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The Assessment

Nachdem unsere Welt durch den Klimawandel verwüstet wurde, lebt die Gesellschaft unter strikter Kontrolle. Aufgrund knapper Ressourcen ist es nur noch den wenigsten erlaubt, Kinder in die Welt zu setzen. Paare müssen sich daher einem strengen Begutachtungs-Prozess unterziehen, an dessen Ende beurteilt wird, ob diese beiden Menschen ein Kind bekommen dürfen oder nicht. Auch Mia (Elizabeth Olsen) und Aaryan (Himesh Patel) erhalten das Privileg, sich einer solchen Beurteilung unterziehen zu dürfen. Dafür zieht die Gutachterin Virginia (Alicia Vikander) für sieben Tage bei dem Paar ein, um jeden Aspekt ihres Lebens einer genauen Kontrolle zu unterziehen... und sie mit prekären Situationen zu konfrontieren, die das Leben mit einem Kind unterstreichen sollen.

Genau dieser Test steht im Mittelpunkt des Films und dieser schraubt sich im Verlauf der rund 114 Minuten immer höher. Schon am zweiten Tag nimmt die erwachsene Virginia plötzlich die Rolle eines Kindes ein, welches die potenziellen Eltern auf Trab zu halten beginnt - man kann sich also ausmalen, wie herb und schwierig sich diese Begutachtung auf eine ganze Woche gestreckt zeigen wird. Das ist hin und wieder, wenn Virginia selbst mit abartigsten Mitteln versucht, das Paar aus der Reserve zu locken, ganz schön schwer zu betrachten sein. Hier fordert uns The Assessment weniger als Drama rund um ein Paar, welches sich den sehnlichen Kinderwunsch erfüllen will, sondern als ziemlich obskures und bisweilen unter die Haut gehendes Psycho-Duell. In diesem glänzen ganz besonders Elizabeth Olsen und die für das Drama The Danish Girl mit dem Oscar prämierte Alicia Vikander - beide ohnehin schon zwei der besten Schauspielerinnen ihrer Generation, hier jedoch noch mal auf einem gänzlich anderen, ungemein intensiven Level agierend.
Dass diese Zukunftsversion funktioniert, liegt vor allem daran, dass sie uns nicht dauerhaft aufs Brot geschmiert wird. Eher im Vorbeigehen inszeniert Regisseurin Fleur Fortune diese wirklich bedrückende Zukunft, in welcher der Klimawandel den Tribut unserer Gesellschaft gefordert hat, als eine Version, die ebenso glaubhaft wie originell daherkommt. Da werden hier und da einige Worte verloren, was die Regierung (sofern es noch eine richtige gibt) mittlerweile verlangt und vorschreibt; wie das Problem des Alterns vermutlich gelöst werden konnte; und was Haustiere eigentlich mit der ganzen Misere zu tun haben. Durch kleine, aber feine optische Stichpunkte wissen wir, dass wir uns hier viele Dekaden in der Zukunft befinden, doch es sind keine blau-schwarze Hollywood-Optik oder fliegende Autos nötig, um das zu untermauern. Ganz im Gegenteil: Diese Zukunft wirkt ebenso trostlos wie wahrhaftig und reißt deswegen so mit. Erst auf den letzten Metern verlässt man genau diese stimmungsvolle Art der Erzählung und plustert sich mit allerlei Antworten in einem Epilog, der leider viel Fantasie kostet, ziemlich auf. Dabei werden zwar viele Fragen hinsichtlich der mysteriös angehauchten Beurteilung beantwortet, doch verliert das Publikum dabei aber auch die Möglichkeit, sich selbst einen Reim auf einige Momente und Figuren zu machen.
Dass Fleur Fortune hier ihr Regie-Debüt abliefert, nachdem sie zuvor vor allem im Bereich der Musikvideos unterwegs war, merkt man ihr nicht an. The Assessment ist durchweg hoch-professionell inszeniert und sieht durchweg fantastisch aus. Durch die sinnvolle, aber nur selten zu kunstvoll überhöhte Anordnung der Bilder sieht man ihre Musikvideo-Vergangenheit zwar immer wieder ein bisschen durchscheinen, was aber durchaus positiv gemeint ist. Denn der Film ist ebenso schön wie nachdenklich fotografiert, was sich auch aufs Setdesign auswirkt. So ist das Haus, in welchem Aaryan und Mia wohnen, in Teilen futuristisch angehaucht, hat aber auch etwas leicht Marodes und Zweckdienliches. Man hat hier das Gefühl, förmlich in die einzelnen Räume eintauchen zu können, ohne dass sich hinter jeder Ecke genre-typisch noch eine futuristische Überraschung verstecken müsste. So überholt sich der Film nicht selbst, bleibt ganz bei seinen Charakteren und nimmt die Welt um sie herum eher als eine Art dauerhafter Begleiter wahr, der hin und wieder ein paar kleine Brotkrumen und Info-Happen streut - mehr ist nicht nötig, um mitzureißen.

Fazit: Elizabeth Olsen und Alicia Vikander glänzen in einem bisweilen sehr makaberen Psycho-Duell der Extraklasse, innerhalb einer spannenden Zukunftsvision, die sehr glaubhaft und zudem angenehm cineastisch fotografiert wurde. Einzig den zu aufdringlichen Erklärbär-Epilog hätte man sich angesichts der Tatsache, dass diese Zukunft zuvor so wunderbar mysteriös und sich selbst erklärend aufgebaut wurde, sparen können.

Note: 2-



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