Direkt zum Hauptbereich

Voll verheiratet

Nach nur zehn Monaten von einer offensichtlich heiteren, herzlichen Beziehung geben sich der Radiomoderator Tom Leezak (Ashton Kutcher) und seine aus reichem Hause stammende Freundin Sarah McNerney (Brittany Murphy) das Ja-Wort. Doch mit den gemeinsamen Flitterwochen fangen die Schwierigkeiten an und ihre Beziehung wird auf mehrere eklatante Proben gestellt, die Tom mit der Zeit immer mehr durchdrehen lassen. Der stört sich nämlich nicht nur an Brittanys Verehrer Peter Prentiss (Christian Kane), sondern vermisst auch seine Freiheiten... was die Flitterwochen über mehrere Etappen zu einem einzigen Chaos werden lässt.

Eine kleine Vorab-Information: Ich werde in dieser Kritik diverse Einzelszenen und "Wendungen" spoilern, da ich mit Nachdruck und möglichst konkreten Beispielen untermalen will, warum dieser Film so problematisch ist. Ich halte die Spoiler in dieser Review prinzipiell für kein Problem, da "Voll verheiratet" im Grunde sattsam nach allen bekannten RomCom-Schemata abläuft, doch für alle, die das anders sehen, wurde die Warnung ausgesprochen - springt dann lieber bis zum Fazit. Für alle anderen dürfte sich dann ab jetzt eine ziemlich zornige Parade entfalten, denn was ich in "Voll verheiratet" gesehen habe, hatte mit dem normalen Menschenverstand nichts mehr zu tun. Dies ist ein Film, der mit nur winzigen Veränderungen in Sachen Musikuntermalung und Schnitt sogleich als knallhartes Psycho-Drama verkauft werden könnte... und auch in dieser Form wäre es maßlos überzeichnet und vollkommen irre, sodass man schon eher in die Richtung Horror-Trash gehen könnte. Aber nein, das hier soll tatsächlich eine herzliche RomCom sein, die unsere romantischen Gefühle weckt, uns lachen und kichern lässt. Und das kann einem wirklich Angst machen.
Frauen, Männer, Menschen - stellt euch doch bitte einfach mal vor, ihr würdet, wieso auch immer, in einer Beziehung mit Tom Leezak landen. Ein Mann, der dich aus nichtigen oder keinerlei Gründen als Hure, Schlampe und Mistratte bezeichnet. Ein notorischer Lügner, der zu kaum einem Zeitpunkt die Wahrheit sagt (es sei denn, er wird dazu gezwungen), der dich mit einer Wildfremden betrügt, während ihr in den gemeinsamen Flitterwochen seid. Er ist extrem gewalttätig, wahnsinnig aggressiv, manipuliert die schönsten Tage eures Lebens, ist undankbar gegen eurem Vater, der ihm finanziell auszuhelfen versucht. Er schaut lieber allein in einer dreckigen Kneipe ein Fußballspiel an, fragt bei der Ankunft im Hotelzimmer zuerst nach dem Fernseher, agiert vollkommen geisteskrank, schreit ständig, greift euch mit einem Schürhaken an und tötet sogar euren Hund (worüber er euch ebenfalls anlügen wird). Wem bei dieser Beschreibung ein kalter Schauer über den Rücken läuft und solch einen Soziopathen eher in einem kruden Thriller als Antagonist sehen würde, hat nicht einmal Unrecht. Es ist aber tatsächlich der Protagonist einer Hollywood-RomCom, dem wir als Zuschauer*innen folgen sollen - er soll tatsächlich der Sympathieträger sein.
Hätte man diesen ekelhaften Typen, der eher hinter Gitter als in die Arme einer naiven, offensichtlich emotional völlig verklärten Frau gehört, hinterfragt oder einfach abserviert, es hätte "Voll verheiratet" zumindest ansatzweise gerettet. Die Macher scheinen diesen Tom Leezak jedoch als den typischen, tollpatschigen Helden zeichnen zu wollen und erstellen dabei ein angsteinflößendes Bild. Alle anderen Kritikpunkte, die man an diesem Film findet, wirken dagegen völlig unwichtig, doch der Vollständigkeit halber seien sie hier noch kurz erwähnt, als da wären: Dämliche Furz- und Klischee-Gags (was wäre eine US-RomCom zum Jahrtausendbeginn nur ohne sie?), müde Schauspieler*innen, eine immer gleiche Musikuntermalung inklusive schmalziger Popsongs, überzeichneter Gaga-Slapstick, Sexismus, Rassismus und eine zahnlose Aneinanderreihung chaotischer Ereignisse ohne einen einzigen Lacher. Das ist ein Film, der Angst macht und der deswegen von jedem, wirklich jedem, gesehen werden sollte. Man kann sich nämlich (und sollte sich) herzlich darüber aufregen und bitterfroh sein, dass Filme wie dieser zu unseren heutigen Zeiten sehr selten geworden sind. Denn das hier ist wirklich nur ekelhafter Mist, vollkommen verlogen, langweilig und schlichtweg menschenverachtend. 

Fazit: Trotz der niedrigsten Wertung wünsche ich mir, dass sich jeder "Voll verheiratet" ansieht - als perfektes Beispiel für einen niederen Film, der Sexismus in solch einer angsteinflößenden und widerlich-manipulativen Weise honoriert, dass man wirklich den Glauben verlieren kann. Ein Film wie ein markerschütternder, überzeichneter Horror-Thriller, der jedoch tatsächlich eine Romantic Comedy sein soll. 

Note: 6



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se