Direkt zum Hauptbereich

Der verbotene Schlüssel

Ich kann mich nie so wirklich entscheiden, ob ich im Horrorfilm-Genre eher dem subtilen Grusel oder dem hammerharten Splatter den Vorzug geben soll. Beide Seiten haben ihre richtig miesen Streifen hervorgebracht und dennoch gibt es bei den bluttriefenden Spektakeln einige sehr unterhaltsame Perlen wie "Evil Dead" oder auch "Saw", während "Paranormal Activity" oder "Das Geisterschloss" auch vollkommen blutleer voll meinen Geschmack trafen. "Der verbotene Schlüssel" gehört zur letzteren Sorte und erweist sich als überraschend spannender und sinniger Schocker...

DER VERBOTENE SCHLÜSSEL

Abgeneigt von der Unmenschlichkeit ihrer Kollegen im Hospiz, welche schwerkranke Menschen bis in den unvermeidbaren Tod begleiten, kündigt die junge Caroline Ellis (Kate Hudson) ihren Job und bewirbt sich als private Pflegerin für den von einem Schlaganfall heimgesuchten und nun gelähmten und sprechunfähigen Senior Ben Devereaux (John Hurt). Dieser lebt gemeinsam mit seiner Frau Violet (Gena Rowlands) in einem großen Anwesen, abseits der Großstädte. Während Caroline das Haus kennenlernt und bereits damit beginnt, sich um Ben zu kümmern, fallen ihr seltsame Dinge in dem Anwesen auf. Ein verschlossener Raum auf dem Dachboden, das vollkommene Fehlen von Spiegeln, groteske Bücher... sind hier vielleicht finstere Mächte am Werk?

Natürlich sind sie das, und auch wenn bis kurz vorm Finale nie wirklich ersichtlich ist, welche das nun sind, dürfte dies keinem Spoiler gleichkommen. Trotzdessen man sich hier schnell der Anwesenheit von faulem Zauber sicher ist, kommt die überraschend wendungsreiche und in sich vollkommen stimmige Geschichte keinesfalls vorhersehbar daher, hält mit Überraschungen und cleveren Tricks bei Laune und erfordert sogar die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers, wenn man die finalen Twists hier wirklich voll und ganz verstehen, zwischendrin nicht sogar auf der Strecke bleiben möchte. Die Story weiß durch ihre Vielschichtigkeit zu fesseln und ist allein dadurch vielen ihrer Genre-Kollegen um Meilen voraus. Noch dazu funktioniert auch die Charakterzeichnung vorzüglich, der Film nimmt sich genügend Zeit um uns die Haupt- und Nebenfiguren vorzustellen, sie uns sympathisch zu machen und ihre Antriebe festzulegen. So fiebern wir bald gerne mit Caroline mit und folgen ihr freiwillig auch durch die brisantesten Situationen, wobei wir ihr die Daumen drücken. Kate Hudson liefert dabei eine für das Genre überdurchschnittliche Leistung ab, während Gena Howlands und besonders der in seiner limitierten Rolle wahnsinnig überzeugender John Hurt fabulöse Darstellungen zum Besten geben. Einzig Peter Sarsgaard bleibt wie gewohnt ein wenig blass, bekommt zwischendrin aber auch noch mal einige gute Szenen ab. "Der verbotene Schlüssel" funktioniert zwar sicher nicht als Charakterdrama oder als großes Schauspielkino, trotzdem wirkt das hier alles wie aus einem Guss und da auch die zumeist subtilen Schockeffekte, die schaurige Bildsprache und die gelungene Grundatmosphäre überzeugen können, so hat man hier ein unerwartetes, aber tatsächliches, 104 Minuten langes Gruselvergnügen vor sich. Einzig einige klischeehafte Schreckeffekte wie das übliche Türenknallen oder eine ungefährliche Person, welche urplötzlich im Rücken der Protagonistin auftaucht, hätten vermieden werden dürfen... ebenso wie ein paar zwischenzeitliche Längen und ein zwar spannendes, letzten Endes aber doch etwas zu dick aufgetragenes Finale, welches in seinen zwar interessanten, aber dennoch etwas zu wirren Erklärbär-Auflösungen versinkt. Sonst aber recht wenig zu meckern bei diesem hübschen Horror-Beitrag, den sich nicht nur Grusel-Fans mal ansehen sollten, sondern auch diejenigen, die auf eine verzwickte Geschichte stehen... die sie aber nicht immer logisch hinterfragen sollten. Dafür funktioniert das Ganze aber dramaturgisch wirklich gut!

Note: 3+

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...