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Waltz erneut als Kopfgeldjäger: Filmkritik zu "Dead for a Dollar"

Im Jahr 1897 wird der Kopfgeldjäger Max Borlund (Christoph Waltz) von dem Geschäftsmann Martin Kidd (Hamish Linklater) damit beauftragt, dessen Frau Rachel (Rachel Brosnahan) zu finden - diese sei von dem Deserteur Elijah Jones (Brandon Scott) gekidnappt und über die Grenze nach Mexiko gebracht worden. Borlund nimmt den Auftrag an und erhält zudem die Unterstützung des Soldaten Alonzo Poe (Warren Burke). Auf dem Weg müssen die beiden jedoch erkennen, dass sie in Gebiet eindringen, welches mit Waffengewalt beherrscht wird... und dass die Entführung, von welcher Kidd erzählt hat, womöglich gar nicht so ist, wie sie zunächst scheint.

Ich bin zwar (noch immer) kein großer Western-Fan, aber die Besetzung des zweifachen Oscarpreisträgers Christoph Waltz sowie des ohnehin immer genialen Willem Dafoe machten mich durchaus ein wenig neugierig auf diesen Film. Obwohl es ja durchaus etwas traurig ist, dass Waltz' Filmografie in den letzten Jahren erstaunlich wenig Prunk zu bieten hatte, wenn man bedenkt, dass seine Auftritte in Wes Andersons "The French Dispatch" oder dem letzten Bond-Abenteuer "Keine Zeit zu sterben" ja doch eher kleinerer Natur waren. Und nun wird sogar Waltz noch ins Direct-to-DVD-Fach geschoben, denn der Western erhielt in Deutschland nicht mal einen Kinostart. Das sagt natürlich erstmal wenig über die Qualität des Streifens aus, sondern dürfte eher daran liegen, dass das Genre in den Lichtspielhäusern schon seit vielen Jahren nicht mehr wirklich zieht. So richtig spielfreudig wirkt Waltz aber auch diesmal nicht - da konnte ein Quentin Tarantino noch wesentlich mehr Zündstoff aus dem österreichischen Schauspieler herausholen, während er hier zwar immer noch seinen unnachahmlichen Habitus besitzt, aber doch merklich mit gebremstem Schaum fährt.
Da erweist sich dann schon eher "John Wick"-Star Willem Dafoe als eine Art heimlicher Scene Stealer - obwohl seine Rolle eher klein ausfällt und für den Verlauf der Handlung deutlich unwichtiger ist als zuvor erhofft, so reißt er dennoch jede Szene an sich und muss sich dafür nicht mal sonderlich anstrengen. Dafoe wirkt freier und ungehemmter als der doch in den engen Stricken seiner Figur gefangenen Waltz. Womöglich war der alte Haudegen Walter Hill auf dem Regiestuhl aber auch wenig an einer tieferen Charakterisierung seiner Figuren interessiert: Obwohl er in der zweiten Hälfte ein recht interessantes Geflecht aus verschiedenen Beziehungen der vielen Charaktere untereinander aufbaut, nachdem er sie zuvor fein säuberlich aufs Brett geschoben hat... so richtig in Schwung kommt die Sache nie und verläuft eher nach den altbekannten Schemata. Anders als in vielen aktuelleren Western geht es hier aber weniger um eine Reise, sondern um einen glasklaren Thriller - so besteht die zweite Hälfte des Films nicht mehr aus kleinen Abenteuern, sondern aus dem stetigen Belauern der Figuren sowie den letztlich natürlich ebenfalls abgefeuerten Gewehrsalven.
Die wenigen Actionszenen inszeniert Hill routiniert, aber ohne echte Gravitas. Ihm war offenbar viel daran gelegen, einen in jeder Hinsicht nostalgisch angehauchten Western darzulegen - dafür sprechen die Inszenierung der Bilder (die mit einem starken Braunfilter versehen sind) sowie die recht simpel gestrickten Konflikte der Figuren untereinander. Und für Freunde des Genres, die auf so etwas eben durchaus mit nostalgischen Gefühlen zurückblicken, könnten all diese Versatzstücke durchaus funktionieren. Ich hingegen empfinde zwangsläufig wenig Nostalgie beim Betrachten weiter Steppen, reitender Cowboys und stoischer Pistolenduelle, da mich das Genre seit jeher eher kaltgelassen hat. Dennoch ist es beachtlich, wie ungehemmt Hill diese alten Klischees (und in dieser Hinsicht möchte ich das Wort "Klischee" positiv verwenden) in die Neuzeit herüberrettet, ohne sie in irgendeiner Form einem aktuellen Zeitgeist anzupassen. Das mag für manch einen Aufschrei sorgen, doch ist es auch mal erfrischend, einen Film zu sehen, der ganz klar den "alten Zeiten" nacheifert und nicht vorhat, diese zu verbiegen. Wie gesagt, das löst in mir zwar nichts aus, doch könnte Western-Fans durchaus gefallen... denn die bekommen einen rauen Film geboten, der zwar nichts Neues erzählt, aber durchaus den Geist vergangener und unvergessener Werke atmet.

Fazit: Western zünden bei mir selten und "Dead for a Dollar" ist dabei keine Ausnahme. Für mich war das Verlassen auf altgediente Manirismen wenig wert, doch Freunde des Genres dürften an diesem nostalgischen Ritt sicherlich mehr Gefallen finden.

Note: 4+



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