Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 ist die Moral der immer noch in den Schützengräben kämpfenden Soldaten erschüttert. Die Postwege funktionieren nicht und somit erhalten weder die Soldaten an der Front Briefe von ihren Familien noch die Familien von ihren Söhnen und Ehemännern. Zu diesem Zweck wird das Bataillon der "Six Triple Eight" gegründet, welches aus 855 schwarzen Frauen der Army besteht und die schier unmögliche Aufgabe erledigen soll, über 17 Millionen Postsendungen, die in gigantischen Hangars aufgestapelt wurden, zu sortieren und zu versenden. Die Frauen unter der Führung von Charity Adams Earley (Kerry Washington) sehen sich jedoch nicht nur mit der Schwierigkeit dieser Aufgabe, für die sie nur sechs Monate Zeit haben, konfrontiert, sondern auch mit alltäglichem Rassismus und geradezu Feindlichkeit von ihren weißen Befehlshabern, denen es am liebsten wäre, wenn das Bataillon in hohem Bogen scheitern würde...
Das ist eine wirklich schöne und aufbauende Geschichte, die in dieser Form bislang kaum erzählt wurde und auch heute noch (leider) hochaktuell daherkommt - der Kampf gegen den Rassismus, dem sich diese mutigen Frauen über lange Zeit erwehren mussten und ihr ungebrochenes Durchhaltevermögen, obwohl sie wussten, dass sie keine Dankbarkeit für ihre Arbeit erwarten durften, weiß zu berühren. Leider hat diese faszinierende Geschichte von Netflix und Regisseur Tyler Perry keine achtbare Verfilmung erhalten, sondern eher eine, die in höchstem Maße ärgerlich ist. Das liegt zum einen an der enormen Rührseligkeit, mit der hier gearbeitet wird, und die immer wieder in ziemlich unangenehmen Kitsch abdriftet - inklusive einer ebenso verzichtbaren wie seifenoper-mäßigen Liebesgeschichte. Immer wieder wird auf die Tränendrüse gedrückt, indem pathetische Reden geschwungen werden oder der überkitschte Soundtrack berechnend eingespielt wird. Jegliche Subtilität geht dabei flöten... was gerade bei einem solch schwierigen und wichtigen Thema wirklich schade ist und es quasi unmöglich macht, sich richtig auf die Geschichte einzulassen. Nichts wirkt hier echt, alles kommt märchenhaft überhöht daher und macht deswegen nicht den Eindruck, als hätte man hier historisch akkurat gearbeitet.
Nun darf sich eine solche Verfilmung natürlich auch künstlerische Freiheiten erlauben, um die Dramaturgie zu straffen und zugänglicher zu gestalten. Wenn dadurch aber alles versimpelt wird, ist im Grunde niemandem geholfen. So vermischt der Film verschiedene Genres, um dem Publikum immer wieder ein Glücksgefühl zu unterjubeln, welches bei diesem Thema aber eigentlich nicht unbedingt gerechtfertigt ist. Gerade gegen Ende häufen sich Szenen, die in ihrer Überzeichnung vollkommen deplatziert daherkommen, die zwar rühren sollen, es aufgrund einer so sicherlich nicht geschehenen Märchenhaftigkeit aber nicht können. Die Charaktere bleiben dabei weitestgehend Abziehbilder ohne echte Ambivalenzen, wodurch sich keine Figur so recht nach vorne spielen kann. Dazwischen versucht das unentschlossen wirkende Drehbuch noch weitere Nebenhandlungen aufzumachen, in denen große Politiker wie der damalige Präsident Roosevelt auch noch ein paar Dinge über die unmögliche Aufgabe der Postzustellung sagen... ohne, dass der Film dabei an Substanz gewinnen würde. Unentschlossen wirkt auch die Regie von Tyler Perry, der hier ängstlich nach Lehrbuch abzufilmen scheint und dem Werk somit keinen eigenen Stenpel aufdrücken kann.
Beim Casting hat man ebenfalls mehr als einmal daneben gegriffen. Die einzige, die hier tatsächlich Akzente setzen kann, ist "Ray"-Star Kerry Washington in der Hauptrolle, während der Rest entweder blass oder gleich völlig fehlbesetzt daherkommt. Ein echtes Ärgernis ist beispielsweise Shanice Shantay, die in ihrer Rolle als ständig sprücheklopfende Soldatin ein ganz tumbes Klischee darstellt, welches entweder für deplatzierten Humor oder für das Aufrühren von stumpfen Konflikten da ist... und dabei in ihrer Performance so grausam überzeichnet, dass es an den Nerven zehrt. Wobei man Shantay und die anderen Darstellerinnen zumindest dahingehend in Schutz nehmen muss, alsdass sie bisweilen Dialogzeilen aufsagen muss, die einen schaudern lassen. "The Six Triple Eight" leidet nämlich unter einem Dialog-Phänomen, welches auch viele aktuelle Blockbuster mit sich herumtragen, wobei dieses Problem bei einem historischen Film mit einer wahren Geschichte noch viel schlimmer auffällt. Es handelt sich dabei um den Zwang, den nicht ganz so aufmerksamen Zuschauern immer wieder in Form von Dialogzeilen Exposition um die Ohren zu hauen, die aber eigentlich durch das bereits Gezeigte völlig offensichtlich ist. So entstehen ganz merkwürdige Dialoge, die ein Mensch so niemals aussprechen würde und tatsächlich wie abgelesen klingen... und dabei Dinge wiederholen, die wir entweder längst gesehen oder zumindest gefühlt haben. Eine Hilfestellung für Zuschauer, welche ihren Blick mehr aufs Smartphone als auf den heimischen Bildschirm richten, die in vielen Filmen auffällt und mittlerweile einfach nur nervt.
Fazit: Eine ermutigende und bewegende Geschichte, die hier leider keine akkurate Verfilmung erhält - bieder gefilmt, überzeichnet gespielt und vor allem märchenhaft-überhöht geschrieben wird hier eine historische Beispiellosigkeit zugunsten eines Mainstreams-Drama herangezogen, was deswegen unecht und versimpelt daherkommt.
Note: 4-
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