Direkt zum Hauptbereich

The Outpost - Überleben ist alles

2006: Das Camp Keating ist im Grunde ein Höllenloch - der US-Außenposten im Kamdesh im Norden Afghanistans dient dazu, in Kontakt mit den einheimischen Zivilisten zu treten und Hilfestellung zu leisten sowie die unschuldigen Bürger vor den Taliban-Truppen zu schützen. Das Camp befindet sich jedoch an einem schlechten Ort: Umgeben von hohen Bergen, ohne Weitsicht und nur wenige Meilen entfernt von der pakistanischen Grenze muss hier jeden Tag mit einem tödlichen Überfall gerechnet werden. Unter dem Kommando von Captain Keating (Orlando Bloom) halten die Männer jedoch die moralische Fahne hoch, während sie auf die nächsten Angriffe warten und Bindungen schließen. Als zudem die Nachricht eindringt, dass der Außenposten demnächst geschlossen werden soll, ist die Erleichterung groß - nun müssen die anwesenden Soldaten nur noch ein wenig durchhalten. Sollten die Taliban jedoch ebenfalls von diesen Neuigkeiten erfahren, scheint ein Großangriff wahrscheinlich...

Es ist ein besonderer Reiz in dieser Geschichte, der "The Outpost", der mit einem geringen Budget von nur fünf Millionen Dollar gedreht wurde und in Deutschland leider keinen Kinostart erfahren hat, auszeichnet. Tatsächlich drehen sich sämtliche Ereignisse des Films nämlich um dieses eine Camp und Regisseur Rod Lurie schafft es dabei vortrefflich, uns den Alltag im Camp Keating nahezubringen. Dies gelingt ihm vor allem durch eine Inszenierung, die uns förmlich in die Geschehnisse einzieht: Mit einem dokumentarischen Kamerastil, wobei wir stets ganz nah an den Charakteren dranbleiben, auch große Gefechte noch per Handkamera gefilmt werden und wir selbst nie mehr wissen als die Protagonisten selbst. Lurie ist dabei zwar nicht der Erste, der einen Kriegsfilm in diesem Stil anlegt, aber es lässt sich auch nicht wegargumentieren, dass er atmosphärisch ins Schwarze trifft. Rein optisch lässt er nichts anbrennen, hat ein sehr gutes Auge für packende Bilder, die aber niemals aufgesetzt oder pathetisch wirken und weiß so sowohl die alltäglichen Szenen im Camp als auch das finale, beinahe 45 Minuten andauernde Gefecht intensiv und realitätsnah umzusetzen.
Dabei erlaubt er sich, keine richtige Stellung zu beziehen. Verschiedene Themen werden dabei angesprochen und mal mehr, mal weniger ausführlich beleuchtet. Wir sehen, wie die US-Militärs versuchen, Bande zu den Einheimischen zu knüpfen und erkennen die Problematik, die dahintersteckt. Wir lernen die Soldaten kennen, wohnen ihrem Alltag bei (inklusive Latrinendienst und persönliche Gespräche) und bekommen so ein realistisches Gefühl für die Mission, der sich diese Männer verschrieben haben. Das mag für manch einen kühl und dröge sein, tatsächlich ist es aber verdammt nah an der Realität - so wurden unter anderem auch Überlebende des damaligen Angriffs als Schauspieler eingesetzt, die sich hier selbst verkörpern. Die Dialoge wirken authentisch, ebenso die Requisiten und die dreckigen Sets. Unaufgeregt und oftmals gar ungemein ehrlich erzählt Lurie von kleinen und großen Dramen im Camp Keating, die er niemals effekthascherisch ausreizt, sondern stets aus den Augen der Männer vor Ort erzählt. Besonders spannend sind dabei Diskussionen und Konflikte zwischen Soldaten und Vorgesetzten, die einen ganz neuen, frischen Einblick in die Befehlsketten bieten.
Das ist dann zwar durchweg packend, aber natürlich ist das alles in dieser Form nicht neu. Schon der oscarprämierte "The Hurt Locker" machte sich diese inszenatorische Idee, einen Kriegsfilm nicht als markerschütterndes Spektakel, sondern als superrealistische Abfilmung der Ereignisse zu zeichnen, zu eigen. Und man kann "The Outpost" dementsprechend vorhalten, dass es abseits der wahren Geschichte um das berüchtigte Camp Keating nichts gibt, was ihn von anderen Kriegsfilmen ähnlicher Qualität abhebt. Auch erfahren wir über die privaten Gegebenheiten der Figuren so gut wie gar nichts, nehmen nicht an ihren Lebenserfahrungen, sondern nur an ihrem Dienst fürs Land teil. Das Regisseur Lurie dabei aber auch kein Blatt vor den Mund nimmt, unparteiisch bleibt und die Ereignisse ohne glorreiche Verschönerungen so aufzeigt, wie sie nun mal gewesen sind, tut dem Film aber wahnsinnig gut. Unter den Schauspielern sticht besonders der aus dem Oscarfilm "Three Billboards Outside Ebbing Missouri" bekannte Caleb Landry Jones mit einer energetischen Performance hervor. Ein anderer großer Star, der prominent in der Werbekampagne des Films gesetzt wurde, ist indes aber ein altbekanner Trick für eine Mogelpackung: Dessen Rolle fällt nämlich ziemlich klein aus, auch wenn der große Name in der Besetzungsliste in seinen wenigen Szenen durchaus packende Darstellungen abliefert.

Fazit: "The Outpost" ist ein zumeist packender Kriegsfilm, der durch seine realistische Inszenierung an Intensität und Authentizität gewinnt - sowohl in den alltäglichen Szenen im Camp als auch während des brutalen zentralen Gefechts. Darüber hinaus gibt es aber wenig, was diesen Film von anderen Werken des Genres sonderlich abheben würde.

Note: 3+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid