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Air Force One

Neben Roland Emmerich ist Wolfgang Petersen wohl der größte deutsche Regisseur, der sich bereits weltweit einen Namen machen konnte. Mit seinem Thriller "Das Boot" (den ich noch immer nicht gesehen habe und den ich dringend mal nachholen sollte) ebnete er seinen Weg nach Hollywood, später folgten große Werke wie "Troja" und "Der Sturm". 1997 machte er zudem den Action-Thriller "Air Force One" über eine fiktionale Entführung des Präsidenten-Fliegers. Richtig wohlwollend haben Kritiker darauf aber nicht reagiert...

AIR FORCE ONE


Der Präsident der Vereinigten Staaten, James Marshall (Harrison Ford), hat es endlich vollbracht, den gefährlichen Terroristen Ivan Radek (Jürgen Prochnow) hinter Schloss und Riegel zu bringen. Nach einem Besuch in Moskau freut er sich nur noch auf seine Heimat, doch auf dem Flug soll er keine Ruhe bekommen. Die Air Force One wird von russischen Terroristen, angeführt von dem fanatischen Ivan Korshunov (Gary Oldman), übernommen und in ihre Gewalt gebracht. Der Präsident selbst schafft es, sich unbemerkt zu verstecken, während Korshunov denkt, er sei in einer Fluchtkapsel entkommen. Doch Marshall denkt nicht daran aufzugeben und startet einen Kampf gegen die Männer...

Die Story ist so gaga und fernab von allem Möglichen, dass es schon wieder Spaß macht. Da teilt der ungemein charismatische Präsident fröhlich Arschtritte gegen die bis auf die Zähne bewaffneten Russen aus, benutzt Stühle als Schlagwaffe und nietet einen Gegner nach dem anderen um... ein echter Action-Held eben. Generell ist der Film an sich dann auch ziemlich unterhaltsam, solange man sein Gehirn ausschaltet und sich von dem Tempo und der kaum stoppenden Action berieseln lässt. Wolfgang Petersen hat ein Händchen für nicht gerade nervenaufreibende, aber recht treffsichere Spannung und macht aus dem ziemlich bescheuerten Skript immerhin noch das Beste. Er kann seine Schauspieler solide führen (für mehr als solide reicht es bei dieser mageren Figurenzeichnung doch bei niemanden, am ehesten sticht noch Gary Oldman als grausamer Terroristen-Anführer heraus) und weiß besonders in Sachen Ton einiges zu treffen. Schwach bleibt er jedoch in der visuellen Umsetzung. Während die handwerklichen Szenen im Inneren des Flugzeugs (in welchem der Film zu einem Großteil spielt) noch Genre-Standard und dementsprechend gut gemacht, wird die ganze Sache lächerlich, wenn Spezialeffekte ins Spiel kommen. Diese machen nicht unbedingt den Eindruck, als wären die Tricks seit Sindbands Abenteuern besser geworden und sorgen immer wieder für unfreiwillige Lacher in der ansonsten so prikären Situation. Im Vergleich lief im selben Jahr noch "Titanic", dessen visuelle Kraft noch heute schier beeindruckt... und ein Jahr zuvor haute uns "Independence Day" ungleich kostengünstiger und dennoch optisch viel stärker aus den Socken. Wie diese matschigen, vollkommen überzogenen Effekte also sein konnten, wissen wohl nur die Macher selbst und wir wissen: Sie sehen grausam aus. Darüber kann natürlich nichts hinwegtäuschen, da die Story vorhersehbar und alles andere als originell ist und die Figuren Abziehbildern ähneln. Ein "Wow"-Effekt stellt sich so erst in der letzten halben Stunde wirklich ein, wenn das Tempo mit einem ziemlich starken Schlussakt enorm angezogen wird. Bis zu diesem Zeitpunkt hat man sich zwar sicherlich nicht gelangweilt, dank einem enormen Patriotismus, auf welchen auch Emmerich und Bay noch neidisch gewesen wären, und einem Mangel an frischen Ideen aber immer wieder ein Gefühl der Enttäuschung verbergen müssen. "Air Force One" schrammt so nur sehr knapp an sinnlosem Trash vorbei, ist ziemlich unterhaltsam, aber auch ziemlich blöde. Kann man gucken, muss man aber jetzt nicht unbedingt. Sieben Jahre später hat Petersen mit dem Epos "Troja" nämlich ebenfalls einen eher oberflächlichen, aber sehr viel unterhaltsameren und visuell stärkeren Film gemacht, bei welchem sich das Ansehen mehr lohnen dürfte.

Note: 4+


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