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The Card Counter

Mehr als acht Jahre lang saß Bill Tell (Oscar Isaac) in einem Militärgefängnis, nachdem er unter dem Kommando von Major John Gordo (Willem Dafoe) zahlreiche Gefangene in Abu Ghuraib gefoltert hat. Anders als Tell wurde Gordo für seine Taten nie verurteilt und lebt nun als Zivilist. Nach seiner Haftstrafe hat sich Tell dem Glücksspiel zugewandt und finanziert sich sein Leben, indem er als Kartenzähler beim Blackjack und bei diversen Pokerrunden kleine Beiträge gewinnt, die ihm nicht die Aufmerksamkeit der Casino-Security zuteil werden lassen können. Eines Tages erhält er jedoch durch einen Tipp des jungen Cirk (Tye Sheridan) die Möglichkeit, sich an Gordo zu rächen. Doch Tell selbst scheint an solch einer Rache mittlerweile kein Interesse mehr zu haben und möchte selbst für seine eigenen Fehler aus der Vergangenheit geradestehen...

Ein wenig krude wurde "The Card Counter" als eine Mischung aus Kartenzähler-Casino-Film und Militär-Thriller beworben. Und obwohl das im Kern stimmt, könnte dieser Film nicht weiter von Mainstream-Ware wie "21" entfernt sein. Beide Filme teilen sich zwar die Prämisse eines Kartenzählers in Casinos und viele Szenen spielen sich dementsprechend an Spieltischen ab. Wahnwitzige Pokeraction bekommen wir hier jedoch ebenso wenig zu sehen wir hochspannende Thriller-Kost und das liegt in der Natur seines Protagonisten begründet. Der will nämlich wirklich keine weitere Aufmerksamkeit auf sich ziehen und spielt nur, weil es ihm Freude macht und er die Zeit, die ihm noch bleibt, eigentlich nur mit etwas vertreiben will, was ihn glücklich macht. Es geht ihm nicht ums Geld, es geht ihm nicht um den Kick - er hat nur eine wohltuende Ablenkung gefunden, die ihn nicht mehr dauerhaft an seine Sünden aus der Vergangenheit denken lässt. Und um die geht es dann letztendlich im Kern... beziehungsweise um den Mann, der sie begangen hat und dessen Psyche, die aufgrund seiner Taten in Abu Ghuraib merklich angeknackst ist.
Vor dem Gesetz hat Tell für seine Taten bezahlt, doch für diesen Mann selbst scheint das nicht genug. Die Bilder verfolgen ihn und obwohl Tell immer wieder schwört, dass diese Zeit seines Lebens vorbei ist und nicht mal die mögliche Rache an seinem Vorgesetzten für ihn ein Thema ist, ist er damit noch lange nicht durch. Wir sehen hier also ein Psychogramm eines Mannes, der sowohl von seiner Zeit in Abu Ghuraib als auch durch seine Jahre im Gefängnis gezeichnet wurde. Besonders eindrücklich wird dies erzählt, wenn Tell zu Beginn erklärt, dass ihm gerade der geregelte Alltag im Knast gefallen hat - jeden Tag dasselbe, er weiß immer, woran er ist. Das überträgt er schließlich auch auf sein Leben nach dem Gefängnis: Er hat kein Ziel, er tut immer dasselbe, über die Spiele in den Casinos bis hin zur penibel genau durchgeführten Ankunft in einem Motelzimmer. Und Regisseur Paul Schrader überträgt diese strikt durchgeplante Nummer auch auf seinen Film: Er spult im Grunde immer wieder die gleiche Abfolge von Ereignissen ab und lässt uns so verstehen, was Tell will, was er braucht und was er eigentlich tun muss.
Durch das Einmischen zweier Personen wird dieser strikte Alltag durcheinandergebracht und "The Card Counter" wird ein wenig aufgerüttelt, behält sich jedoch seinen unaufgeregten und deswegen manchmal so unangenehmen Inszenierungsstil. Dass ein Ausnahme-Schauspieler wie Oscar Isaac, der nach seinem Mitwirken in den beiden Mega-Franchises "Star Wars" und dem Marvel Cinematic Universe einer der ganz großen Next Men in Hollywood zu sein scheint, in dieser leisen, beinahe gänzlich stillen Rolle absolut aufgeht, versteht sich von selbst. Er gibt seinen Bill Tell als einen Mann, der durch seine perfekt austarierten Abläufe manchmal unheimlich wirken kann, der aber auch eine beruhigende Aura ausstrahlt, in dessen Augen aber auch ein gewisser Wahnsinn und eine unvorstellbare Trauer blitzen. Eine brillante Leistung von Isaac, gegen welche "X-Men"-Star Tye Sheridan erwartungsgemäß nicht ganz ankommen kann - trotzdem überzeugt auch er mit einer streckenweise elektrisierenden Darbietung. Das einzige Fragezeichen bleibt das Engagement von Tiffany Haddish als einzige relevante Frauenfigur. Nicht findet das Skript niemals wirklich einen glaubwürdigen Grund für ihre enorme Präsenz in der Geschichte, auch wirkt Haddishs Performance im Vergleich zu Sheridan und Isaac auch merkwürdig schrill und somit ein wenig deplatziert.

Fazit: Ein unaufgeregtes, kühles Drama über die Psyche eines leidenden Mannes, der in einem ewigen Kampf mit seinen Sünden schwelgt. Sperrig, unangenehm und dennoch von inszenatorischer Schönheit, dürfte die Langsamkeit eines falsch beworbenen Films viele Zuschauer abschrecken.

Note: 3+



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