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Der Polarexpress

Heute ist Mation Capturing im Filmbusiness schon lange kein Schimpfwort mehr. Immerhin lassen sich durch diese Technik Charaktere erschaffen, die sonst wohl kaum zu realisieren werden und wir verdanken ihr großartige Figuren wie Gollum, King Kong oder Caesar. Einen ganzen Film einzig und allein durch Motion Capturing zu erschaffen, da durften dann 2004 doch leichte Zweifel aufkommen, als "Der Polarexpress" seinen Weg in die Kinos fand. Der Film wurde vom Publikum auch flott abgestraft, dennoch ist er heute noch recht sehenswert...

DER POLAREXPRESS


Ein kleiner Junge liegt in der Weihnachtsnacht in seinem Bett und wartet auf den Morgen. Sein Glaube an den Weihnachtsmann ist mittlerweile dabei, zu erlischen. In diesem Moment fährt genau vor seinem Haus ein riesiger Zug vor, der Zugführer winkt zum Einsteigen: Der Polarexpress ist da. Der soll eine Reihe Kinder strickt zum Nordpol und zum Weihnachtsmann bringen, um den Glauben an ihn wieder zum Erleuchten zu bringen. Der kleine Junge steigt ein... und erlebt das Abenteuer seines Lebens.

Technisch ist "Der Polarexpress" gerade heute ein zweischneidiges Schwert. Auf der Habenseite steht alles, was nicht unbedingt mit den Charakteranimationen zu tun hat, denn in Sachen Landschaften, Städten oder auch sämtliche Details in und um den titelgebenden Zug oder die etlichen Wetterkapriolen, durch die sich dieser schlägt, sind phänomenal inszeniert. Das Highlight ist neben all den Actionsequenzen dann aber sicher der Blick auf den Nordpol, der pompös und wunderschön hervorgehoben wird und tatsächlich eine magische Atmosphäre entfaltet, was durch den grandiosen Soundtrack von Alan Silvestri (womöglich einer seiner besten) noch untermalt wird. In Sachen Charakteranimation bleibt "Der Polarexpress" aber nicht nur gut in Erinnerung, denn diese sind mittlerweile deutlich überholt und bei dem Versuch, die Figuren menschlich wirken zu lassen, ist wohl auch einiges schiefgelaufen, was die oft übertriebene Mimik und die etwas seltsamen Bewegungen erklären dürften. Dafür war die Technik damals einfach noch nicht weit genug. Ebenfalls offensichtlich ist, dass "Der Polarexpress" damals viel mehr ein Schaulaufen für das neue Motion Capturing sein wollte und seine dünne Geschichte klar in die zweite Reihe stellt. Erst im letzten Drittel beschäftigt sich der Film mit seiner Aussage und kommt somit ein wenig zur Ruhe, zuvor ist er im Grunde ein Abhaken von rasanten und spektakulären Actionszenen, ein Schaulaufen von optischen Reizen, wo alles präsentiert wird, was denn so möglich ist. Zusammengehalten wird dies kaum, im Grunde gerät der schlitternde Zug einfach nur immer wieder in ein neues Maleur. Das sieht dann alles absolut fantastisch aus, auf Handlungsebene ist die knappe erste Stunde dann aber schon beinahe als nichtig anzuerkennen, bevor man sich dann doch auf emotionaler Ebene mal ein wenig dem Tiefsinn und dem (zum Thema absolut passenden) Kitsch widmet. Ein wenig seltsam stößt es auf, dass Tom Hanks, der an dem Film auch als Produzent beteiligt war und hier zum wiederholten Male mit Regisseur Robert Zemeckis zusammenarbeitete, hier so viele Rollen übernimmt: Über den Zugführer, den seltsamen Mann auf dem Zugdach, den Weihnachtsmann und (was am seltsamsten ist) sogar den kleinen Jungen selbst, der die Wunder am Nordpol entdecken möchte. Schön, dass die Technik dazu in der Lage ist, aber hier wäre es doch sinnvoller gewesen, ein Kind zu engagieren, anstatt einen Schauspieler einfach alles machen zu lassen. Vielleicht wollte man das ohnehin hohe Budget von 150 Millionen Dollar dann aber nicht mit weiteren Anstellungen von Schauspielern strapazieren. Fazit: "Der Polarexpress" ist ein unterhaltsames, rührendes, optisch starkes und rasantes Weihnachtsabenteuer mit einem Minimum an Handlung und einigen störenden Charakteranimationen. Für die Weihnachtszeit sicherlich ein passender Film, wobei sich die Kleineren in einigen Szenen aber ängstigen dürften, da Teile des Streifens doch überraschend düster ausfallen.

Note: 3


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