Im Jahr 2142 plant die junge Waise Rain Carradine (Cailee Spaeny) ihre Flucht von dem unwirtlichen Planeten Jackson's Star - auf diesem hat der Weyland-Yutani-Konzern eine große Kolonie angelegt, die unter grausamstem Umständen in diversen Minen schuften müssen. Um diesem Leben zu entgehen, möchten Rain's Freunde eine über dem Planeten schwebende und scheinbar verlassene Raumstation erreichen und erkunden, um von dort aus in Kryokapseln in ein neues System aufzubrechen. Dafür benötigen sie die Hilfe von Rain's treuem Androiden Andy (David Jonsson), welcher ihnen Zugang verschaffen und den späteren Ausgange ermöglichen soll. An Bord der Raumstation Romulus macht das Team jedoch eine furchtbare Entdeckung...
Der im Kanon insgesamt siebte "Alien"-Film führt uns zurück in die Zeit der Original-Meisterwerke und spielt zeitlich gesehen zwischen Ridley Scott's "Alien" und James Camerons grandiosem "Aliens". Und das sieht man: Der Look wurde, trotz hochaktueller Computereffekte, so gut es ging der damaligen Zeit angeglichen, sodass wir erneut die raue, veraltete Zukunftstechnik wiedersehen, die damals für solch eine gelungene Atmosphäre gesorgt hat. Fans der Reihe werden nicht nur innerhalb der Handlung zahlreiche Referenzen feststellen, die sowohl mit den ersten beiden "Alien"-Filmen als auch mit dem zwiespältig aufgenommenen Prequel "Prometheus" zu tun haben, sondern diese vor allem optisch wiederentdecken. Die diversen Computerbildschirme, die Feuerwaffen und auch das Design der verschiedenen Kreaturen - alles sieht hier aus wie früher. Trotzdem ruht sich "Don't Breathe"-Regisseur Fede Alvarez nicht nur auf dem Altbekannten aus und verleiht der Reihe mit einigen spannenden Ideen durchaus neue Impulse, die in dieser Form vor allem das große Finale dominieren.
Zuvor fühlt sich vieles aber mehr als vertraut an und die Handlung macht zu Beginn den Anschein eines Alibis. Es dauert nur wenige Minuten, bis die sechsköpfige Crew an Bord der mysteriösen Raumstation gelangt und dort auch schon sehr bald eine gewisse, monströse Entdeckung macht - der anschließende, lange Überlebenskampf ist in dieser Form mordsspannend, hält erzählerisch aber praktisch keinerlei neuen Ideen parat. So sehr man "Prometheus" auch seine überambitionierte Grundhaltung vorwerfen kann, so bemühte sich dieser damals immerhin um gänzlich frische Impulse. Diese liefert "Alien: Romulus" zu Beginn gar nicht und macht erst spät mit einer so sehr interessanten Wendung ein neues Fass auf, welches auf sehr spannende Art und Weise die bisherigen Filme der Reihe zu einem Ganzen kulminiert. Es dauert nur eine ganze Weile, bis es soweit ist und sich der Film nicht bloß wie eine recht kühle Neuinterpretation der früheren Geschehnisse anfühlt. Wobei man natürlich auch nichts gegen einen völlig geradlinigen, neuen "Alien"-Film hat, der die Spannung in zahlreichen Einzelszenen so dermaßen gut auf die Spitze treibt wie hier. Und das gelingt dem neuen Werk dank der enormen Fähigkeiten des Regisseurs, wirklich adrenalintreibende Horror-Szenarien der Extraklasse in einem dreckigen Sci-Fi-Look zu erschaffen.
Prinzipiell stimmt somit der Mix aus alten Referenzen, Old-School-Horror und einigen neuen Ideen, auch wenn dies am Anfang nicht so wirken mag. Ein wenig geschludert hat man hingegen mit dem Aufbau der Geschichte - so wären zwanzig Minuten mehr zu Beginn durchaus richtig und wichtig gewesen, um sowohl die handelnden Charaktere besser vorzustellen (tatsächlich erfahren wir über sie so gut wie nichts, was schade ist und sie uns seltsam fernbleiben lässt) als auch die Welt an sich konkreter zu erzählen. So fehlt es hintenraus leider an einem gewissen Gefühl für die Zeit, in der wir uns befinden und diverse moralische Dilemmata der Figuren bleiben dadurch, dass sie nur kurz angerissen werden, auf der Behauptungsebene hängen. Ein wenig mehr Sorgfalt im Aufbau hätte die Spannung später noch deutlich erhöht - hier wurde leider ein wenig Potenzial zugunsten einer kürzeren Laufzeit verschenkt. Der Cast macht seine Sache dennoch durchweg gut und gerade "Civil War"-Star Cailee Spaeny füllt die großen Fußstapfen einer Ellen Ripley mit Bravour. Unterstützung erhält sie nicht nur durch aufgeweckt agierende Co-Stars, sondern auch durch den brillanten, mit Original-Melodien harmonierenden Soundtrack, erstaunlich guten Spezialeffekten und einem tollen Set-Design. So fühlt man sich tatsächlich ins Jahr 1979 zurückversetzt, als der erste "Alien"-Film die Kinos eroberte.
Fazit: "Romulus" ist tatsächlich der beste "Alien"-Film seit "Aliens", was vor allem an der schnörkellosen Adrenalin-Regie von Horror-Experte Fede Alvarez und einigen überraschenden Entwicklungen im späteren Handlungsverlauf liegt. Die einzelnen Terror-Szenen und Referenzen wären aber noch überzeugender gewesen, wenn man noch etwas mehr Zeit mit den Charakteren und deren einzelnen Hintergründen hätte verbringen dürfen, statt gleich ohne jede Geduld voll in die Monster-Hatz zu springen.
Note: 2-
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