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Shogun - Die erste Staffel

Im Jahr 1600 herrscht ein Jahr nach dem Tod des Taiko in Osaka, Japan, eine bedrückende Stimmung. Gleich fünf Fürsten scheinen um die Nachfolge zu buhlen und ausgerechnet der von dem damaligen Taiko mit viel Respekt angesehene Fürst Yoshii Toranaga (Hiroyuki Sanada) muss nun um sein Leben fürchten. Der Rat sieht ihn nämlich als Feind an und beschuldigt ihn, die Herrschaft allein an sich reißen zu wollen - gegen den letzten Willen des verstorbenen Taiko's. Hilfe scheint für Toranaga schließlich von unerwarteterweise zu kommen, als ein englisches Schiff am Festland Japans ankommt. Der auf dem Schiff angestellte Navigator John Blackthorne (Cosmo Jarvis) könnte nützliche Informationen über die Beweggründe und Geheimnisse seiner Feinde besitzen, die Toranaga in die Hände spielen dürften. Obwohl Blackthorne ganz eindeutig seine eigenen Ziele verfolgt, bestellt der gefährdete Fürst ihn her und stellt ihm die Übersetzerin Mariko (Anna Sawai) zur Seite. Gemeinsam wollen sie die tödlichen Verästelungen und Pläne des Rates aufdecken und gegen sie vorgehen...

In vielen Punkten haben die Kritiker, die "Shogun" als eine der besten Serien der letzten Jahre besprechen, definitiv Recht. Rein filmisch ist sie über jeden Zweifel erhaben - die Kamera, die detailverliebten Sets und Kostüme, die musikalische Untermalung und vor allem die mutige Entscheidung, sämtliche japanischen Dialoge in ihrer Originalsprache zu belassen und dem Publikum Untertitel über einen Großteil der zehn Folgen zuzumuten... all das ist so wichtig für eine dichte Atmosphäre und eine nahezu perfekte Nachbildung des japanischen Reichs vor vierhundert Jahren, dass man sich kaum sattsehen und -hören kann. Auch der Cast macht seine Sache durch die Bank weg hervorragend, insbesondere "Last Samurai"-Star Hiroyuki Sanada als ebenso ehrenhafter wie listiger Fürst, und eine ganze Reihe von grandiosen Nebendarstellern. Ihnen wird dadurch geholfen, dass die Serie ohnehin sehr charakterorientiert ist und jede Figur bemerkenswert gut geschrieben ist. Da ist dann auch viel Zeit für einige persönliche Dramen und sogar eine durchaus rührende Liebesgeschichte, auch wenn letztere im späteren Verlauf leider immer weniger Raum zum Atmen bekommt.
Allerdings leidet die Serie unter einem in dieser Form kaum vermeidbaren Makel, der daraus resultiert, dass er die überaus komplexe Historie Japans in aller Breite und Ausführlichkeit darlegen muss. Wer sich mit der Geschichte Japans nicht schon vor der Sichtung der Serie zumindest ansatzweise auskennt, der dürfte sich zu Beginn mehrfach verloren fühlen und angesichts komplexer Regeln, Bräuche, Rituale und Gesetze immer wieder akribische, historische Genauigkiet mit dramaturgischer Faulheit verwechseln, da viele Charaktere immer wieder sehr kopflos zu handeln scheinen. Um dieser deutlichen Verwirrung für unbedarfte und dennoch interessierte Zuschauer*innen entgegenzugehen, hat man sich für einen Schritt entschieden, welcher die Serie auf lange Sicht deutlich schwächer macht: Um niemanden zu verlieren (und es ist sehr leicht, angesichts so vieler Figuren und ohne vorhergehenden Informationen irgendwann den Faden zu verlieren), werden gewisse Wendungen und Regeln immer und immer wieder angesprochen. Das führt dazu, dass sich die Serie nach rund fünf Folgen praktisch nur noch im Schneckentempo fortbewegt, gewisse Charaktere manche Entwicklungen zur Unterstreichung gleich mehrfach durchlaufen und immer wieder die gleichen Pläne und Sitten besprochen werden. Bis sich gefühlt irgendwann gar nichts mehr tut.
An und für sich war ich froh, dass sich die Serie irgendwann dazu entschied, mich ein wenig an die Hand zu nehmen, damit ich den Anschluss an die Figuren nicht mehr verliere. Im direkten Kontrast kommt sie allerdings nichts mehr voran und die Charaktere sind, obwohl ambivalent gezeichnet, nur in den allerwenigsten Fällen wirkliche Sympathieträger, an denen ich wirkliche Anteilnahme genommen habe. Das führt dann schließlich zu einem schier antiklimatischen Finale, welches den ohnehin recht kühlen und von äußerster Gefühllosigkeit geprägten Ton der Serie beinahe in ein Nichts zu führen droht. Hier spürt man, dass das Budget der Serie nicht mehr für die ganz großen Exzesse gereicht hat und ein lange angekündigter Showdown deswegen förmlich terminiert werden musste. Das Ausbleiben von großen Actionszenen ist dabei weniger schlimm, doch wirkt die Serie auf emotionaler und dramaturgischer Ebene plötzlich wahnsinnig unrund. Dass im gleichen Atemzug dann auch noch zwei weitere Staffeln angekündigt wurden, obwohl die Serie aufgrund der Tatsache, dass sie die Romanvorlage bereits in dieser Season komplett abgegrast hat, eigentlich abgeschlossen war, lässt Schlimmeres befürchten. Letztendlich war ich von der dichten Atmosphäre und dem gnadenlos guten Cast sowie einigen durchaus überraschenden Wendungen, die aber vor allem in der ersten Staffelhälfte zu finden sind, mehr als angetan. Dass die Show daraufhin aber immer mehr absinkt, um schließlich richtig zu enttäuschen, lässt sich leider nicht schönreden.

Fazit: "Shogun" ist komplex, wendungsreich, voller spannender Figuren und filmischer sowie technischer Perfektion. In dem Verlangen, niemanden zu verlieren, verstrickt man sich jedoch in einem dramaturgischen Kreisverkehr und kommt nur noch in erstaunlichem Schneckentempo einem ebenso enttäuschenden wie antiklimaktischen Finale näher.

Note: 3-



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