Bobby Leiber (Billy Eichner) ist vierzig Jahre alt, schwul und ein feuriger LGBTQ+-Aktivist. Da er aufgrund seiner Sexualität und seiner Ansichten jedoch immer wieder enttäuscht und zurückgewiesen wurde, ist aus ihm ein Zyniker geworden, der seinen Frust in einem millionenfach abonnierten, beliebten Podcast rauslässt. Zudem steht die Eröffnung eines historischen LGBTQ+-Museums auf dem Plan, welches den Menschen mit Bobby als Leiter endlich die Augen bezüglich der in Vergessenheit geratenen und verdrängten queeren Geschichte öffnen soll. All dieser Stress, der Bobby erneut vor Augen führt, dass sie die Gesellschaft in diesen Themen noch immer verklemmt und rückständig agiert, setzen dem Podcaster ordentlich zu... bis er auf einer Party die charmante Sportskanone Aaron (Luke Macfarlane) kennenlernt. Der stellt Bobbys eigentlich sehr einsames und dennoch durchweg durchgeplantes Leben nämlich ziemlich auf den Kopf, obwohl er es gar nicht so sehr darauf anlegt.
Das muss man sich erstmal vorstellen: "Bros" ist tatsächlich die erste Gay-RomCom von einem großen Hollywood-Studio, die das Licht der Kinoleinwände erblickt hat. Man hätte meinen müssen, dass wir in dieser Hinsicht doch schon etwas weiter sind, aber nein... bisher waren gleichgeschlechtliche Romanzen als Fokus einer Geschichte eher für den Dramasektor gut (worauf in diesem Film übrigens immer wieder süffisant angespielt wird). Man darf natürlich davon ausgehen, dass wir von diesem "neuen" Genre in naher Zukunft noch viel mehr sehen werden und es ist vermutbar, dass diese Filme dann eher wieder dem typischen RomCom-Standard entsprechen... ganz anders als dieser freche und herzliche Streifen. Denn der erzählt nicht nur eine herzerwärmende Liebesgeschichte (inklusive einiger Klischees, die man gerade gegen Ende gern hätte vermeiden dürfen), sondern macht es sich auch noch zur Aufgabe, das Publikum in Sachen queere History so richtig durchzurütteln. Man kann "Bros" also gewissermaßen als einen wichtigen Aufschrei verstehen, der getarnt als freche RomCom daherkommt und dabei das Herz ebenso anspricht wie das Hirn.
Und ich war bereit, diesen Film zu mögen... einfach auch, weil die Zeit dafür schon lange vorher gekommen war. Deswegen war ich zu Beginn auch ein wenig enttäuscht, dass ich aufgrund der Hauptfigur erhebliche Probleme hatte, in den Rhytmus einzusteigen. Das hat mich tatsächlich verwundert, da ich mich selbst ebenfalls als Zyniker erachte und viele der Probleme, die dieser Bobby mit sich bringt, auch mein eigenes Leben betreffen. Die extrem negative Grundeinstellung, die in einem endlosen Plappern über die gesamte Popkultur kulminiert, empfand ich jedoch als arg anstrengend... auch weil der Zitierwahn von dutzenden Filmen, die bezüglich der LGBTQ+-Gemeinschaft viel falsch gemacht haben, doch ein wenig überzogen und penetrant daherkommt. Mit der Zeit änderte sich dies jedoch, da Bobby selbstverständlich einiges über sein Leben lernt und er daher nahbarer wird, ohne aber gleich seinen Zynismus stecken zu lassen. Ein Gespräch über vorgespieltes oder echtes Selbstbewusstsein liefert dabei den Knackpunkt, welche uns diese Figur endlich nahebringt. Das gibt keine komplette, unrealistische Kehrtwende, weswegen er (zum Glück) weiterhin ein meckernder Kerl sein darf, der sich zu gerne über Kleinigkeiten aufregt. Es macht diesen Bobby aber eben auch wesentlich greifbarer. Und ab diesem Zeitpunkt läuft "Bros" dann weitestgehend rund.
Die typischen Tücken des Genres kann der Film aber ohnehin nicht umschiffen und hat das (wenn man mal von der cleveren Selbstreflexion absieht) wohl auch gar nicht vor. Man kann sich also über die doch sehr argen Klischees, wenn sogar Songs angestimmt werden, durchaus ärgern... aber man kann auch einfach argumentieren, dass sich die LGBTQ+-Community eben auch mal so einen Film verdient hat, bei dem der Kitschfaktor weniger zählt als das Herz, welches einem dabei aufgeht. Und das tut es, sobald man sich an Bobby hängen und auch die anderen, durchaus charmanten Charaktere kennen und lieben lernen konnte. Das gleicht dann zwar manch eine Länge nicht aus, wenn der Film doch etwas sehr schematisch im letzten Drittel durch die typischen Höhen und Tiefen des Genres gleitet, die man so schon zigfach gesehen hat. Dafür steigen aber auch diese altbekannten Manirismen aufgrund der Doppelbödigkeit der Handlung positiv an, wenn eben diese Klischees mit dem aktuellen Zeitgeist in Verbindung gebracht werden, was ebenso schelmisch wie clever wirkt. So übt "Bros" durchaus mutig auch Kritik an seiner Hauptfigur, wo es denn gerade angebracht ist und kommt nicht wie ein aggressiver Archetypus daher. Das ist dann insgesamt schon sehr fein austariert und daher ein erster großer, beachtenswerter Wurf für das Genre... wenn man bedenkt, dass es einen solchen Film in dieser Form noch nie (!) zuvor gegeben hat.
Fazit: Ich brauchte eine Weile, um mit der arg zynischen Hauptfigur und den sehr plappernden Dialogen warm zu werden. Doch nach einer kurzen Eingewöhnungszeit hatten mich der Charme des Films, seine kluge Abhandlung in Verbindung mit RomCom-Klischees sowie der flotte Stil der Inszenierung ziemlich gut im Griff.
Note: 3+
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