Direkt zum Hauptbereich

Der letzte Mohikaner (1992)

1757: Während des erbitterten Krieges zwischen England und Frankreich halten sich die letzten Mohikaner weitestgehend aus den Kämpfen heraus. Dennoch greifen Chingachgook (Russell Means), dessen Sohn Uncas (Eric Schweig) sowie der bei den Indianern aufgewachsene weiße Krieger Nathaniel Poe (Daniel Day-Lewis) ein, als das Volk der Huronen, welches sich mit Frankreich verbündet hat, einen Hinterhalt auf britische Soldaten durchführt. Dabei retten sie sowohl die junge Cora Munro (Madeleine Stowe), ihre Schwester Alice (Jodhi May) und den Soldaten Heyward (Steven Waddington), der in Cora verliebt ist. Cora selbst verliert ihr Herz jedoch an den mutigen Nathaniel, welcher sich bereit erklärt, die Überlebenden des Trupps zu einem sicheren Fort zu geleiten - direkt durch das sich mitten im Krieg befindliche Feindesland...

"Der letzte Mohikaner" aus dem Jahr 1992 (tatsächlich gab es zuvor schon mehrere Verfilmungen des berühmten Stoffes) ist großes Historien-Kino, wie man es sich zu dieser Zeit aus Hollywood vorstellte. Dabei wird vor allem optisch aus allen Rohren gefeuert: Die gigantischen Schlachtengemälde, die sehr blutig und stellenweise drastisch ausfallen, warten mit betörenden Bildern auf - es gibt wunderschöne Landschaftsaufnahmen zu bewundern, während der großartige Soundtrack von "Cliffhanger"-Komponist Trevor Jones beinahe unaufhörlich wummert. Regisseur Michael Mann, der später noch solch wichtige Action-Filme wie "Heat" und "Collateral" inszenierte, hat das epochale Werk gerade in den zentralen großen Kriegsszenen sehr gut im Griff, fasst die Dramaturgie und die optische Wucht der Geschichte in packenden Bildern zusammen. Dabei sind es nicht nur die wahnwitzigen Arbeiten von Kostümmenschen und Setdesignern, die sich einiges an Lob verdienen, sondern das ganze Drumherum - als Lohn gabs dafür gar einen Oscar im Tonbereich.
Trotzdem ziehe ich in den weiteren Läufen des Genres die wesentlich wuchtigeren "Braveheart" oder "Gladiator" vor, da es "Der letzte Mohikaner" im direkten Vergleich an dem hochdramatischen Boden mangelt. So war beispielsweise der Rachefeldzug von William Wallace ein sehr persönlicher, welches der großen, historischen Geschichte einen kleinen, sehr emotionalen Unterhalt gab. Dies fehlt hier nun und die Liebesgeschichte, die während den Schlachtengemälden aufgebaut wird, kann nicht genug Dramatik liefern, um dies auszugleichen. Der zuvor eingefädelte Konflikt, der noch einen direkten Konkurrenten zum mutigen Nathaniel in den Ring wirft, welcher sich um die Gunst der schönen Cora bewirbt, kann zudem längst nicht aus dem Vollen schöpfen, da Cora sich schon früh für eine der beiden Parteien entscheidet. Trotzdem kommt es vor allem in der zweiten Hälfte und während eines packenden Showdowns zu einigen sehr dramatischen Szenen, die über die bloße optische Wucht hinausgehen. Dass auch hier mehr drin gewesen wäre, ist aber unübersehbar - trotz der für solch einen Film sehr knappen Laufzeit von nur 111 Minuten tummeln sich zahlreiche handelnde Charaktere, wobei schlichtweg nicht genug Zeit bleibt, um sie alle ordentlich zu zeichnen. Dementsprechend haben wir die Figuren vor ihren großen Szenen schlichtweg nicht genügend kennenlernt, um sie anschließend zu betrauern oder um ihre Leben zu bangen.
Diese Schwächen liegen aber auch darin begründet, dass sich Regisseur Mann über weite Strecken im Genre des Abenteuerfilms vertrauter fühlte. Historisch interessante Szenen und Konflikte, wie über ein mögliches Friedensgespräch zwischen England und Frankreich, werden am Rande abgehakt, um möglichst rasch zum nächsten Spektakel, zur nächsten Hürde für die Helden zu gelangen. Das ist dann auch durchweg spannend und aufregend, kann aber emotional nicht aus dem Vollen schöpfen, da die Figuren dementsprechend unterentwickelt bleiben. An den schauspielerischen Leistungen lässt sich indes aber rein gar nichts auslöschen. Gerade Daniel Day-Lewis, sicherlich einer der besten Schauspieler nicht nur unserer Zeit, sondern aller Zeiten, agiert mit solch einer Zurückhaltung, dass es gerade in den großen Szenen, in denen er stoisch übers Schlachtfeld stürmt, schwer fällt, sich nicht vollends mitreißen zu lassen. Beeindruckend agiert auch die Riege aus echten Indianern rund um Russell Means, die mit einer eindrucksvollen Ausstrahlung auftreten.

Fazit: An den epischen Glanz eines "Braveheart" beispielsweise reicht "Der letzte Mohikaner" mit seiner in dieser Version simplereren und geradlinigeren Geschichte nicht heran. Rein inszenatorisch und auch schauspielerisch ein wuchtiges Werk, dem es aber an Tiefe und auch ein wenig an Gefühl mangelt.

Note: 3-



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid