In London fließt eine Menge Blut. Der Tod des chinesischen Botschafters auf englischem Boden sorgt für unheilvolle Schwankungen in der Politik. Kurz darauf werden auch drei weitere Menschen ermordet - darunter auch Jason (Andrew Koji), der seit einiger Zeit eine Affäre mit der Geheimagentin Helen Webb (Keira Knightley) hatte. Helen betrog mit ihm auch ihren Ehemann, den Verteidigungsminister Wallace Webb (Andrew Buchan) und sieht sich nun selbst als mögliches Ziel für weitere Anschläge. Um herauszufinden, wer hinter den Morden steckt und wer eigentlich ganz oben die Fäden zieht, beordert Helens Vorgesetzte Reed (Sarah Lancashire) den seit Jahren im Geschäft agierenden Sam Young (Ben Whishaw), welcher der Sache auf den Grund gehen soll. Doch Helen denkt gar nicht daran, nun auf der Ersatzbank Platz zu nehmen. Sie schließt sich Sam an, um blutige Rache für Jasons Tod zu nehmen...
Zu Beginn hat man noch mehrheitlich den Eindruck, hier eine durchaus realistische Agentenserie zu sehen, die eher den Spuren eines "Homeland" folgt und dabei mit politischen Verstrickungen und glaubwürdigen, dramatischen Elementen spielt. Gerade die Verzwackung zwischen bisweilen ziemlich hartem Agenten-Tobak und den privaten Bedürfnissen und Dramen der Hauptfiguren erinnert dabei auch an die weitestgehend unaufgeregte und deswegen für viele so wirksame Hit-Serie "The Americans". Doch dieser Eindruck täuscht, denn mit fortschreitender Laufzeit scheint "Black Doves" nicht recht zu wissen, wie sie ihre Geschichte eigentlich erzählen wollen. Plötzlich klopfen die Charaktere Sprüche, wie es die Helden in den "Avengers"-Filmen tun und es gibt ausladende Shootouts und Gefechte, die man so am ehesten noch in der zügellosen "John Wick"-Reihe erwartet hätte. Es ist nicht so, dass beide Seiten der Medaille an und für sich nicht funktionieren und packen würden, doch das Gesamtbild wirkt so ein wenig sprunghaft. Man hat den Eindruck, einer Serie zuzuschauen, die aufgrund ihrer Handlung fasziniert und bei der Stange hält, die aber tonal unentschlossen daherkommt.
So wirkt es ab und an befremdlich, dass sich einzelne Folgen sehr ausführlich und unaufgeregt den privaten Dramen der Charaktere widmen, die somit unglaublich nahbar und glaubwürdig daherkommen... und diese Figuren fünf Minuten später sprücheklopfend bei Schießereien zuzusehen, bei denen sogar eine Panzerfaust zur Geltung kommt. Der Unterhaltungsfaktor ist dank dieser auch humoristisch durchaus sympathischen Auflockerungen zwar hoch, reißt einen aber auch immer wieder aus dem sonst so realistisch anmutenden Geschehen. Die Handlung offenbart zudem eine gewisse Sprunghaftigkeit, bei der nicht immer nachvollziehbar ist, warum gewisse Figuren nun an genau diesem Ort sind und woher sie konkret ihre Informationen beziehen. Hier zeigt sich, dass sechs Folgen vielleicht doch ein bisschen zu wenig sind, um dieses letztendlich gar nicht so einfach zu durchschauende Gewebe aus verschiedenen Organisationen, aus Verrat, falschen Spielen und Identitäten passend auszutarieren.
Letztendlich ist das aber Jammern auf hohem Niveau, denn obwohl man sich einige Male ein wenig zu verheben droht, macht die Serie durchweg Spaß, weiß dank der fein geschriebene Charaktere auch oft zu berühren und wird im Grunde niemals langweilig. Das Tempo ist hoch, aber nicht abgehetzt und die Figuren glänzen mit Charme, bleiben ebenfalls mehr als ambivalent. Das Ensemble ist durchweg gut gewählt: Ben Whishaw gibt dabei eine etwas rauere und zynischere Variante seiner lakonischen Q-Version aus den letzten Bond-Filmen; und "Official Secrets"-Star Keira Knightley glänzt hier sogar mit ihrer vielleicht besten, weil erwachsensten Performance der letzten Jahre. Auch unter den Nebenfiguren tummeln sich einige Scene Stealer, die anfangs noch wie ein Klischee wirken, mit der Zeit aber immer mehr Grauzonen offenbaren. Und gegen Ende fährt man auch die etwas überzogenen Actionszenen ein wenig zurück und macht das große Finale somit zu einer intimeren und in dieser Form durchaus intensiveren Angelegenheit. Einige Fragen und Handlungsfäden bleiben zudem offen genug, um in Zukunft noch weitere Abenteuer mit den Figuren zu erleben - auf die bereits angekündigte zweite Staffel darf man sich dabei sicherlich freuen.
Fazit: Das gut aufgelegte Ensemble, die sichere Inszenierung und der spannende, vertrackte Plot helfen über einige dramaturgische Unebenheiten und leichte Probleme in der Tonalität locker hinweg. Über sechs Folgen entwickelt sich dabei ein wendungsreicher Fall mit allerlei Abzweigungen, der passend bei der Stange hält und dabei auch die bewegenden, privaten Manirismen seiner ambivalenten Figuren nicht außer acht lässt.
Note: 3+
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