Direkt zum Hauptbereich

Foxcatcher

Oscar-Filme sind ja manchmal so eine Sache. Da werden etliche Filme eines ganzen Jahres komplett ignoriert, während eine Handvoll anderer Werke in unzähligen Kategorien nominiert werden. Sicher, es gibt genügend Filme, die diesen Nominierungsregen auch verdienen, bei anderen Filmen ist es aber unverständlicher. Da lässt sich die Academy dann auch gerne mal von einem aktuellen Thema, einer grandiosen Schauspielleistung oder eben dem Hype hinreißen und zeichnet oder nominiert einen Film zu oft aus. Eines dieser Beispiele trägt den Titel "Foxcatcher"...

FOXCATCHER


USA, Mitte der 80er: Der erfolgreiche Ringkämpfer Mark Schultz (Channing Tatum) trainiert hart gemeinsam mit seinem älteren Bruder David (Mark Ruffalo) für die anstehende WM. Eines Tages erhält er das Angebot des Multimillionärs John Du Pont (Steve Carrell), für sein Ringer-Team "Foxcatcher" bei der Weltmeisterschaft anzutreten. Angesichts des Geldes und eines Mentors sagt Mark sofort zu und feiert unter Du Pond erste, große Erfolge. Doch mit der Zeit ändert sich das Bild, denn Du Pont kristallisiert sich immer mehr als manischer und psychisch angeschlagener Mann heraus, welcher seine Schützlinge für sich einnehmen will...

Für fünf Oscars wurde das Sport-Drama nominiert, mit nach Hause nehmen konnte er schließlich keinen davon. Das hätte bei sicherlich drei von fünf Kategorien auch verwundert, denn entgegen der einhelligen Meinungen der Kritiker empfand ich "Foxcatcher" nicht als gelungenen Film. Was das Wek ausmacht, sind seine phänomenalen, schauspielerischen Leistungen: Channing Tatum spielt, wie er noch nie gespielt hat. Man hätte es ihm kaum zugetraut, denn obwohl er bereits in Blockbustern und Komödien eine solide Figur hat, ist diese Herausforderung noch größer. Tatum ist dieser locker gewachsen und zaubert sicherlich eine der besten Leistungen seiner Karriere. Ebenso stark spielt Mark Ruffalo, sehr nuanciert, klein und detailliert in einer grandiosen Nebenrolle. Kleine Gesten reichen Ruffalo vollkommen aus, um einen ganzen Charakter zu formen: Große Schauspielkunst. Die Geister werden sich letztendlich bei Steve Carrell schneiden. Es steht außer Frage, dass wir den Comedy-Star Carrell so sicher noch nie gesehen haben und dass er es überraschend schafft, uns mit seinem toten Blick, der monotonen Stimme und einer latenten Bedrohlichkeit einzunehmen und uns sogar das Fürchten zu lehren. Einigen wird Carrells Spiel aber auch ein wenig überzogen daherkommen und obwohl er sehr, sehr gut ist, empfand ich das Spiel von Tatum und Ruffalo als ehrlicher und glaubwürdiger. Schnitzer erlaubt sich auch das oscarnominierte Drehbuch, welches seine Geschichte nicht so recht unter Kontrolle bekommt. Für viele Handlungen lässt sich der Film in seinen langen 134 Minuten sehr viel Zeit, über andere Plotpunkte, die eklatant wichtig sind, rast er förmlich hinweg. Es entschließt sich nicht genau, wieso Tatums Charakter Mark Schultz sich plötzlich im Foxcatcher-Team nicht mehr wohlfühlt und auch wenn man sich diese Gründe sehr leicht zusammenreimen kann, wurde ich das Gefühl nicht los, als würden gerade hier wichtige Szenen einfach fehlen... seine finale Entscheidung kommt im Schlussakt wie aus dem Nichts und auch der Konflikt zwischen Du Pont und David Schultz scheint sich unverhältnismäßig stark zu entladen. Die einfache Phrase "Weil du Pont eben nicht alle Tassen im Schrank hat", reicht hier wenig aus und auch wenn sich Autoren und Regisseur Bennett Miller mühen, diesen Charakter tiefer zu zeichnen und ihm Hintergründe zu geben... am Ende wird man doch nicht schlau aus ihm und es entstehen viele Fragezeichen. In Sachen Story ist "Foxcatcher" also doch ziemlich schwach auf der Brust, dafür ist der Film herausragend gefilmt und entwickelt von Anfang an eine bedrohliche Atmosphäre, welche dem Werk sehr gut steht. Im direkten Vergleich zu Sportler-Filmen, die weniger den Sport als ihre den Sport ausübenden Charaktere in den Mittelpunkt stellen, wie den grandiosen "The Fighter" oder auch Bennetts "Moneyball" steckt "Foxcatcher" aber klar zurück. Fazit: Grandios gespielt, toll gefilmt. Die Geschichte und die Charaktere werden jedoch nicht genügend beleuchtet, sodass die Story Lücken aufweist und alles am Ende nicht ganz zusammenpassen will, trotz starken Ansätzen und einer elektrisierenden Grundstimmung.

Note: 3-


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid