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Ziemlich beste Freunde

Bei manchen Filmen wundert man sich schon, woher der plötzliche Erfolg kommt. Während man bei Sequels und bekannten Namen bereits abwägen kann, dass diese Produktionen gut laufen werden, war das 2012 bei "Ziemlich beste Freunde" anders, denn der Film erzählt weder eine spektakuläre Geschichte noch macht er irgendetwas besonders oder neuartig. Vielleicht lag es gerade daran, dass die Tragikomödie deswegen zu einem Achtungserfolg wurde... oder eben auch einfach daran, dass es ein rundum gelungener Film ist.

ZIEMLICH BESTE FREUNDE

Der 56-jährige Philippe (Francois Cluzet) ist nach einem Unfall beim Paragliding vom Hals abwärts gelähmt, auf den Rollstuhl und auf ständige Hilfe angewiesen. Auf der Suche nach einem neuen Pfleger macht er die Bekanntschaft mit dem Anwärter Driss (Omar Sy)... welcher jedoch eigentlich gar nicht an dem Job interessiert ist und nur eine Absage will, um vom Arbeitsamt Geld zu bekommen. Doch Philippe gefällt Driss' grobe und lebensfrohe Ader, weswegen er den Mann auf Probe bei ihm einstellt. Über einige Bedenken und kompliziertere Vorfälle hinweg entsteht dabei eine ungewöhnliche Freundschaft...

"Ziemlich beste Freunde" beruht auf einer wahren Begebenheit, auch wenn sich die Macher natürlich einige Freiheiten herausnahmen, um der Dramaturgie auf die Sprünge zu helfen. Lobenswert ist jedoch, wie unspektakulär und nicht effekthascherisch der Film mit seiner Geschichte umgeht. Die Gags kommen nicht mit dem Holzhammer und auch die unvermeidlichen, dramtischeren Sequenzen sind nicht darauf aus, beim Zuschauer Tränen hervorzurufen, wirken allein deswegen angenehm realistisch und triefen nicht vor Kitsch. Natürlich ist die Story vorhersehbar, die Charaktere werden in Klischee-Schubladen gesteckt und auch die Beziehungen der Figuren untereinander sind das ein ums andere Mal schier nach Scheme F gestrickt, um auch ja niemanden zu verletzen. "Ziemlich beste Freunde" ist ein reiner Feel-Good-Movie, die Gagquote ist hoch, auch wenn ganz große Lacher weitestgehend ausbleiben, am Ende sollen wir uns einfach wohlfühlen und mit einem Grinsen in den Abspann gehen. Das gelingt diesem Film vortrefflich und auch wenn die Art, den Zuschauer so für sich einzunehmen, eigentlich ein ganz alter Trick ist... man kann sich dem Charme, welcher das ganze Werk versprüht, eben kaum entziehen. Und das ist ja auch definitiv nicht verwerflich, denn wer hat schon was gegen einfache Unterhaltung... und wenn diese dann noch einige sehr ernste Untertöne hat, sogar nachdenklich stimmen kann, haben wir es doch wirklich mit einem bemerkenswerten Film zu tun. Das wird sicherlich nicht jedem gefallen und besonders im Mittelteil wird es mit den zahmen, aber eben doch einfach schönen Witzchen zunehmend schmalzig, aber eben nie so weit, dass es zu viel werden würde. Omar Sy weiß als Clown mit dem Herz am rechten Fleck zu überzeugen und Francois Cluzet in der schwierigen Position, nur durch seine Mimik spielen zu können, ist gar fast eine Offenbarung. Die restlichen Nebenfiguren bleiben in Erinnerung, auch wenn einige von ihnen nicht genügend zu ihrem Recht kommen und arg beschnitten werden, hier bleibt besonders der Handlungsstrang um Philippes pubertäre Tochter zu erwähnen, welcher mehr Potenzial gehabt hätte, als es mit einem clownischen Gag zu beenden. Die Komödie aus Frankreich ist somit sicherlich kein perfekter Film, teils zu glatt und auch eigentlich viel zu 08/15-mäßig, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Unterhaltsam ist er aber auch höchstem Niveau, weiß gleichzeitig zu amüsieren und zu bewegen. Und dagegen sind die anderen Kritikpunkte ja dann doch nur Kinkerlitzchen.

Note: 2-

 


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