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Spellbound

Das magische Reich von Lumbria hat seit rund einem Jahr ein großes Problem, welches jedoch vor der Bevölkerung geheimgehalten wird: Das Königspaar Solon und Ellsmere wurde durch einen finsteren Fluch in Monster verwandelt, die seither nur schwierig unter Kontrolle zu bringen sind. Ihre Tochter, die mittlerweile sämtliche Regierungsarbeiten übernehmende Prinzessin Ellian, gibt jedoch die Hoffnung nicht auf und sucht noch immer nach einer Lösung, den Fluch aufzuheben und ihren Eltern ihre menschliche Gestalt zurückzubringen. Einen Silberstreif am Horizont erhält sie durch eine Nachricht der mysteriösen Orakel, die auf einen Besuch in Lumbria vorbeikommen wollen, um das Problem zu lösen. Allerdings scheinen auch sie mit dem monströsen Verhalten des Königspaares überfordert, weswegen Ellian zu einer großen Reise aufbrechen möchte, um den Fluch endlich aufzuheben...

Es ist schon erstaunlich, wie fantastisch dieses ganze, märchenhafte Reich mit all seinen tierischen Bewohnern, Magie und Flüchen, Lichtseen und finsteren Stürmen aufgebaut wurde und das Ergebnis trotzdem so unmagisch daherkommt. Mit einem stattlichen Budget liefert Netflix auf der reinen Animationsebene zwar sehr ansprechende Kost, weswegen die technische Qualität allgemein durchaus überzeugt. Doch selbst die schönsten Animationen helfen wenig, wenn man aus ihnen wenig macht: Die Landschaftsgemälde wirken merkwürdig leer und die vielen, magischen Szenen, in denen ein dunkler Wirbelsturm, eine Treibsand-Landschaft oder ein ständiges Puffen und Pengen von gewissen Zauberkräften, besitzen schlichtweg keine Kraft. Das dürfte auch an der einfallslosen Regie von Vicky Jenson liegen: Diese sammelte zwar durchaus schon Erfahrung im Animations-Genre, doch die frechen Spuren ihrer Co-Regie bei "Shrek - Der tollkühne Held" lassen sich hier nicht mehr ausmachen. Hier ist nichts mehr schlagfertig oder augenzwinkernd, sondern alles nur noch ganz auf Nummer sicher und ohne jeden doppelten Boden.
Das führt sogar so weit, dass der ohnehin dünne Plot im Grunde keinerlei Spannungsbogen entwickelt. Die große Reise der Hauptfiguren hält zwar hier und da ein paar kleinere Gefahren bereit, doch eine echte Dynamik entwickelt sich dabei nicht. Es mangelt zum einen an einem greifbaren Bösewicht (ein nicht näher beschriebener Strudel aus Dunkelheit taugt da als allgemeine Gefahr wenig), aber auch darüber hinaus an charmanten Figuren. Die Hauptfigur ist dabei eine bemerkenswert gute Prinzessin ohne jegliche Ecken und Kanten, die im Grunde keinerlei Entwicklung durchläuft. Erst im Finale des Films gibt es dabei eine angemessen zeitgemäße Wendung, welche ein schwieriges Thema für Kinder sehr passend aufarbeitet, ohne dabei zu sehr den moralischen Zeigefinger zu erheben. Man hätte sich gewünscht, dass "Spellbound" schon in den 90 vorhergehenden Minuten ein wenig überraschender und flexibler ausgefallen wäre, doch hier gibt es wahrlich keine Überraschungen zu vermelden. Weder hat der Film in seinem langsamen Tempo richtigen Schwung noch überzeugt der Humor, der hier allenfalls die jüngsten Zuschauer glücklich machen wird.
Hoffnung durfte man vorab bezüglich der musikalischen Untermalung und der (durchaus zahlreich vorgetragenen) Songs haben. Schließlich sitzt hier Disney-Mastermind Alan Menken im Sattel, der schon zahlreiche Zeichentrick-Klassiker wie "Arielle, die Meerjungfrau" oder "Die Schöne und das Biest" mit seinen unvergesslichen Liedern veredelt hat. Man spürt Menkens Anwesenheit hier zwar bei einigen durchaus pompös vorgetragenen Zeilen, doch weder haben seine Songs hier Ohrwurm-Charakter noch übertragen sie echtes Gänsehaut-Feeling. Gerade in der deutschen Version wirken die Zeilen bisweilen auch ziemlich schräg - es empfiehlt sich also eine Sichtung im Original. Dort kommt man dann auch in den Genuss einer durchaus namhaften Sprecher-Besetzung, wobei sich sowohl Rachel Zegler in der Hauptrolle der Prinzessin Ellian als auch "Australia"-Star Nicole Kidman und der große Javier Bardem als monströses Königspaar die Ehre geben. Doch auch ihre Talente können kaum über die kitschige und dröge Geschichte hinwegtäuschen, der es bezüglich der Inszenierung durchweg an Dynamik und Fantasie mangelt.

Fazit: Ein Film, der in einem Fantasiereich spielt, war vielleicht noch nie so arm an echter Magie. Obwohl ganz viel los ist, spürt man praktisch nichts - die müde Inszenierung, die enttäuschenden Songs und das Fehlen von echten, lebendigen Charakteren, für die man sich wirklich erwärmen kann, sorgen in Zusammenspiel mit dem mauen Humor für Enttäuschung.

Note: 4



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