaltakt fordert...
Zum großen Serienfinale wollten es die Macher rund um Showrunner David Chase noch einmal wissen - einundzwanzig Episoden lieferten, was diese Staffel zur mit Abstand längsten der ganzen Serie macht. Diese Länge ist letztendlich Segen und Fluch sogleich. Segen, weil sie der Show die Zeit gibt, wirklich jede wichtige Figur noch einmal auftreten zu lassen. Jeder bekommt noch einmal seine Momente, viele Plots werden noch einmal thematisiert. Wie für die Serie üblich nimmt "Die Sopranos" aber auch während seiner letzten Staffel noch einmal sehr viele Abzweigungen, die so sicherlich nicht alle notwendig gewesen wären. Das wäre an und für sich nicht so schlimm, wenn wiederum andere Momente nicht so gefühlskalt und rasant vorbeiziehen würden. Die ganz großen Emotionen kann das Serienfinale daher nicht mehr hervorrufen, da gerade die finalen Momente viel zu rasch abgehakt werden. Fans der Serie werden sich aber mit Sicherheit freuen, dass sie mehr von der kultigen Mafiafamilie bekommen... auch wenn das nicht bedeutet, dass die Qualität gehalten wird.
So hätte man auf einige Subplots, die weder die Handlung noch die Figuren in ihrer Weiterentwicklung wirklich voranbringen, rückblickend verzichten können - Carmela's Urlaub in Frankreich oder das Finden eines neuen "Freundes" für den senilen Onkel Junior sind dabei nur zwei Beispiele. Die Zeit, die für solcherlei Plots draufgeht, fehlt der Show am Ende offensichtlich und lässt einige Szenen, die man mit beachtlicher Emotionalität hätte erzählen können (oder nach so langer Zeit gar müssen), ziemlich lasch auslaufen. Im direkten Gegenzug gibt es aber auch wieder genügend Handlungsstränge, die enormen Spaß machen, viel Payoff bieten oder die Spannungskurve antreiben. So haben die Macher vor allem die emotionalen Grundpfeiler von Charakteren wie Christopher (nicht gerade ein Sympathieträger und hier nun deutlich nahbarer), Anthony Junior oder auch Tony selbst wahnsinnig gut im Griff. Über die grandiose Inszenierung, die starken Dialoge und die interessanten, wenn auch nie wirklich sympathischen Figuren habe ich schon genug Worte verloren - diese Qualitäten finden sich natürlich auch in der sechsten Staffel und sind ungebrochen gut.
Als Serienfinale bietet "Die Sopranos" aber trotzdem nicht das, was man von einem Showdown nach rund sieben Jahren erwarten würde... aber auch das kommt nicht wirklich überraschend. Die Serie hat mit ihrer Realitätsnähe und den harten Zeitsprüngen, die immer wieder Plots einfach auslaufen lassen oder Figuren ohne weitere Kommentare aus der Show entfernen, schon immer die Erwartungen des Publikums unterlaufen - mal mehr, mal weniger gut. Das gilt dann auch für die finale Staffel und wer durch diese Dramaturgie immer wieder enttäuscht wurde, dürfte auch mit dieser Season nicht warmwerden, vor allem, weil die Macher selbst in den finalen Momenten noch mit solcherlei aufwarten. Obgleich diese Inszenierung weiterhin faszinierend ist, bleiben dadurch eine Menge Plots unauserzählt oder werden beinahe schon lächerlich einfach aufgelöst... doch ist es genau das, was "Die Sopranos" in ihrem gesamten Bestehen ausmacht. Am Ende wird sicherlich kaum jemand rundum zufrieden sein mit dem, was die Serie in der letzten Staffel abliefert, wenn sich absolut großartige Folgen mit einer Menge ziellosem Füllmaterial abwechseln. Es wird aber auch niemanden geben, den das Finale wirklich kaltlässt. Und wer gegen Ende doch etwas enttäuscht ist, den wird die allerletzte Szene sicherlich abholen, denn diese ist pures Seriengold.
Fazit: Das Ende von "Die Sopranos" ist zu Teilen wieder hochspannend, clever, düster und hin und wieder wahnsinnig überraschend. Durch die höhere Folgenanzahl gibt es aber auch erstaunlich viel Füllmaterial und nicht jede Geschichte wird durchdacht beendet, einige Figuren scheiden gar völlig leidenschaftslos aus. Also kein Zieleinlauf ohne Schrammen, aber insgesamt dürfte diese Serie dennoch für immer Kultstatus besitzen.
Note: 3+
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