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Kultige Stop-Motion: Filmkritik zu "Der fantastische Mr. Fox"

Der schlaue Fuchs Mr. Fox ist förmlich prädestiniert darauf, ein Meisterdieb zu sein. Seiner Gattin behagt dieser Job jedoch nicht, da sich ihr Mann dadurch immer wieder in Gefahr bringt. Nach der Geburt ihres ersten, gemeinsamen Kindes verspricht Fox daher, diese Arbeit an den Nagel zu hängen und einem geregelten Tagewerk nachzugehen - das bringt zwar weniger Geld, aber auch mehr Sicherheit für die Familie. Doch dann klopft ein vielversprechender Job an die Tür, den Fox einfach nicht ablehnen kann - er soll die drei Großbauern Grimm, Gräulich und Grob in einer riesigen Aktion überfallen. Diese sind zwar bis an die Zähne bewaffnet, doch ihre Höfe versprechen sehr viel Gut. Mit der Annahme des Jobs bringt Fox jedoch nicht nur sich und seine Familie, sondern alle in der Nähe lebenden Tiere in große Gefahr...

Wes Andersons Stop-Motion-Verfilmung von Roald Dahls beliebtem Buchklassiker sorgte im Jahr 2010 für allerlei Jubelstürme - Kritiker waren begeistert und am Ende winkten sogar zwei begehrte Oscarnominierungen, auch wenn der Film die Preise für den besten Animationsfilm und die beste Musik letztendlich nicht gewinnen konnte. Beide Trophäen wären jedoch mehr als verdient gewesen, denn wer Andersons Inszenierungsstil ohnehin mag, bekommt hier alles, was daran geliebt wird: Eine spannende Geschichte voller herzlicher Figuren, bei denen teils sehr düstere Themen besprochen werden, aber dennoch genug Raum für viel Humor und flotte Action bleibt. Das ist kein Vergleich zu den bunten Werken der Disney Studios beispielsweise, sondern ist wesentlich schärfer erzählt... und damit vielleicht nicht für alle jüngeren Zuschauer etwas. Das weiß man aber im Grunde, wenn man einen Film von Wes Anderson zur Sichtung heranzieht, denn dieser eigenwillige und gerade deswegen so treffsichere Stil beherrschte ja auch seinen späteren Stop-Motion-Film "The Isle of Dogs".
Vor allem ist es erstaunlich, wie viele Figuren Anderson erschaffen kann, die locker als Klischee durchgegangen wären, durch sehr kleine, feine Einzelheiten aber eine enorme Tiefe gewinnen, die oft nur zwischen den Zeilen sichtbar ist. Besonders herausragend ist dabei die Beziehung von Fox' Sohn und dessen Cousin, die erst als recht simple Konkurrenz-Geschichte begonnen wird, um dann später auf viele Arten und Weisen Schlenker zu bekommen, die schlichtweg wunderbar erzählt sind. Das ist dann zwar alles nicht unbedingt überraschend und generell ist der Plot relativ vorhersehbar, lebt aber dafür von all den stilistischen Einzelheiten, die "Der fantastische Mr. Fox" zu einem wahren Kunstwerk werden lassen. Der grandiose Soundtrack, der quasi zum Mitwippen einlädt und ganz wunderbar "indie" wirkt, untermalt zahlreiche kreative Szenen, die nicht zwingend unseren Sehgewohnheiten entsprechen und dennoch eine enorme Kraft erfahren: Ob witzig, traurig oder nachdenklich, alles wirkt hier wie aus einem Guss. Die Qualität der kleinen und großen Witzchen ist dabei wirklich gut - Anderson zielt selten auf die ganz großen Lacher ab, erschafft dafür mit seinen schrulligen und herzlichen Figuren quasi ein dauerhaftes Schmunzeln auf den Gesichtern des Publikums.
Einige kleine Kritikpunkte gibt es dennoch, auch wenn ich mich ansichtlich des schieren Herzblutes, welches in dieses Projekt floss und quasi durchgehend zu spüren ist, ein wenig schwer damit tue, diese anzubringen. So ist der Knackpunkt der visuellen Pracht dieses unverbrauchten Stils immer wieder auch ein kleiner Stein im Fuß - Anderson verlässt sich sehr oft auf bestimmte Bilder und Choreos und wiederholt diese auch etwas zu oft, was ein wenig zu stilverliebt wirken kann. Charmant sind diese Momente zwar durchweg, aber sie entbehren nicht immer dem Verdacht eines gewissen Substanzverlusts gegenüber den Stilmitteln. Auch konnte ich nicht zu allen Charakteren eine Bindung aufbauen und gerade die drei Bösewichter bleiben im Grunde vollkommen farblos. Im direkten Kontrast stehen die wesentlich bunteren Hauptfiguren, die immer wieder auch angenehm ambivalent gezeichnet werden, ohne dabei aber das jüngere Publikum zu überfordern. Wie in einem überdurchschnittlichen Pixar-Film können die Kids hierbei durchaus ihren Spaß haben, während erwachsene Zuschauer ganz eigene Erfahrungen entdecken, die den Sprösslingen womöglich entgehen. Das ist schon eine Kunst, die nur wenige Animationsfilme beherrschen, weswegen Wes Andersons "Der fantastische Mr. Fox" trotz einiger kleiner Schwächen durchweg eine Empfehlung wert ist.

Fazit: Trotz einiger Stilmittel, die vielleicht etwas zu überdrüssig eingesetzt werden, ist die Verfilmung von Roald Dahls Kinderbuch ein charmanter Stop-Motion-Film mit sehr viel Herz und Kreativität, der von Wes Andersons genialen Einfällen lebt. 

Note: 2-



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