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Flow (2024)

In einer ungewissen Zukunft lebt eine Katze alleine in einem heruntergekommenen, von Menschen verlassenen Haus auf einer naturbewohnten Insel. Mit den in der Umgebung hausenden, ebenfalls wilden Hunden lebt sie im Streit und versucht, gefährlichen Konflikten aus dem Weg zu gehen. Doch dann wird ihre Heimat eines Tages von einer reißenden Sturmflut überrascht. Die Katze muss ihre gewohnten Orte, die nach und nach von dem Wasser heimgesucht werden, verlassen und sich auf eine gefährliche Reise begeben. Dabei muss sie auch mit anderen Tieren, die ebenfalls vor der Katastrophe fliehen, zurechtkommen und gar mit ihnen zusammenarbeiten, um zu überleben... und Vertrauen in Tiere fassen, die sie zuvor als Feinde angesehen hat.

In jeder Faser, die man sich filmisch überhaupt vorstellen kann, ist der 2025 mit dem Oscar als bester Animationsfilm ausgezeichnete Flow ebenso mutig wie besonders. Etliche Stilmittel und dramaturgische Entscheidungen kommen hier zum Tragen: So beispielsweise, die Tiere zu keinem Zeitpunkt zu vermenschlichen, sie nicht sprechen zu lassen und somit einen Film abzuliefern, der trotz seiner fantastischen Überhöhungen fast wie eine surreale Naturdokumentation daherkommt. Oder die Entscheidung, die Welt des Films deutlich in eine Art der zukünftigen Apokalypse zu verschieben, aber jegliche Erklärungen zu verschleiern und sie allenfalls durch Bilder zu erschließen, sodass das Publikum sich selbst einen Reim darauf machen muss, was hier eigentlich geschehen ist. Diese teils surreale, vor allem aber herzliche und spannende Geschichte wird in einem sehr besonderen Animationsstil erzählt, der weniger Wert auf eine ausgefeilte Technik als viel mehr die Kreierung einer wundersamen und dennoch glaubhaften Welt sowie die realistischen Bewegungen der verschiedenen Tiere legt.
Die zentrale Message rund um diese scheinbar untergegangene Welt lässt sich aus dem Setting und den verschiedenen Situationen aber recht klar als eine Art Allegorie rund um den bedrohlichen Klimawandel lesen. Von Menschen fehlt jede Spur, auch wenn nicht klar ist, ob diese alle gestorben oder zu weniger gefährlichen Orten gereist sind. Naturkatastrophen wie die Flut zu Beginn lassen den Gedanken zu, dass es sich hier um die Entwicklung der Klimakatastrophe handelt, was Flow einen zynischen und nachdenklichen Anstrich gibt. Das ist sogar richtiggehend clever, denn ein Film, der so klar, aber niemals effekthascherisch aufzeigt, was die Klimakrise in der Zukunft nicht aus uns Menschen, sondern letztendlich auch aus unseren geliebten (Haus)Tieren machen wird, könnte deutlich mehr Impact auf gewisse Verschwörungstheoretiker oder Leugner der Katastrophe haben als tausende Nachrichtenbeiträge und Podiumsdiskussionen. Wobei natürlich zu bezweifeln ist, ob sich viele Menschen einen in dieser Hinsicht sperrigen und kaum auf pure Unterhaltung gepolten Film wie diesen ansehen und dann auch noch hinreichend analysieren werden. Aber der Mut, dieses Thema so unpoliert und faszinierend aufzugreifen, ist allemal anzuerkennen.
Letztendlich kann Flow die extreme Faszination der ersten halben Stunde später nicht mehr ganz halten. Der Film bleibt ein wundervolles, herzliches Abenteuer, welches ganz ohne Worte wunderbare Messages über Zusammenhalt, Vertrauen und Mut aufgreift. Trotzdem wird der Film später doch etwas zu sehr zu einer Art Abenteuergeschichte, wobei die Protagonisten immer wieder in gefährliche Situationen geraten - die bisweilen politisch angehauchten Messages verkommen zum brodelnden, für den Plot aber nur noch unwesentlichen Hintergrund. Seine dichte Atmosphäre kann der Film zwar halten, aber nicht mehr ganz so sehr berühren wie zu Beginn, wenn wir anfangen, diese unwirtliche und richtiggehend traurige Welt zu erkunden. Zudem kommt es letztendlich, obwohl sich Flow stets um einen inneren Realismus bemüht, doch noch zu einigen recht typischen Blockbuster-Szenen, in denen unwahrscheinliche Manöver und Rettungsaktionen durchgeführt werden. Doch das sind nur kleine Makel in einem durchweg faszinierenden, mutigen und fantasievollen Abenteuer, welches und nachdenklich stimmt und auf eine emotionale Reise mitnimmt, die wir so nie erwartet hätten.

Fazit: Mittels einer nachdenklichen und bedrückenden Allegorie der Klimakrise stellt dieser faszinierende und mutig inszenierte Animationsfilm tierische Protagonisten in den Mittelpunkt. Eine ebenso abenteuerliche wie emotionale Reise, auch wenn der unglaubliche Schwung der ersten halben Stunde später nicht mehr aufrechtgehalten werden kann.

Note: 2-



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