Als im 19. Jahrhundert mit Sir Benjamin Guinness der Herrscher über die international erfolgreiche und mächtige Guinness-Brauerei verstirbt, geht ein Raunen durch dessen Familie. Denn das bis dahin höchst geheime Testament des großen Geschäftsmannes soll nun über das weitere Leben seiner vier Kinder Arthur (Anthony Boyle), Edward (Louis Partridge), Anne (Emily Fairn) und Benjamin (Fionn O'Shea) entscheiden. Zuvor hatten sie alle sich mindestens Hoffnungen gemacht oder sogar schon Pläne ausgeheckt, wer mit der Brauerei und seinen Geldern wie umgehen soll. Doch es kommt alles anders. Und auch auf den Straßen Irlands, ein Pulverfass sondergleichen, beginnt sich eine Bewegung zu formen, die gegen Guinness und das, was es politisch ausstrahlt, vorgehen möchte. Eine Eskalation scheint in nächste Nähe zu rücken, als Arthur und Edward nach vorne preschen, um die Wogen möglichst zu glätten und einen großen Konflikt zu vermeiden...
Ich habe so einige große Serien auf meinem Zettel, die ich bislang nicht gesehen habe. Besonders Peaky Blinders nimmt dabei einen gesonderten Platz ein, gilt die Gangster-Serie von Creator Steven Knight über seine bisherigen sechs Staffeln doch als eine der besten Serien der Neuzeit. Und nachdem ich nun die erste Staffel von House of Guinness, der neuesten Show Knight's, gesichtet habe, ist Peaky Blinders auf der Liste meiner zukünftigen Must-See's noch weiter nach vorne gerückt. Nicht, weil seine neueste Show nun eine solch großartige Serie ist, sondern weil das Herzblut, welches darin steckt, auch dann stets sichtbar ist, wenn die Geschichte über eine längere Weile mal nicht ganz so stark mitreißen möchte. Die dichte Atmosphäre, die uns ins Irland des 19. Jahrhunderts entführt, ist ungemein einnehmend, über detaillierte Sets und eine gemeinhin packende Stimmung werden wir durchweg gefesselt. Zudem wartet House of Guinness mit einer sehr ansprechenden Besetzung auf, bei denen Könner wie die beiden Game of Thrones-Stars Michael McElhatton und Jack Gleeson sogar "nur" in Nebenrollen glänzen. Man kann sich also ungefähr vorstellen, wie stark der gesamte Cast dann gar agiert - sie alle machen ihre Sache absolut hervorragend, auch wenn sich unter den meist sehr egomanisch agierenden Figuren niemals echte Sympathieträger nach vorne spielen.
Doch das liegt natürlich in der Natur der Sache, die hier eine wahre Geschichte erzählen soll, in welcher reiche Männer (und eine Frau) versuchen, irgendwie ihre politischen Stützen und auch ihr Geld zu schützen. Wie spannend man das findet, ist letztendlich natürlich Geschmackssache. Für mich persönlich ist zumindest das zeitliche und örtliche Setting nichts, was mich von Grundauf anspricht. Und auch der spätere Fokus, der sich über lange Zeit den zwar spannenden, aber sich bisweilen auch leidlich im Kreis drehenden Liebesbeziehungen der Figuren widmet, schmeckt nicht so ganz. Das liegt aber auch daran, dass Serien über politische Intrigen in dieser Form kaum noch etwas wirklich Neues erzählen können, angesichts der horrenden Anzahl an Shows in diesem Genre. Ob es da nun um verbotene Affären, politischen Betrug oder Verrat in den eigenen Reihen geht - das kennen wir alles schon. Da die ganze Chose hier aber durch die Bank hervorragend inszeniert und gespielt ist, wird einem nur selten langweilig, denn alles ist mit ordentlichem Schwung aufgearbeitet und gefällt daher vor allem durch die inszenatorische Wucht.
Natürlich sind den Machern angesichts der realen Begebenheiten, auf denen diese Geschichte beruht, zu Teilen die Hände gebunden - effekthascherische Wendungen können sie sich auch dann nicht ständig aus dem Ärmel schütteln, wenn die wahren Hintergründe im Dienste der Unterhaltung hier und da recht deutlich zusammengerafft werden, um die Sache besser in Schwung zu halten. Man sollte hier also kein Thriller-Feuerwerk a la House of Cards erwarten, sondern sich eher auf eine wunderbar bebilderte, mit messerscharfen Dialogen ausgestattete Charakterstudie einstellen. Das kann manchmal ein bisschen behäbig anmuten, wird aber niemals dröge oder gar trocken - angesichts des Themas, welches ein mancher vielleicht nur mit einem kleinen Achselzucken zur Geltung genommen hatte, sicherlich eine gute Nachricht. Fans gefällt zudem die herausragende Auswahl der Musikstücke, die im klassischen, irischen Ton ausgesucht wurden und viel zur Atmosphäre beisteuern. Nur den Cliffhanger, welcher diese erste Staffel beschließt, sollte man den Machern um die Ohren hauen: Im Jahr 2025 beendet man auf solch eine platte Art doch keine Staffel mehr - erst recht nicht, wenn immer noch nicht klar ist, ob die Serie überhaupt zufriedenstellende Aufrufzahlen generieren wird, um tatsächlich fortgesetzt werden. Solch ein Schritt wirkt nicht aufregend, sondern nur noch billig und entlässt uns aufgrund der ungewissen Zukunft der Serie recht frustriert.
Fazit: Auf atmosphärischer Ebene ist House of Guinness mit seiner berauschenden Optik, den scharfen Dialogen und dem starken Cast ein echtes Brett - selbst wenn die Geschichte hier und da ein bisschen zu soap-artig im Kreise seiner Liebesbeziehungen verläuft. Für Fans exakt solcher Stoffe ist das hier ein Fest, alle anderen werden sich aber zumindest niemals langweilen und mit spannenden Figuren und einigen interessanten, historischen Infos unterhalten.
Note: 3
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