Die junge Lehrerin Kate (Mackenzie Davis) reist nach Maine, weil sie dort einen Job als Gouvernante für die kleine Flora (Brooklynn Prince) erhalten hat. Diese hat kürzlich ihren Vater verloren und lebt nun alleine mit der eigensinnigen Haushälterin Mrs. Grose (Barbara Marten) auf einem gigantischen, von der Außenwelt weitestgehend abgeschnittenen Anwesen. Schon früh fühlt sich Kate aufgrund der verschnörkelten, düsteren Gänge und manch eines seltsamen, nächtlichen Geräuschs unwohl in dem Haus, verbleibt jedoch, weil sie zu der aufgeweckten Flora rasch eine innige Beziehung aufbauen kann. Doch spätestens als Floras Bruder Miles (Finn Wolfhard) überraschend aus dem Internat zurückkehrt und Kate mit abgedrehten Streichen und Provokationen auf dem Kieker hat, ist die junge Frau davon überzeugt, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmen kann...
Dies ist längst nicht die erste Verfilmung des Grusel-Klassikers "The Turn of the Screw" aus dem Jahr 1898 - die Regisseurin Floria Sigismondi, die zuvor vor allem im Musikvideo-Bereich tätig war und Episoden aus Hitserien wie "The Handmaids Tale" oder "Daredevil" inszenierte, wollte den schaurigen Stoff aber zumindest ansatzweise in den heutigen Zeitgeist übertragen. Leider macht sie aus diesen Ansätzen erstaunlich wenig, denn trotz einiger optischer Schmankerl (das gigantische, verzweigte Anwesen ist wunderbar gefilmt) kann sie ihren eigenen Ideen wenig entgegensetzen. Das der Film nun in den 90er-Jahren spielt, spielt im Grunde keinerlei Rolle für den Plot, während die Veränderung in einen reinen Geister-Horror-Stoff beinahe faul anmutet. Einige fiese Jumpscares funktionieren zwar und vor allem, wenn Sigismondi den Spiegel-Stoff für schaurige Bilder verwendet, kann man sich recht fein gruseln. Darüber hinaus grast sie aber die altbekannten Klischees des Genres ab, über knarrende Dielen, tosende Musik und viel Geschreie - und das wirkt schon ziemlich altbacken und wie der verzweifelte Versuch, den Stoff an heutige Sehgewohnheiten anzupassen.
Deutlich schlimmer hat es aber den narrativen Plot erwischt, den die Regisseurin niemals unter Kontrolle bekommt. Sie macht etliche Fässer auf und legt dabei mehrere Spuren, um das Publikum rätseln zu lassen, was denn wohl nun wirklich in diesem Haus vor sich geht. Das leidige Rätsel, ob es sich dabei nun um echte Spukerscheinungen oder doch nur um einige recht kranke Wahnvorstellungen der Protagonistin handelt, haben wir in dieser Form aber schon sehr oft und auch spannender inszeniert gesehen. Und darüber hinaus findet Sigismondi keinen eigenen Stempel, sondern verfängt sich in den etlichen Handlungsfäden, die sie zu Beginn auswirft. Dabei werden nicht nur die Charaktere arg oberflächlich behandelt, während ganze Mysterien und Fragezeichen letztendlich eingestampft und nicht weiter behandelt werden - "Die Besessenen" leidet aufgrund seiner furchtbar verwaschenen Geschichte auch an schweren Glaubwürdigkeitsproblemen. Dass die ohnehin nur marginal charakterisierte Kate nicht irgendwann einfach Reißaus nimmt (denn diese Möglichkeit scheint zu bestehen), soll damit erklärt werden, dass sie eigentlich die kleine Flora beschützen will. Doch spätestens wenn Kate schier wahnsinnig und mehrfach belästigt, bedroht und gejagt wird, wäre eine Flucht aus dem Haus und ein anschließender Besuch beim Jugendamt, um für die Sicherheit dieses offensichtlich vollkommen im Stich gelassenen Mädchens zu sorgen, wohl eine bessere Variante gewesen.
Dementsprechend wirkt auch Mackenzie Davis in der Hauptrolle ein wenig verloren - trotz einer gewissen Ausstrahlung findet sie, genauso wenig wie die Zuschauer, einen echten Zugang zu Kate und bleibt irgendwo an der Oberfläche haften. Die merkwürdig gezeichneten Hintergründe ihrer Figur gehören dann zum ziemlich mauen Drehbuchgepinsel, was auch ihre Darstellung nicht retten kann. Deutlicher ins Gedächtnis spielt sich indes Finn Wolfhard, der mit seinen Auftritten in den beiden "Es"-Filmen oder der Netflix-Serie "Stranger Things" schon viel Horror-Erfahrung sammeln konnte - und wenn er in seinen psychopathisch anmutenden Ausbrüchen eine gewisse Unvorhersehbarkeit an den Tag legt und man als Zuschauer nie weiß, ob sein Miles nun gleich völlig durchdrehen oder gar ein normales Gespräch führen wird, kann man schon von einer gewissen Schauerstimmung sprechen. Zudem glänzt auch, nach ihrem brillanten Auftritt in "The Florida Project", der Kinderstar Brooklynn Prince mit einer schier einnehmenden Performance, während Barbara Marten als zynische Haushälterin genau die richtige Mischung aus Abneigung und Interesse beim Zuschauer hervorruft - allerdings bleibt auch ihre Rolle im Drehbuch nicht mehr als ein bloßer Teaser zu mehr, der aber nie eingelöst wird.
Fazit: Das größte Problem ist das völlig marode, neu interpretierte Drehbuch eines klassischen Stoffs, welches ständig über seine eigenen Füße fällt und dramaturgisch eine Katastrophe darstellt. Rein inszenatorisch und darstellerisch lässt sich weniger meckern, doch auch hier wäre etwas weniger lauter Horror und mehr atmosphärische Finesse sehr wünschenswert gewesen.
Note: 4
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