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Die Sopranos - Die zweite Staffel

Scheinbar haben sich alle Wünsche von Tony Soprano (James Gandolfini) erfüllt: Sein Onkel Junior (Dominic Chianese) sitzt, nachdem er sogar versucht hat, seinen Neffen aus dem Weg zu räumen, im Knast. Tony selbst hat daher die Leitung übernommen und versucht, die Soprano-Familie mit neuen Geschäften und alten Tricks zu Ruhm und Glanz zu verhelfen. Eigene, private Probleme stehen dem jedoch im Weg: So weigert seine Psychiaterin Dr. Jennifer Melfi (Lorraine Bracco) immer noch, ihn nach seinem Ausraster weiter zu behandeln, obwohl er ihre Ratschläge zurzeit gut gebrauchen könnte. Nicht nur sucht Junior nämlich nach einem Weg, das Gefängnis früher als geplant zu verlassen... mit dem Verschwinden seines Freundes Pussey und der angeknacksten Ehe mit Carmela (Edie Falco) hat er weitere Probleme.

Die zweite Staffel von "Die Sopranos" bietet weiterhin großartige Unterhaltung, so viel sei erst einmal vorab gesagt. Die charmanten, wenn auch nicht sympathischen Charaktere, die großartigen Schauspieler und viele spannende Storylines in Verbindung mit schwarzem Humor, sensiblem Drama und einigen überraschenden Wendungen überzeugen auch hier. Allerdings bleibt die zweite Season doch ein wenig hinter dem großartigen Auftakt zurück, da es im direkten Vergleich an einem dramaturgischen Bogen fehlt, der zuvor noch das entscheidende Salz in der Suppe war. Gerade in der ersten Hälfte erzählt sich die zweite Staffel fast ausschließlich über Episoden-Handlungen, die später kaum noch etwas zur eigentlichen Story beizutragen haben. Es fehlt ein wenig an einem übergeordneten Ziel und "Die Sopranos" liest sich noch mehr als die erste Staffel wie ein Einblick hinter die Fassade einer Gangster-Familie. Die einzelnen Storys sind zwar nach wie vor hervorragend geschrieben, aber es fehlt ein wenig an der dichten Intensität, welche die Serie zuvor ausmachte.
Das ist aber natürlich Jammern auf sehr hohem Niveau, denn selbst in den Geschichten, die eher als kleine Zusätze zu den fantastisch gezeichneten Charakteren fungieren, ist "Die Sopranos" noch packendes TV-Entertainment. Ganz gleich ob es dabei um Meadows Verlangen geht, eine passende Universität zu finden; um Junior's Tatendrang, das Gefängnis zu verlassen, um seinem Neffen in die Suppe zu spucken; oder um Carmelas private Dramen, wenn sie versteht, dass sie die Ehe zu ihrem Mann Tony nicht mehr so erfüllt, wie es sein sollte. All diese Geschichten sind sensibel erzählt, ohne dabei kitschig zu wirken, haben Substanz und teilweise eine enorm intensive Dramaturgie, die weit über das hinausgeht, was wir von heutigen Blockbuster-Serien gewohnt sind. Die Serie nimmt sich sehr viel Zeit, manchmal auch zu viel Zeit, um ihre Figuren auch in dieser zweiten Staffel noch zu formen und kreiert dabei ein interessantes Bild einer Großstadt-Familie. Der Mafia-Flair kommt dabei natürlich auch nicht zu kurz und erneut zeigt sich, dass die Macher sich nicht nur vor den großen Kino-Vorbildern verbeugen, sondern dessen Fleisch und Blut auch für ganz eigene Einfälle nutzen.
Das weitestgehende Fehlen eines übergeordneten Handlungsstranges, der darüber hinausgeht, dass Tony versucht, als Oberhaupt der Familie die Geschäfte am Laufen zu halten und den Spurensuchern des FBI auszuweichen, fällt bei solch hochqualitativen Drehbüchern dementsprechend kaum ins Gewicht - und im letzten Drittel der Staffel läuft "Die Sopranos" auch auf diesem Aspekt wieder zu Hochform auf. Es ist also erneut die Verbindung zwischen sensiblen Familiendramen, herausragenden Charakteren und brutalem Mafiosi-Thriller, der hier zu packen versteht, auch wenn die Mixtur hier nicht mehr ganz so flüssig läuft wie zuvor. Die Macher verstehen es auf beinahe meisterhafte Weise, all ihre Figuren (auch die neuen Gesichter fügen sich nahtlos ein) und Storylines im Griff zu haben und sie im weiteren Verlauf packend zusammenzubringen. Und zudem können sie noch immer auf ein fantastisches Ensemble rund um James Gandolfini, Lorraine Bracco und Co. zurückgreifen, die auch in der Fortführung wieder brillante Leistungen aufs Parkett legen. 

Fazit: Nicht ganz so gut wie die erste Staffel, da es ein wenig an einer geschlossenen, zielführenden Dramaturgie fehlt. Aufgrund der fantastischen Drehbücher, der schneidenden Atmosphäre, grandiosen Dialogen und Schauspielern auf der Höhe ihres Könnens ist auch die zweite Season von "Die Sopranos" große TV-Unterhaltung auf sehr hohem Niveau.

Note: 2-





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