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Grenzenlos (2017)

James More (James McAvoy) arbeitet eigentlich für den MI-5 und soll als Spion einige geplante Bombenattentate in Europa verhindern. Als er in Frankreich operiert, trifft er die Biomathematikerin Danielle Flinders (Alicia Vikander). Diese steckt mit ihrem Kopf eigentlich gerade ganz woanders, bereitet sie sich doch auf den wichtigsten und tiefsten Tauchgang ihres Lebens vor, welcher ihre Karriere verändern soll. Dennoch verliebt sie sich in den mysteriösen Mann, der sich als Wasser-Ingenieur ausgibt und mit dieser Tarnidentität versucht, bei den Terroristen von Al-Qaida vorstellig zu werden, um sich bei ihnen einzuschleusen. Danielle und James verlieben sich ineinander, doch soll ihre Beziehung noch auf eine schwere Probe gestellt werden, da sich beide aus beruflichen Gründen alsbald in furchtbare Lebensgefahren begeben werden...

Um Himmels Willen, Herr Wenders, was war das denn? Ich habe nach den desaströsen Kritiken und dem schwachen Trailer nun wirklich keinerlei weltbewegende Dinge von dem 2017 erschienenen Liebesdrama "Grenzenlos" erwartet, aber was der deutsche Regisseur Wim Wenders nun tatsächlich abgeliefert hat, schlägt dem Fass den Boden aus. Ich habe nichts gegen sperrige Filme, auch wenn mir ein Zugang hin und wieder schwerfällt, wenn ich mit der Vision des Regisseurs nicht ganz d'accord gehe und selbstverständlich habe ich auch nichts gegen dramatische Liebesgeschichten. "Grenzenlos" besteht nun aber in jedem Pixel ausschließlich aus schmerzhaften Klischees, was bei der so bereits zigmal gesehenen Geschichte beginnt, die in dieser Form eine abgespeckte und wahnsinnig dröge Variante der zweiten Hälfte von "Abbitte" darstellt. Gnadenlos vorhersehbar, in ungemein langsamem Tempo und ohne einen eigenen Stempel schleppt sich der Film von pseudo-dramatischen Szenen zu dick aufgetragenen Monologen, die ausschließlich aus kitschigen Kalendersprüchen bestehen. In den Dialogen wird das besonders ersichtlich: Kein normaler Mensch würde sich so gestelzt, so ekelhaft durchgeschrieben unterhalten wie es James und Danielle im Film tun. Jedes durchkomponierte Bild, jeder Satz fühlt und hört sich falsch an.
Dass es Wenders gelungen ist, für solch ein katastrophales, grausam langweiliges und abgeschmacktes Drehbuch noch zwei der größten und talentiertesten Stars ihrer Generation anzulocken, scheint an ein Wunder zu grenzen. Offensichtlich haben Vikander und McAvoy aber während der Produktion gemerkt, dass sie mit diesem Film keine Blumentöpfe gewinnen und deswegen aufgehört, sich in irgendeiner Form Mühe zu geben. Vikander spielt dahingehend gefühlt nicht mehr mit und absolviert die gesamte Handlung mit einem einzigen Gesichtsausdruck, während sich McAvoy in leidend-gefaketem Overacting im falschen Film wähnt und dabei nahe an der Grenze der Lächerlichkeit agiert. Und Wenders hat diese Leistungen dann irgendwann wohl einfach abgenickt - entweder, weil es ihm egal war oder weil ihm der Blick fürs Wesentliche alsbald abhanden gekommen ist. Das ist aber irgendwann auch dem Zuschauer egal, der solch langweiligen, konturlosen Figuren schon nach fünf Minuten kaum mehr folgen möchte. Angesichts der Binsenweisheiten, welche die beiden alle paar Minuten von sich geben, ist es schwer zu erkennen, dass hinter diesen Charakteren irgendwo noch Leben schlummern soll und diese Leblosigkeit überträgt sich dann auch auf den gesamten Film, der rückwärts laufen würde, wenn er noch langsamer und substanzloser daherkäme.
Einen ganzen Absatz, auch wenn das normalerweise nicht meine Art ist, gönne ich zudem der deutschen Synchronisation, die eine ganz eigene Katastrophe darstellt. Offensichtlich glaubten nämlich auch die deutschen Produktionsstudios (trotz zugeschobener Fördergelder) nicht wirklich an einen Erfolg ihres Produkts, weswegen in die Aufmachung für den nationalen Markt keinerlei Liebe hineinfloss. Dass Vikander und McAvoy hier nicht von ihren normalen Stammsprechern gesprochen werden, mag man noch verzeihen - so etwas kommt aufgrund von Termin-Problemen oder unerwarteten Zwischenfällen schließlich immer wieder mal vor und ist manchmal schlichtweg nicht zu ändern. Hier wurden für die Stimmen der beiden Hauptrollen allerdings ein Sprecher und eine Sprecherin gecastet, die (zumindest laut Einträgen in Synchron-Datenbanken) zum allerersten Mal am Werke waren und entweder keinerlei Lust auf die Arbeit hatten oder mit ihr schlicht und ergreifend überfordert waren. Keinerlei Emotionen, seitens Golo Euler, der McAvoy seine Stimme leiht, sogar gänzlich falsche Tonfälle und eine Atmosphäre wie aus einem schlecht abgedichteten Tonstudio. Zumindest Euler hat anschließend keinen weiteren Film mehr gesprochen, was angesichts solch einer furchtbaren Leistung auch nur richtig erscheint. Es ist also dringend zu empfehlen, dass man sich "Grenzenlos", wenn überhaupt, in der Original-Version ansieht, um zumindest noch ein bisschen Gravitas aus diesem schläfrigen, uninspirierten Werk herauszufiltern.

Fazit: Die grausam-schlechte deutsche Synchronisation scheint wie die Faust aufs Auge zu einem Film zu passen, der offenbar niemandem etwas bedeutet hat. Ein dröges Liebesdrama ohne Inspiration, eine filmgewordene Glückskeks-Weisheit voller Klischees, dröhnender Langeweile und dick aufgetragenem Schmalz-Pathos.

Note: 6



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