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Kalender Girls

Chris Harper (Helen Mirren) und ihre beste Freundin Annie Clarke (Julie Walters) sind aktive Mitglieder des Frauen-Vereins in dem verschlafenen Nestchen Knapely in Yorkshire, von der Banalität der dortigen Themen aber mehr als gelangweilt. Als Annies Ehemann John (John Alderton) plötzlich schwer an Leukämie erkrankt, fassen die beiden Damen einen findigen Entschluss, um in Gedenken an John Geld für einen guten Zweck zu sammeln. Dafür wollen sie einen eigenen Kalender herausbringen, der sich von den alljährlichen Blumen und Kirchenhäusern entfernt - und sich selbst als Akt-Fotomodelle präsentieren. Was erst für Schrecken unter den biederen Damen in Knapely sorgt, schlägt später immer größere Wellen und wird zu einer vorbildlichen Aktion für unzählige Frauen auf der ganzen Welt...

Nach einer ganz wunderbaren wahren Geschichte, die sich in dieser Form im Jahr 1999 in England zugetragen hat, entwarf "We Want Sex"-Regisseur Nigel Cole diesen Film, der zualler erst durch seine hervorragende Besetzung auf sich aufmerksam macht. Denn zuvor hatte natürlich niemand einen Zweifel daran, dass solch erstklassige Schauspielerinnen wie Helen Mirren und Julie Walters hier nicht absolut abliefern würden. Dementsprechend sind es die feurige Performance von Mirren, die hier mit allerlei trockenem Humor für etliche Lacher sorgt, sowie die leisere, nuanciertere Leistung von "Mamma Mia"-Star Walters, die hier den gesamten Film bestimmen. Und auch unter den Nebenrollen spielen sich einige ins Gedächtnis - die Besetzung der weiteren Damen, die sich für den Kalender positionieren, besteht aus allerlei markigen Originalen und sogar der schüchterne, mit seinem Auftrag völlig überforderte und letztlich doch künstlerisch voll darin aufgehende Fotograf wird wunderbar gezeichnet. Dass "Kalender Girls" schauspielerisch aber überzeugen würde, daran bestand im Grunde kein Zweifel.
Doch wie sieht es mit der Handlung aus, die eine Mixtur aus sensiblem Drama, trockener Komödie und bissiger Gesellschaftskritik versprach? Tatsächlich verläuft die erste Phase bis zur letztendlichen Entscheidung der betagteren Damen, dass man sich für den Kalender der Kleider entledigen wird, ein wenig verwaschen, denn sowohl der wahre Grund für diese Tat als auch die anfängliche Vorstellung der einzelnen Figuren hätte smoother verlaufen können. Der zurückhaltende Stil von Regisseur Cole erweist sich dann später aber als entscheidende Krux, wenn er seinen Schauspielerinnen immer wieder genug Raum zur Entfaltung bietet und mit einem sehr feinen Händchen für den Schnitt und unaufgeregten Bildkompositionen, die durchdacht und künstlerisch wertvoll wirken. Hier läuft "Kalender Girls" mit seinem herrlichen Humor, den herzlichen Figuren und einer erstaunlich hohen Quote an funktionierenden Witz- und Dramamomenten zu sehr hohem Niveau auf und wenn sich die Ereignisse rund um das Fotoshooting irgendwann verselbstständigen und es dem Regisseur an keinerlei Ideen mehr zu mangeln scheint, ist die filmische Freude groß.
Im späteren Verlauf verschwimmt diese Freude dann wieder ein wenig, wenn das Kalender-Shooting doch höhere Wellen als erwartet schlägt. Zwar findet Cole, auch dank der wahren Geschichte, einige interessante Hürden und Verwicklungen, die dem Ganzen noch eine weitere Ebene geben, doch wirklich tief verfolgen tut er sie nicht und lässt manch einen Nebenplot ziemlich mau auslaufen. Auch ein zentraler Konflikt zwischen den beiden Hauptfiguren im letzten Drittel wirkt ziemlich erzwungen und scheint den Plot auf Gedeih und Verderb auf eine noch dramatischere Ebene hieven zu wollen, was zu dem vorherigen Konstrukt nicht wirklich passen will. Trotzdem gibt es auch in der zweiten Hälfte noch genügend amüsante Szenen, vornehmlich aufgrund des wunderbaren Ensembles, dass man sich im Grunde niemals langweilt. Diese wahre Geschichte ist somit in der Tat eine sehr unterhaltsame, die nicht nur eine erfrischende Message, sondern auch viel ungehemmten Spaß verbreitet. Die filmische Version hätte in den entscheidenden Momenten nur ein wenig mehr Biss vertragen können.

Fazit: Getragen von einem großartigen Ensemble, besonders Mirren und Walters, entsteht ein unterhaltsames Comedy-Drama mit viel Witz, Charme und unaufgeregten Charaktermomenten. Zwar geht dem Film gegen Ende zu früh die Puste aus und einige Konflikte wirken arg forciert, ein kurzweiliger und recht herzlicher Spaß ist aber dennoch drin.

Note: 3



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