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The Woman in Cabin 10

Um endlich ein wenig zu entspannen, zeitgleich aber hoffentlich auch ein paar feine Geschichten über die prominenten Passagiere zu sammeln, nimmt die Enthüllungs-Journalistin Laura Blacklock (Keira Knightley) die Einladung des reichen Richard Bullmer (Guy Pearce) an, auf seiner Luxus-Yacht anzuheuern und dabei einige schöne Tage zu erleben. Bullmer erhofft sich davon freilich ein wenig gute Publicity, doch diese scheint es diesmal nicht zu geben. Gleich in der ersten Nacht wird Laura nämlich Zeugin, wie eine unbekannte Person über Bord geht und im Meer ertrinkt. Glauben will ihr diese Geschichte jedoch niemand: Die Kabine, in welcher die Frau gehaust haben soll, soll von Beginn an leer gestanden haben und an Bord wird ebenfalls niemand vermisst. Laura will sich damit aber nicht abspeisen lassen und ermittelt weiter. Doch ist das, was sie gesehen zu haben geglaubt, wirklich geschehen?

Mit dem neuen, starbesetzten Netflix-Thriller kann man einen kurzweiligen, recht spannenden Abend erleben. Die Geschichte hält bei der Stange, nimmt zügig Tempo auf und tritt anschließend auch kaum mehr auf die Bremse - bei knackigen 90 Minuten sind aber ohnehin keine echten Hänger zu befürchten. Der Plot an sich ist nicht unbedingt geistreich, in seiner Verquickung von verschiedenen, verdächtigen Situationen und immer weiteren möglichen Beweisen, die Laura während ihrer Zeit auf der Luxus-Yacht sammelt, aber zumindest durchweg energetisch. Und sogar die Auflösung, die all diese seltsamen Vorkommnisse am Ende verschnürt, ist befriedigend, zumindest auf dem Papier. Denn zum Schluss bleiben zwar keinerlei Fragezeichen oder Plotlöcher zurück, sodass das gesamte Ding ziemlich rund endet. Wir müssen aber mit einigen unpassenden Übertreibungen und recht typischen Thriller-Situationen leben, um die Chose möglichst effekthascherisch abzuschließen - hier verliert der zuvor noch recht ruhig und dementsprechend atmosphärisch verlaufene Thriller gegen Ende doch etwas zu arg den Boden unter den Füßen.
Keira Knightley arbeitet nun schon zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit mit Netflix zusammen, nachdem sie vor einigen Monaten ja schon in der spaßigen Thriller-Serie Black Doves ziemlich glänzte. Und auch hier zeigt Knightley, dass sie durchaus noch Energie besitzt, auch wenn ihre Rollenauswahl in den letzten Jahren ein bisschen zu wünschen übrig gelassen hat: Mit ordentlicher Präsenz und genügend Dynamik, um das Publikum an ihre Rolle zu fesseln, bewegt sie sich sympathisch und packend durch die Szenerie. Für den restlichen Cast bleibt im Gegenzug aber wenig, was durchaus überrascht. Denn ein prunkvoller Luxus-Frachter voller schmieriger Promis hätte im Grunde eine Steilvorlage für spannende Charaktere geboten - so wie es die beiden Knives Out-Filme, bei denen jeder im Grunde ein Verdächtiger war, so eloquent vormachten. Doch Pustekuchen: Unter den vielen Nebenfiguren kommen die wenigsten über ein paar Sätze hinaus, große Talente wie Hannah Waddingham, The Walking Dead-Star David Morissey oder die ebenfalls aus der Fluch der Karibik-Reihe bekannte Kaya Scodelario müssen in ihren nur oberflächlich schillernden, ansonsten jedoch völlig banalen Nebenrollen versauern und verkommen zu besseren Statisten.
Da wäre also durchaus noch Luft nach oben, denn wenn man schon solch ein Ensemble innerhalb eines klassischen Who-Dunnit-Thrillers versammelt, sollte man diesem doch auch die Möglichkeit geben, sich ordentlich freizuspielen. Immerhin wird die prunkvolle Yacht im besten Maße präsentiert, da The Woman in Cabin 10 durchweg sehr schick gefilmt wurde. Die Kameraarbeit gefällt, das Set-Design (wenn auch etwas simpel) weiß zu überzeugen und für einen Netflix-Film darf man auch endlich jubeln, dass in Sachen Ausleuchtung und Color Grading diesmal mehr rüberkommt als das typische, unschöne Grau in Grau, wofür der Streamingdienst bisweilen ja bekannt ist. Zudem überzeugt auch die musikalische Untermalung von Benjamin Wallfisch, der nicht nur die einzelnen Spannungsspitzen noch mal verdeutlicht, sondern auch die ruhigeren Szenen mit atmosphärischen Klängen unterstützt. So hört sich dieser Film ebenso gut an wie er aussieht, auch wenn hinter dieser optischen Fläche nicht viel mehr wartet als ein solider Thriller, der nicht allzu lange nachwirkt.

Fazit: Ein spannender Thriller, der mit einer packenden Ausgangslage bei der Stange hält, bis zu einer runden, wenn auch etwas überzeichneten Auflösung. Neben Keira Knightley haben die anderen Stars aber kaum Möglichkeiten, zu glänzen, was deutliche Schludereien bei den Nebenfiguren offenlegt, die wesentlich mehr Potenzial gehabt hätten.

Note: 3



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