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Stranger Things - Die vierte Staffel

Die Wege der Freunde aus Hawkins haben sich getrennt: Joyce Byers (Winona Ryder) ist gemeinsam mit den beiden Söhnen Will (Noah Schnapp) und Jonathan (Charlie Heaton) sowie der quasi adoptierten Elfie (Millie Bobby Brown) nach Kalifornien gezogen. Dort tut sich Elfie mehr als schwer, unter neuen Mitschülerinnen Kontakte zu knüpfen, während Joyce einem mysteriösen Hinweis aus Russland nachgehen möchte. Mike (Finn Wolfhard) plant einen Urlaub in Kalifornien, um seine geliebte Elfie zu besuchen, doch kurz nach seinem Aufbruch braut sich neues Ungemach zusammen. Hawkins wird von einer grausamen Mordserie erschüttert, welche die Bewohner mit einem merkwürdigen Kult in Verbindung bringen. Dustin (Gaten Matarazzo) und seine Freunde ahnen jedoch, dass deutlich mehr dahinsteckt und rüsten sich für einen neuen Kampf...

Was zuvorderst wirklich beeindruckt, ist der neue Standard bezüglich der Episodenlaufzeit in dieser vorletzten Staffel des Netflix-Überfliegers "Stranger Things". Sicher, niemand beschwert sich über mehr Material von seiner Lieblingsserie und wenn absolut jede Folge über eine Stunde lang ist und die meisten beinahe Spielfilmlänge erreichen, kann das doch nur gut sein - immerhin ist ja mehr drin, oder? Ein richtiges Binge-Watching von klaren und kompakten Folgen mag sich diesmal jedoch nur schwer einstellen, da man weniger das Gefühl hat, Serien-Episoden als viel mehr mehrere Spielfilme hintereinander zu sehen. Man darf sich schon fragen, warum die Macher aus dem Material nicht einfach mehr Folgen gezaubert haben, denn ein zweieinhalbstündiges Finale ist vielleicht doch ein wenig übertrieben. Auch da "länger" nicht zwangsläufig "besser" heißen muss: Einige Plots hätten, besonders im Hinblick dahin, wie wenig wichtig diese später noch sind, durchaus ein wenig entschlackt werden können und auch die actionlastigen Gefechte gegen diverse monströse Gegenspieler drehen sich spätestens ab der Halbzeit etwas im Kreis. Man ist hier also im Grunde gar keinen Schritt mehr vom Kino-Standard entfernt, da sich auch die grandiose Inszenierung längst irgendwo zwischen der Effektivität des Marvel Cinematic Universe und der technischen Wucht aktueller Blockbuster bewegt. Es macht "Stranger Things" aber auch weniger zu einer herkömmlichen TV-Serie als zu einem echten Marathon, der nach Lichtspielhäusern gieren könnte.
Aber gut, ich will wirklich nicht zu viel meckern, denn insgesamt hat die vierte Staffel von "Stranger Things" etliche Fehler korrigiert, die in der dritten Season noch zu finden waren. Gut, so manche wurden noch hinübergerettet, was jedoch zu erwarten war: So ist das Gefälle zwischen ziemlich hartem Fantasy-Horror mit allerlei Blut und schaurigen Setpieces hin zum arg albernen Pubertäts-Humor weiterhin sehr steil; Lucas' kleine Schwester ist immer noch ein nerviger Sidekick, zu deren Position als sprücheklopfende Nervensägen sich diesmal leider auch Maya Hawke gesellen muss; und der fortgeführte Russland-Plot, der erstaunlich viel Episodenzeit auf sich verbucht, will aufgrund seiner Klischees und seiner Spannungsarmut weiterhin nicht schmecken. Ansonsten ist der Plot diesmal aber wesentlich stringenter und ernsthafter erzählt und hält sowohl einen richtig guten, angsteinflößenden Antagonisten als auch deutlich persönlichere Motivationen für die handelnden Figuren bereit. Diese Staffel mag nicht mehr so leichtfüßig sein wie der Serienbeginn, setzt seinen zentralen Plot aber sehr sinnig fort und entwickelt auch die meisten Charaktere in eine spannende Richtung.
Dem sind die Schauspieler nicht immer gewachsen, da sich mittlerweile doch deutliche Schluchten zwischen den wirklichen Talenten des Casts und denen, die diese Entwicklung nicht gemacht haben, auftun. So ist "Godzilla"-Star Millie Bobby Brown als kultige Elfie nach wie vor schlichtweg brillant, während es mehr als erfreulich zu sehen ist, wie wahnsinnig die schauspielerischen Leistungen von Sadie Sink und Gaten Matarazzo gereift sind. Besonders letzterer weiß sich nun nicht mehr nur in perfektem Comedy-Timing zu bewegen (die gemeinsamen Szenen von ihm und Joe Keery sind nach wie vor ein Genuss), sondern überträgt auch die emotionalen Punches seiner Figur absolut packend. Andere bleiben dabei deutlich zurück, was erwartungsgemäß für Noah Schnapp gilt, der in den packenden Tiefen seiner Figur vollkommen überfordert wirkt; als auch leider für "Es"-Star Finn Wolfhard, der in diesen neuen Folgen im Grunde keinerlei schauspielerische Finesse mehr durchscheinen lässt. Die neuen Figuren fügen sich weitestgehend passend zu den alten Bekannten ein, auch wenn manch ein neuer, alberner Sidekick letztendlich doch etwas nervt. Das Ensemble macht im Großen und Ganzen aber natürlich weiterhin jede Menge her und stellt somit, auch weil wir uns mittlerweile mit den Charakteren sehr verbunden fühlen, das Herz der Serie dar.
Und Herz hat diese Serie besonders in der überlangen und prall gefüllten vierten Season absolut, weswegen man ihr einige andere Fehler eher verzeiht. Einige Plotholes sowie der fehlende Mut und eine gewisse Faulheit bezüglich plötzlichen magischen Fähigkeiten und einer gewissen Figur, die im Grunde alles kann, stören zwar, aber lassen sich mit einem zugedrückten Auge verzeihen. Denn die Abenteuer der einzelnen Charaktere sind schlichtweg zu großartig inszeniert, mit zu viel Charme und großen Emotionen vollgepackt, alsdass man dieser Staffel wirklich böse sein könnte. Aus den ärgsten Fehlern wurde gelernt, der Humor trifft an vielen Stellen und das Zusammenbinden der einzelnen Plots funktioniert deutlich schnörkelloser. Hält man diese Richtung bei, könnte uns in einigen Jahren ein sehr spektakuläres Finale einer der größten Netflix-Serien aller Zeiten ins Haus stehen - der Cliffhanger, der dieses bereits anteast, hat jedenfalls eine ordentliche Wirkung entfaltet, welcher die Wartezeit ziemlich schwierig machen dürfte.

Fazit: Nicht frei von Fehlern, aber dennoch deutlich stringenter, charmanter und spannender als die arg veralberte dritte Season. Mit einem packenden Bösewicht, herzlichen Charakteren, einer herausragenden Inszenierung sowie einigen überraschenden Wendungen im Gepäck fesselt die vierte Staffel von "Stranger Things" vor den Bildschirm - auch wenn die überlangen Episoden hin und wieder doch etwas zu gut gemeint sind und manch eine Kürzung sinnvoll gewesen wäre.

Note: 2-



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