Direkt zum Hauptbereich

London Boulevard

Es gibt Filme, die lassen sich schlichtweg nicht in ein festes Genre pressen. Das kann ab und an richtig spannend sein, wenn sich ein Film nicht einem Stil hingibt, kann überraschen und fesseln, aber auch außer Kontrolle geraten und so irgendwann ziellos oder gar anstrengend und ungekonnt wirken. "London Boulevard" ist so ein Mischkind, welches über Thriller, Komödie, Drama und Gangster-Krimi alles mögliche abdecken will, dabei aber immer wieder unangenehm ins Trudeln gerät.

LONDON BOULEVARD

Mitchel (Colin Farrell) saß drei Jahre wegen gewalttätiger Vergehen im Gefängnis. Nach seiner Entlassung will er der kriminellen Szene, in welcher ihn sein ehemaliger Partner und Freund Billy (Ben Chaplin) immer wieder hineinzudrängen versucht, absagen und nimmt anstattdessen einen ehrlichen Job an: Als Personenschutz der berühmten Schauspielerin Charlotte (Keira Knightley) hält er der Frau aufdringliche Papparazzi vom Leib... und schnell kommen sich die beiden näher. Doch die Kriminal-Szene Londons ist noch nicht fertig mit Mitchel und als Gangster-Boss Rob Gant (Ray Winstone) auftaucht, um Mitchel erneut zu dreckigen Geschäften zu zwingen, auch mit Waffengewalt, zieht sich die Schlinge um den Hals des Ex-Verbrechers immer mehr zu.

Der mit dem Oscar für das beste Drehbuch von "Departed" ausgezeichnete Regisseur William Monahan möchte in seinem englischen Film "London Boulevard" möglichst viele Straßen auf einmal nehmen: Er inszeniert sein Werk mit klassisch-scharfen Dialogen a la Tarantino, überzeichnet die Brutalität besonders im letzten Drittel, wirft eine Menge mal mehr, mal weniger wichtiger Figuren in die Handlung und würzt das Ganze dabei noch mit einer Prise Romantik, Humor und Dramatik. Das ist generell einfach etwas zu viel für knappe anderthalb Stunden und es hätte dem Film definitiv besser getan, wenn er sich ein wenig stringenter auf ein festes Ziel eingelassen hätte, anstatt in alle Richtungen zu gucken und dabei möglichst viel Stoff in sich aufzunehmen, dem er dann aber bei der Masse an Nebenhandlungen nicht mehr gerecht werden kann. "London Boulevard" möchte ein Thriller sein, ist dafür aber nicht einmal ansatzweise spannend genug... auch Wendungen muss man mit der Lupe suchen, geplante Überraschungen lassen sich hier fast immer weit vorausahnen. Der Film möchte zudem eine Komödie sein, abgesehen von einigen starken Dialogszenen in der ersten Hälfte gibt es dabei aber zu wenig zu lachen und die Handlung verliert sich schon bald in bitterem Ernst, ohne den Hauch von Ironie. Auch Romantik wird mit der Geschichte um Charlotte eingeworfen, doch die Liebesbeziehung zwischen ihr und Mitchel bleibt eher bloße Behauptung und die Funken wollen hier nicht fliegen. "London Boulevard" hätte genügend Potenzial besessen, um damit mehrere Filme zu füllen, dieses wird jedoch größtenteils ungenutzt liegengelassen, da ihm sich nicht genug gewidmet wird. Bei vielen Dingen weiß man sogar kaum, was uns Monahan damit jetzt erzählen möchte... so gibt uns beispielsweise David Thewlis als gescheiterter, drogenabhängiger Schauspieler eine mehr als amüsante Performance, bevor das Skript ihm aber eine solch unnachvollziehbare Entwicklung auf den Leib schneidert, dass das alles vorne und hinten keinen Sinn mehr ergeben möchte. Das klingt nun alles sehr streng, immerhin ist der Film aber besonders in der ersten Hälfte einigermaßen packend erzählt, Colin Farrell bietet eine mehr als solide Leistung in der Hauptrolle (wogegen seine Co-Stars Keira Knightley und leider auch Ray Winstone nicht viel entgegenzusetzen haben), einige Stilmittel sind treffsicher, der Soundtrack ist nett und die bereits erwähnten Dialoge haben eine Menge Spritzigkeit... gegen die löchrige Handlung, die ziellos vor sich mäandert und dabei irgendwann gar nicht mehr weiß, wo sie eigentlich hin will, hilft das aber nicht. "London Boulevard" landet zwischen allen Stühlen, ist dabei aber einigermaßen unterhaltsam und sehr gut gemeint... es ist nur leider nicht allzu gut geworden.

Note: 3-

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid