Direkt zum Hauptbereich

House of Cards - Die dritte Staffel

Mit der Netflix-Eigenproduktion "House of Cards" war der US-amerikanische Serienmarkt um ein Highlight reicher geworden. Zwar mangelte es den ersten beiden Staffeln an einer gewissen Charaktertiefe, dennoch war es extrem spannende, intelligente Unterhaltung. Leider kann die dritte Staffel erwartungsgemäß nicht mehr an diese Qualität anknüpfen, denn nachdem Francis Underwood sein Ziel erreicht hat, gibt es nun weitaus weniger interessantes zu erzählen...

HOUSE OF CARDS - SEASON 3


Frank Underwood (Kevin Spacey) hat es geschafft. Er ist nun das höchste Tier, der Anführer Amerikas: Durch all seine Intrigen und seine falschen Spiele ist es ihm nun tatsächlich gelungen, als Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt zu werden. Um dort aber auch zu bleiben, muss er einiges tun, um 2016 wiedergewählt zu werden. Deswegen ruft er das kontroverse Projekt "America Works" ins Leben, welches allen Arbeitslosen Amerikas Jobs garantiert. Und auch Franks Ehefrau Claire (Robin Wright) hat nun als First Lady alle Hände voll zu tun... schließlich bewirbt sie sich als UN-Botschafterin.

Ich war ein wenig verwirrt angesichts der dritten Staffel von "House of Cards", denn in dieser ist zum ersten Mal ein deutlicher, stilistischer Bruch zu erkennen, der nicht zum Vorteil gereicht. Zuerst fällt auf, dass die Charaktere anders gezeichnet wirken. Von der boshaften Intriganz Frank Underwoods ist viel weniger zu erkennen, in vielen Szenarien ergibt er sich gar locker seinem Schicksal und auch ansonsten fehlt es ihm an Frische und Genialität. Noch schlimmer hat es die First Lady erwischt, denn wo Claire ihrem Ehemann einst in Sachen Kälte und Intriganz in nichts nachstand, wird sie nun zu einem überforderten, hochemotionalen Problemkind, welches kaum noch etwas mit der Frau gemein hat, die wir in den ersten beiden Staffeln kennengelernt haben. Diese Charakterveränderungen (sowohl bei den Underwoods als auch bei vielen der Nebenfiguren) scheinen keinerlei Grund zu haben, es ist eben einfach so, was etwas schade ist und die Serie nun daran hindert, wirklich rund zu sein. Zudem fehlt es der Staffel auch an einem interessanten, storytechnischen Bogen, denn bis zur Mitte der dreizehn Episoden ist nie wirklich klar, wohin der Hase nun laufen soll. Es werden sehr viele Fässer aufgemacht, Underwood hat viele kleine und große Dinge zu erledigen, doch das ganz große Ding kommt irgendwie nicht, was zu einer Linderung der Spannung führt. Auch emotionale Tiefe sucht man diesmal wieder vergebens, alles wirkt sehr kühl und steril und da die Charaktere nunmehr in ihren bösartigen Seiten auch mehrfach kastriert und verharmlost werden, wirkt das Ganze eher wie ein müder, an Höhepunkten armer Polit-Thriller, der nicht genau weiß, was er nun eigentlich erzählen möchte. Einzig der große Michael Kelly als mittlerweile am Boden angekommener Doug Stamper hält die Fahne hoch, seine Figur entwickelt sich interessant weiter und bekommt auch einige neue Seiten zugestanden. Ansonsten quält sich diese Staffel über etliche politische Feindseligkeiten, den üblichen Verrat, das "Gutdastehen" bei der Presse und die ewigen Wahlkämpfe, ohne dabei aber eine richtig spannende Geschichte zu erzählen. Die Staffel arbeitet all diese Punkte ab, ohne dabei aber einen Bogen herumzuspannen, was ein wenig schade ist. Nichtsdestotrotz entstehen aber immer wieder Szenarien von elektrisierender Intensität und die Dialoge sind erneut wunderbar geschliffen... wenn auch nicht ganz so treffsicher und gemein wie zuvor. Das Innenleben des Weißen Hauses zu sehen, ist nach wie vor interessant, auch wenn man sich mit den Zielen, nun da Underwood ja bereits Präsident ist, etwas schwer tut und einige Handlungsumwege ein wenig willkürlich und zäh daherkommen. Am besten ist die Serie, wenn man mal von den grandiosen Leistungen aller Darsteller absieht (ganz besonders natürlich Kevin Spacey, der hier wieder eine bravouröse Darstellung aufs Parkett legt), wenn sie sich etwas mehr traut, aus dem Nähkästchen zu plaudern und ihre Figuren nicht nur als Anzugträger, sondern auch als Menschen mit Vergangenheiten und Schwächen thematisiert. Das sehen wir zwar seltener als zuvor, hat aber noch immer einen Zug und lässt für die kommenden Staffeln hoffen, nachdem diese doch deutlich schwächer war. Inszenatorisch und schauspielerisch ist das aber noch immer ganz große Klasse, auch wenn der Drive fehlt.

Note: 4+





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se