Fünf Jahre nach ihrer Ankunft in Jackson führen Joel (Pedro Pascal) und Ellie (Bella Ramsey) ein nahezu normales Leben. Regelmäßige Patrouillen sorgen dafür, dass die Gefahr durch Infizierte außerhalb der Mauern der Kleinstadt gering wird und unter den dortigen Menschen haben sich beide ebenfalls eingelebt. Die Beziehung zwischen den beiden hat mittlerweile jedoch ernsthafte Kerben davongetragen, die auch von Ellies bester Freundin Dina (Isabela Merced) nicht unbemerkt bleiben. Indes droht von außerhalb eine neue Gefahr: Die ehemalige Firefly Abby (Kaitlyn Dever) hat sich mit einer kleinen Gruppe daran gemacht, Joel aufzuspüren und ihn für seine vergangenen Taten zur Rechenschaft zu ziehen. Während sie Jackson immer näher kommen, rotten sich auch mehrere Infizierte im Schnee zusammen und werden zu einer großen Bedrohung...
Bevor ich diese Kritik beginne, muss ich euch auf den Stand der Dinge bringen, was meine Beziehung zu den beiden Last of Us-Videospielen angeht. Beide Teile, insbesondere jedoch der zweite, sind für mich so etwas wie die heilige Kirche der Games: Ich habe sie unzählige Male gespielt, immer wieder das grandiose Storytelling und die wunderbaren Charaktere genossen und jede einzelne Minute davon, sei sie auch noch so fordernd oder aufwühlend, geliebt. Eine Verfilmung insbesondere des zweiten Spiels kann daher eigentlich nur, sofern es gut werden soll, folgend aussehen: Das gesamte Game Bild für Bild abfilmen (ja, auch inklusive der rasanten Actionszenen) und allerhöchstens kleine Szenen einfügen, die noch ein bisschen Hintergrundmaterial zu der Welt oder einzelnen Figuren liefern. Ansonsten sollte man tunlichst alles unberührt lassen, denn gerade der zweite Teil ist in seiner Dramaturgie, der Abfolge von Szenen und dem Umgang mit seinen ambivalenten Figuren storytechnisch so dermaßen herausragend, dass jede noch so kleine Änderung alles ruinieren könnte. Nun gab es solcherlei Veränderungen auch bereits in der ersten Staffel, die mir bei der nun zweiten Sichtung auch deutlich weniger gefiel als zuvor, da sie die sonst so stimmige Dramaturgie durch Herumpfuscherei störte. Dabei habe ich nichts gegen solche Änderungen, sie müssen eben nur sinnvoll sein - was hier jedoch selten der Fall ist. Und da ein einfaches, stures Abfilmen der bekannten Geschichte natürlich irgendwie auch faul wäre, müssen die Macher zwangsläufig diverse Szenen verändern oder Szenenabfolgen neu ordnen, um sich dieser Argumentation zu entziehen. Das Ergebnis sieht dann natürlich schon zwangsläufig so aus, dass die Serie die zugrunde liegende Handlung und vor allem ihre Charaktere extrem verwässert und somit nur noch eine schale Kopie dessen ist, was das Spiel einst ausgemacht hat.
Der Teil des Publikums, welches die Spielevorlage nicht kennt (was für ein Frevel!), wird diese Mankos natürlich nicht als solche auffassen. Doch auch sie werden sich hin und wieder fragen, ob da einige Sachen nicht cleverer oder dringlicher hätten erzählt werden können - was sie natürlich taten, in der Spielevorlage nämlich. Ich will nun auch gar nicht darauf herumreiten, welche Szenen genau denn nun so unpassend verfremdet wurden, denn das würde den Rahmen sprengen und allerlei Spoiler mit sich bringen, die ich hier natürlich stets vermeide. Aber schon die Enthüllung des wahren Zieles rund um die im Spiel sehr mysteriös gehaltene und erst viel später wirklich erklärte Abby wirkt hier einer stimmigen Dramaturgie entgegen, negiert einen durchgehenden Konflikt und verhindert, dass wir das Mitfühlen bezüglich gewissen Charakteren immer wieder neu durchdenken müssen - Kenner der Vorlage werden genau wissen, was ich damit meine. Ansonsten bietet die Serie zwar sattsam bekannte Szenen und Dialoge, verkürzt diese aber immer wieder unpassend, ordnet sie neu an, macht alles ein wenig leichter bekömmlich und simpler. Kein Vergleich zu der nahezu elektrisierenden Dynamik der Spiele, die dabei dramaturgisch so meisterhaft agierten, dass man hier nichts besser machen konnte. Wenn man bedenkt, dass Neil Druckmann, der Creator der Spiele, hier noch an Bord war und für die kommende dritte Staffel aussteigen wird, sieht es wirklich düster aus für die Zukunft der Serie, die wohl nur noch weiter zerpflückt und dessen Charaktere noch mehr ad absurdum geführt werden.
Und wenn es um die Charaktere geht, kommen wir natürlich zu Bella Ramsey und ihrer reichlich eigenwilligen Interpretation von Hauptfigur Ellie. Diese hatte schon in der vorherigen Staffel deutliche Schwierigkeiten, diesen extrem komplexen Charakter richtig zu greifen und verließ sich stattdessen darauf, einfach immer möglichst flapsig und nervig zu sein - beinahe schon eine Beleidigung für das, was Ashley Johnson in der Vorlage aus dieser Figur herausgeholt hatte. Dass Ramsey dies nun für die zweite Staffel auf ein noch höheres Level schraubt, hat entweder mit völlig falscher Schauspielführung zu tun oder damit, dass sie sich nicht anders zu helfen weiß, da ihre schauspielerischen Fähigkeiten nicht ausreichen, um Ellie passend darzustellen. Nun ist Ellie gerade im zweiten Spiel eine höchst ambivalente, von verschiedenen Emotionen zerfressene und dennoch düster gereifte Figur, an der sich auch erfahrene Schauspielerinnen noch die Zähne ausbeißen könnten. Ramsey jedoch trifft nie den richtigen Ton, ob sie nun gerade glücklich, ironisch angehaucht oder von Rache zerfressen sein möchte. Umso erstaunlicher, dass sich mit Apple Cider Vinegar-Star Kaitlyn Dever bereits eine Schauspielerin im Cast findet, die der Videospiel-Ellie nicht nur optisch erstaunlich ähnelt (und als gänzlich anders geartete Abby hier dementsprechend ebenfalls fehlbesetzt ist), sondern auch durchaus mehr Bandbreite mitbringt, um diesen Charakter spielen zu können. Wie man es auch dreht und wendet: Ausgerechnet beim Casting ist hier unglaublich viel schief gelaufen, denn auch die Nebenfiguren besitzen nicht den Esprit und den Charme, welcher die 3D-Figuren in der Vorlage auszeichnete. Einzig James Bond-Star Jeffrey Wright kann aus dem in der Vorlage noch recht unbeschrieben verbliebenen Isaac noch einiges an Gravitas herausholen, der Rets bleibt sträflich zurück.
Natürlich machen sie aber nicht alles falsch, was im direkten Kontrast dazu, wie unglaublich fehlinterpretiert die Figuren und die Geschichte in der Serie nun sind, schon wie Hohn wirkt. Denn rein optisch ist den Machern wieder ein Meisterstück gelungen und es ist einfach nur erstaunlich, mit wie viel Mühe man sich daran machte, die einzelnen Sets und Details des Spiels hier auf die filmische Ebene zu übertragen. Über die exakten Klamotten, die Austarierung der Räumlichkeiten und bis hin zu der Positionierung der einzelnen Gegenstände oder sogar der Verpackung der Steak-Sandwiches, die Seth Ellie als Entschuldigung mit auf den Weg gibt - alles sieht hier exakt aus wie in der Vorlage. Aber auch das wirkt wie ein Witz, wenn man bedenkt, dass das Budget für die großen Actionszenen offensichtlich da war und das Know-How der Vorlage ebenfalls bekannt war, wenn so penibel auf die winzigsten Details geachtet wurde, um Fans der Spiele immer wieder zu begeistern. Wenn das möglich ist und so darauf geachtet wurde, warum greift man dann bei den wichtigsten Aspekten so sträflich (und angesichts der anderen Möglichkeiten offensichtlich auch absichtlich) daneben? Ich kann nur jedem empfehlen, die Spiele zu spielen und sich selbst ein Bild von der Geschichte zu machen. Das, was die Serie mit der zweiten Season daraus macht, ist eine sicherlich nicht billige, aber nun gleich seelenlose Kopie, die den Kern der Charaktere und der packenden Dramaturgie völlig falsch auffasst.
Natürlich weiß ich aber, dass mir die Spiele niemand wegnimmt und ich, statt mich weiter in dieser Serie zu verlieren, einfach wieder auf diese zurückgreifen kann. Was ich auch weiterhin tun werde, weswegen die Verfilmung des vielleicht besten Videospiels der letzten Jahre weniger ärgerlich als viel mehr eine Verschwendung ist. Dementsprechend: Genießt die Geschichte so, wie ihr es wollt. Seid euch aber bewusst, dass euch in Serienform viel von der ursprünglichen Kraft dieser Story vorenthalten wird.
Fazit: Eine perfekte Vorlage kann man nicht verfilmen - erst recht nicht gut. Es war klar, dass The Last Of Us in seiner zweiten Staffel an den zwangsläufigen Änderungen an einer perfekten Vorlage scheitern würde. Ärgerlich ist es dennoch, denn die Möglichkeiten lagen auf dem Präsentierteller. Abgesehen von der optischen Brillanz wollte man diese aber nicht nutzen, was wirklich traurig ist.
Note: 4
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