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Kopfgeld - Einer wird bezahlen

Tom Mullen (Mel Gibson) ist der enorm wohlhabende Besitzer einer eigenen Fluglinie. Sein Geld wird ihm allerdings zum Verhängnis, als sein Sohn Sean (Brawley Nolte) von einer kriminellen Gruppe entführt wird, die daraufhin zwei Millionen Dollar Lösegeld von Mullens Vermögen verlangen - erhalten sie das Geld nicht, wollen sie Sean töten. Tom und seine Frau Kate (Rene Russo) sind in Panik und auch die ersten Versuche eines FBI-Teams unter der Leitung des Entführungsspezialisten Lonnie Hawkins (Delroy Lindo) ergeben keine zufriedenstellenden Lösungen. Unter dem Druck der Öffentlichkeit und der ständigen Drohungen der Entführer greift Tom schließlich zu einem riskanten Mittel und dreht den Spieß gegen die Kriminellen um...

"Kopfgeld" ist von Anfang an spannend, das sei festzuhalten. Im Vergleich mit der zweiten Hälfte, in welcher der Plot des Films mit einer grandiosen Wendung, die in den Trailern und auch im deutschen Filmtitel leider bereits gespoilert wird, erscheint einem die erste Stunde dieses Thrillers aus der Hand von "Illuminati"-Regisseur Ron Howard aber beinahe gemütlich vor. Schließlich bewegt man sich hier noch weitestgehend in den herkömmlichen Bahnen eines solchen Genre-Thrillers, wobei Howard die altbekannten Mittel dennoch sehr gekonnt nutzt, um die Spannung immer weiter zu erhöhen. Besonders interessant wird "Kopfgeld" abseits der Thriller-Elemente immer dann, wenn er sich Zeit nimmt, das psychische Desaster der Familie genauer zu erzählen. Der Druck, unter dem Tom und Kate stehen, worunter ihre liebevolle Beziehung leidet, das kleine Austarieren von Taktiken... im Zusammenspiel mit einem herausragend agierenden Delroy Lindo als energetischem FBI-Agenten entstehen dabei einige elektrisierende Szenen, gegen welche die etwas langwierigen Momente, die uns die Entführung aus den Augen der Täter sehen lassen, doch eher lauwarm wirken - auch weil die dortigen Charaktere in den meisten Fällen nicht wirklich aufsehenerregend ausfallen.
Ist "Kopfgeld" bis zur Halbzeit also ein guter und spannender, wenn auch nicht wirklich aufsehenerregender Thriller, erreicht er seinen Höhepunkt kurz nach dem Überschreiten der 1-Stunden-Marke... und es ist ein einziger Höhepunkt, der uns bis zum Rollen des Abspanns bleibt. Mit einer hervorragend inszenierten Wendung nach der anderen drückt Howard das Gaspedal immer weiter durch, ruht sich nie zu lange auf einem Versatzstück aus und zaubert förmlich immer wieder ein neues Kaninchen aus dem Hut, welches die Zuschauer*innen überraschen wird. Dabei wirkt der Film niemals überzeichnet, sondern sogar rund und in sich stimmig, obwohl Howard durchaus einige effekthascherische Knalleffekte braucht, um das Adrenalin weiter hochzutreiben. Wenn man dadurch aber so unmittelbar in den Film hineingezogen wird und nervenzerfetzende Hochspannung geboten bekommt, die sich immer wieder selbst übertrifft, ohne dabei zu unrealistisch oder gewollt zu wirken, kann man dem Regisseur zu seiner Inszenierung schlichtweg nur gratulieren. Spätestens während eines wahnsinnig elektrisierenden Finales über gleich mehrere grandiose Knackpunkte hatte ich alles um mich herum vergessen und die Finger fast durchgehend in meine Sofalehne gekrallt, so enorm spannend und treffsicher war das Geschehen auf dem Bildschirm.
Passend zu solch einem elektrisierenden Film agiert dann auch Mel Gibson. Der ehemalige Mega-Star, der in den 90ern mit manch einem Skandal zu kämpfen hatte, spielte sich mit enormer Präsenz zurück in die absolute A-Liga - heute gilt Gibson's Tom Mullen als eine seiner besten Rollen. Das wahnwitzige Duell zwischen ihm und "The Green Mile"-Star Gary Sinise gehört sicherlich zum spannendsten, was man in diesem Genre bislang gesehen hat und treibt beide Parteien zu absoluten Höchstleistungen an. Dabei ist es vor allem eine Freude, Sinise in einer düsteren Rolle zu sehen - als eiskalter Gegenspieler wirkt er dabei auch angenehm bedrohlich, dabei aber auch nicht frei von eigenen Fehlern. Wenn beide Seiten immer wieder über eigene und von anderen aufgestellte Hürden stolpern, um sich anschließend mit einem neuen Trick aufzurappeln, ist das für den Zuschauer beinahe ebenso spannend wie für die beiden auf verschiedenen Seiten agierenden Hauptfiguren. Leidtragende ist dabei erwartungsgemäß "Nightcrawler"-Star Rene Russo, die leider nur wenig mehr zu tun hat, als zuhause um das Leben ihres Sohnes zu bangen und auf die Taten ihres Mannes und der Entführer zu reagieren. Unter den weiteren Antagonisten tummeln sich einige bekannte Namen, leider kann aber nur Lili Taylor in einer ansatzweise doppelbödigen Rolle wirklich in Erinnerung bleiben.

Fazit: Schon kurz nach Beginn ist dieser Thriller von Ron Howard hochspannend, doch schraubt er sich im weiteren Verlauf mit starken Wendungen, einer energetischen Inszenierung und starken Cast-Leistungen immer höher... bis zu einem Finale, welches so mordsspannend ist, dass man alles um sich herum vergisst.

Note: 2



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