Der Psychiater Phillip Clark (Casey Affleck) erfährt geschockt vom Selbstmord seiner Patientin Daphne Flagg (Emily Alyn Lind). Kurz darauf steht Daphnes Bruder James (Sam Claflin) vor der Tür der Familie Clark - diese bitten ihn herein, um ihn in diesen schweren Stunden beizustehen. Wenig später sieht sich Phillip mit einer Schmutzkampagne gegen seine Person konfrontiert, was letztendlich sogar seinen Beruf gefährdet. Obwohl er anfangs keine Ahnung hat, wer so gegen ihn vorgehen würde, erhärtet sich sein Verdacht schließlich gegen James. Denn der ist auch schon dabei, sich Phillips Frau Grace (Michelle Monaghan) und seiner Tochter Lucy (India Eisley) zu nähern und scheint die Familie dabei systematisch zu unterwandern...
Die Geschichte, die dieser Psycho-Thriller erzählt, ist nicht wahnsinnig neu - ein Patient, der sich an seinem Psychiater rächt. Nun ist es in diesem Fall allerdings kein Patient, sondern ein einer verstorbenen Patientin nahestehender Mensch, welcher mit ihrem Tod offensichtlich nicht umgehen kann und deswegen einen Schuldigen sucht. Überraschenderweise macht "Every Breath You Take" aus der Figur des James Clark ein ziemlich deutliches Geheimnis... oder braucht zumindest sehr lange, um dessen wahre Wesenszüge letztendlich wirklich aufzuzeigen. Der Trailer deutet ja bereits eine klare Richtung an und auch dem Publikum ist deutlich schneller als den Protagonisten klar, dass von diesem mysteriösen James Flagg nichts Gutes zu erwarten ist. Der Spannungsaufbau gelingt deswegen nur sehr, sehr halbherzig - das große Geheimnis, wer denn nun hinter der Schmutzkampagne steckt, ist im Grunde keines und dennoch behandelt das Drehbuch es als solches.
Das mag dann oftmals zu einigen Temposchwierigkeiten führen und letztendlich ist "Every Breath You Take", da er die Katze sehr früh überdeutlich aus dem Sack lässt, viel weniger spannend als offenbar gewollt. Das macht am Ende aber gar nicht so viel aus, denn generell ist der Film immer noch ein atmosphärisch dichter, zu weiten Teilen zurückgenommen agierender Thriller, der auch recht gekonnt mit den ambivalenten Zügen seiner Hauptfiguren spielt. Auch die dunklen Seiten der Protagonisten werden dabei durchweg thematisiert, sodass der Film nicht zu einer banalen Jagd auf einen einzigen, bösen Mann verkommt. Sowohl Psychiater Phillip als auch seine Frau und seine Tochter schleppen ihre eigenen Dämonen mit sich herum, die teilweise aufgrund des neu in ihr Leben tretenden Mannes erneut angefacht werden. Dank einer stilsicheren Inszenierung mit atmosphärischen Bildern wirkt das Ganze, obwohl es leidlich vorhersehbar ist, sehr stimmig und rund und hält zumindest im weiteren Verlauf der Geschichte auch ein paar kleine, fiese Überraschungen bereit.
Dass sich der Film dann auf den letzten Metern doch sehr arg in einen Klischee-Slasher verwandelt, stößt hingegen etwas sauer auf - das hätte man durchaus feiner auflösen können. Und auch die Performance von "Die Tribute von Panem"-Star Sam Claflin wandelt sich dabei in ein ziemlich obskures Überchargieren, welches sich am ehesten mit der Performance von Jared Leto als Joker in "Suicide Squad" vergleichen lässt - das ist dann schon ein sehr dick aufgetragener und zum eher ruhigen Rest des Films nicht wirklich passender Kontrast. Umso positiver jedoch die Auftritte des restlichen Casts, bei dem sogar eine in anderen US-Produktionen oft ziemlich blass agierende Veronica Ferres nicht abfällt. Besonders stark agiert die junge India Eisley, die in ihrer sensiblen Performance genau den Grad eines verunsicherten Teenagers trifft: Mal etwas tapsig, mal traurig, zornig und oftmals schlichtweg verwirrt von sich und ihrem Leben - das wirkt sehr, sehr glaubwürdig und herzlich. Und dann wäre da natürlich noch Oscarpreisträger Casey Affleck, den wir leider seit den Vorwürfen gegen seine Person nur noch in eher kleinen, unbeachteten Genre-Werken gesehen haben. Seine Darstellung als übermüdeter, in sich selbst gefangener Psychiater, der sich eigene Vorwürfe macht und dennoch gegen eine Bedrohung von Außen kämpft, die er selbst noch begünstigt hat, ist in jeder Faser absolut beeindruckend.
Fazit: Etwas unentschlossener Thriller, der trotz ganz starker Darstellerleistungen und einer atmosphärisch dichten Inszenierung ein wenig darunter leidet, dass er ein Geheimnis aufmacht, aber dieses kaum als solches behandelt. Das macht den Film, trotz einer solide anziehenden Spannungsschraube und ambivalenten Figuren, durchsichtiger als er sein sollte.
Note: 3
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