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Interceptor (2022)

Fort Greely, eine von zwei Stationen in den USA, die für das Abfangen von Atomraketen gerüstet sind, ist unter der Hand unbekannter Terroristen gefallen. Fast zeitgleich werden sechzehn mobile Interkontinental-Raketen aus russischer Hand verwendet. Nun versuchen mehrere Attentäter auch in die auf See positionierte zweite Abfangstation der USA einzudringen: Unter dem Kommando des gewissenlosen Alexander Kessel (Luke Bracey) geht das Team über Leichen, hat die Rechnung jedoch ohne Captain J. J. Collins gemacht. Diese wurde nach einer Versetzung erst spontan in der vergangenen Nacht auf die Station beordert und versucht die Kommandozentrale mit allen Mitteln gegen die Eindringlinge zu verteidigen...

Eigentlich haben sich Actionfilme in den letzten Dekaden weiterentwickelt. Nicht immer zum ausschließlich Guten, werden einige mokieren, aber immerhin haben wir zumindest im großen Blockbuster-Genre weitestgehend die himmelschreiend blöden Trash-Granaten hinter uns gelassen, welche alle denkenden Zuschauer völlig unterforderten. Oder existieren sie vielleicht doch noch und das gar auf dem größten Streamingdienst der Welt? Ja, es gibt sie noch und "Interceptor" ist einer dieser Vertreter - ein furchtbar dummer Actionfilm, ungemein dilettantisch inszeniert und eine Beleidigung für das Gehirn des Zuschauers. Dabei ist es an und für sich nur halb so schlimm, dass dieser Film purer, verblödeter Trash ist, wenn er denn diese Herangehensweise auch ganz offenkundig kommunizieren und vielleicht gar mit ihr spielen würde. Aber nein, "Interceptor" glaubt tatsächlich, ein moderner, krachender Blockbuster zu sein und das macht diese Nummer noch viel, viel schlimmer.
Natürlich ist keine clevere Handlung zwingend erforderlich, um einen einigermaßen packenden Actioner zu kreieren, doch was uns die Macher mit diesem furchtbaren Gaga-Drehbuch auftischen, das grenzt schon an Verschmähung. In furchtbar drögen Kitsch-Dialogen, die von dem Cast mit aller nötiger Engstirnigkeit aufgesagt werden, wird ein Plot behauptet, der selbst in einem zwanzigsten "Fast & Furious"-Film noch als zu dumm durchgehen würde. Eine Gruppe von Antagonisten, die wie aufgescheuchte Hühner durch die engen Gänge der Station hetzen und sich dauerhaft vorführen lassen, treffen auf eine toughe Frau, die zwar auch immer wieder desaströse Fehlentscheidungen trifft, aber immerhin austeilen kann. Das nimmt dabei immer wieder Wendungen, bei denen man sich nur noch mit der flachen Hand vor die Stirn klatschen möchte und ist dabei so enorm vorhersehbar und so faul, wenn es darum geht, auch nur irgendeinen Sinn in dem löchrigen Plot zu kreieren, dass es schlichtweg ärgerlich ist. Für Elsa Pataky wäre es die Chance gewesen, als neuer Actionstar aufzusteigen, doch diese Chance bleibt von allen Beteiligten ungenutzt.
Zuallererst nämlich von Pataky selbst, die entweder keine wirkliche Lust hatte, ihrer Karriere neuen Aufwind zu geben (wobei ihr Ehemann Chris Hemsworth auf dem Produzentenstuhl sicherlich ordentlich aushelfen wollte) oder sie verfügt einfach nicht über das nötige Talent. Physisch agiert sie zwar relativ beeindruckend, bleibt aber völlig blass und schlichtweg teilnahmslos, wenn das Drehbuch irgendeine emotionale Reaktion auf das Geschehen erfordert. Ähnlich schlecht zieht sich "Point Break"-Star Luke Bracey aus der Affäre, der als nerviger Klischee-Antagonist den typischen, größenwahnsinnigen Psychopathen darlegen soll und dabei maßlos überzeichnet. Vielleicht mag man an dem Versagen der beiden Hauptakteure aber auch dem Drehbuch die Schuld geben, denn was beide teilweise für Sätze in den Mund gelegt bekommen, schlägt dem Fass den Boden aus. Ganz besonders peinlich wird es, wenn die beiden männlichen Drehbuchautoren unbedingt noch eine sehr langwierige und klischeehafte Abbiegung hin zum MeToo-Thema unternehmen... und dabei nicht nur nichts zu sagen haben, sondern auch so überzeichnet vorgehen, dass sie dieser Thematik sicherlich eher schaden als nützen.
Und dann versagt "Interceptor" auch noch genau dort, wo er eigentlich am dringendsten hätte punkten müssen: Die Inszenierung ist nämlich nicht nur generell eine Katastrophe, sondern auch und vor allem in den zentralen Action-Setpieces. Mit einem Soundtrack, der eher an Agentenkomödien wie "Get Smart" erinnert und der in jeder winzigen Szene voll ausgespielt wird, was eine enorme unfreiwillige Komik zur Folge hat, hat man sich ohnehin schon keinen Gefallen getan. Und dass Kameramann Ross Emery offensichtlich keine Ahnung hatte, wie er die Kamera denn richtig platziert oder die erkennbar als Choreographien ausgearbeiteten Prügeleien übersichtlich hält, hilft sicherlich auch nicht. Dass man darüber hinaus aber auch noch mit wahnsinnig miesen Computereffekten, die dreißig Jahre oder älter aussehen, sowie einem verhaspelten Schnitt und allerlei tumben Action-Klischees leben muss, ist dann wirklich zu viel des Guten. "Interceptor" verhält sich wie eine Komödie, ist inszeniert wie eine (sehr schlechte) Komödie, liest sich wie eine Komödie... und will keine Komödie sein. Das ist von allen Seiten eine wirklich peinliche Sache und wäre zu anderen Zeiten bei Erscheinen ganz weit hinten in die DVD-Regale gerutscht (von einem Kinostart hätte man dabei sicherlich gar nicht erst gesprochen). Heute kann man solcherlei Müll aber eben auch problemlos zu Streamingdiensten abschieben und sie da als großes Event verkaufen. Und das ist schon eine ziemlich traurige Entwicklung.

Fazit: "Interceptor" ist dilletantisch inszeniert und sieht aus wie ein vierzig Jahre alter Actionfilm... und gibt sich auch in Sachen Plot, dummdreisten Dialogen und Herumsteh-Schauspielerei exakt so. Und da sogar die zentralen Actionszenen ein Hickhack aus schlechten Effekten und miesen Klischees sind, gibt es hier wahrlich nichts, was eine Sichtung irgendwie lohnenswert macht.

Note: 6+



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