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Ms. Marvel

Die sechzehnjährige Kamala Khan (Iman Vellani) ist eine ganz normale Jugendliche, die sich in ihrem Alltag mit den üblichen Problemen ihres Alters herumschlägt: Familie, Schule, süße Jungs und die hohen Erwartungen, die die Menschen um sie herum in sie setzen möchten. Statt einem Studium und dem ewigen Lernen für einen Job, den sie gar nicht will, träumt Kamala aber vom Superhelden-Dasein und würde am liebsten ihrem großen Idol Carol Danvers (Brie Larson) nacheifern. Und diese Chance scheint sie plötzlich zu erhalten, als sie von ihrer Großmutter Najma (Nimra Bucha) einen mysteriösen Armreif erbt, welcher ihr spezielle Fähigkeiten verleiht. Während Kamala und ihr bester Freund Bruno (Matt Lintz) versuchen, mehr über den Armreif und auch über die Vergangenheit der Khan-Familie herauszufinden, werden mehrere Organisationen auf die neue Heldin aufmerksam und nicht alle verfolgen dabei positive Ziele...

Am vergangenen Wochenende offenbarte Kevin Feige auf der diesjährigen Comic Con den großen Fahrplan für die beiden kommenden Marvel-Phasen Fünf und Sechs - inklusive einem weiteren "Avengers"-Mega-Doppel im Jahr 2025, welches hochumjubelte Storys aus den Comics aufgreifen und dabei sicherlich in die gigantischen Fußstapfen von "Infinity War" und "Endgame" treten will. Mit dem Hinblick darauf, dass Feige seine bislang ja doch eher ohne richtigen roten Faden verlaufende vierte Phase des Marvel Cinematic Universe nun doch auf ein großes, weiteres Klassentreffen hinarbeitet, konnte ich "Ms. Marvel" deutlich mehr genießen. Im Kern macht diese Serie nicht viel anders als die bisherigen Filme und Serien der vierten Phase: Wieder eine neue Geschichte, weitestgehend in sich abgeschlossen und ohne wirkliche Aussichten, woraufhin das alles im Großen und Ganzen hinauslaufen soll. Im direkten Vergleich zu dem völlig abgedrehten "Moon Knight" sowie dem die Kontrolle über die Multiverse-Storyline verlierenden zweiten "Doctor Strange"-Film, bleibt "Ms. Marvel" aber deutlicher auf dem Boden und erzählt eine relativ simple Geschichte mit dem altbekannten Marvel-Charme.
Besonders überzeugend sind dabei, und das war ja zu Zeiten der Infinity-Saga immer Marvels große Stärke, die Figuren. Kamala Khan ist ein Charakter, mit dem ich mich spielend leicht identifizieren konnte und Iman Vellani's leichtfüßige Leistung ist dabei wirklich mehr als charmant. Auch die Nebenfiguren machen ihre Sache außerordentlich: Kamalas Familie wird nicht, wie es womöglich in anderen Filmen der Fall gewesen wäre, zu einer Gruppe von Knallchargen reduziert, sondern besitzt trotz aller Lacher, die sie auf sich vereinen, wahnsinnig viel Herz. Durch sie erfahren wir, in dem Bestreben des Franchise, deutlich diverser zu werden, auch mehr über die pakistanische Kultur und erleben die Probleme eines jungen Mädchens, die sich bisweilen von denen Gleichaltriger unterscheiden. Auf ziemlich clevere Art und Weise verbindet "Ms. Marvel" auch die wahre Historie Pakistans mit der fiktiven Geschichte der Serie, ohne dabei an Charme einzubüßen. Einzig die Antagonisten bleiben deutlich zurück, da es die Show in der zweiten Hälfte mit in den Ring geworfenen, mysteriösen Organisationen doch etwas übertreibt und zu viele Figuren einführt.
Das sorgt dann auch für ein etwas heikles Storytelling, denn während man sich innerhalb der ersten zwei Folgen sehr viel Zeit lässt, Kamala Khan einzuführen, fehlt diese Zeit später, wenn der Plot sich förmlich überwerfen muss mit allerlei Wendungen und neuen Charakteren. Und das ist auch ein wenig das Problem der Marvel-Serien, die eigentlich simple Storys auf mehrere Episoden strecken müssen, sich dann verhaspeln und doch nicht so richtig groß werden... weil man sich die wirklich epischen Sachen natürlich für die Kinofilme aufsparen will. Das Verhältnis stimmt hier also nicht ganz und auch die Computereffekte wirken deutlich weniger überzeugend als in den Kinofilmen rund um Spider-Man, Shang-Chi und Co. Dank des diesmal deutlicher geerdeten und nicht mehr so albernen Humors, einer menschlicheren Geschichte und auch dank einiger knackiger Actionszenen, die mit Witz und einer gewissen Größe auftrumpfen können, fühlte ich mich aber durchweg gut unterhalten. Zahlreiche Anspielungen auf andere Helden, Figuren und Ereignisse des Marvel-Universums lassen zudem auch wieder eine engere Verstrickung mit dem Franchise zu, sodass es deutlich einfacher ist, diese neue Heldin als Teil des Ganzen zu sehen. Ich freue mich jedenfalls schon sehr, mehr von ihr zu sehen... nächstes Jahr dann, an der Seite ihres großen Idols.

Fazit: Leichtfüßige, charmante Serie, die endlich wieder den Atem des Marvel-Kosmos versprüht und vor allem dank interessanter, sympathischer Figuren überzeugt. Das Verhältnis zwischen Character Development und etwas zu verschluderter, aufgeblasener Geschichte stimmt nicht ganz, doch das Tempo ist stets hoch genug, um solcherlei verzeihen zu können.

Note: 3+



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