Direkt zum Hauptbereich

Labor Day

Jason Reitman hat ja bislang mehr als nur einen guten Film gemacht. Na gut, die doch sehr bittere Komödie "Young Adult" traf nicht gerade meinen Geschmack, zuvor hat Reitman jedoch mit "Juno" und "Up in the Air" zwei meiner All-Time-Favorites erschaffen, welche in ihrem unwiderstehlichen Mix aus frecher Comedy, intensivem Drama und wunderbarem Charakterspiel noch sehr lange im Gedächtnis bleiben. Meine Erwartungen an "Labor Day" senkte ich dennoch, da mir die Handlung an sich schon seltsam vorkam... ganz so schlimm ist es dann aber doch nicht gekommen.

LABOR DAY


Frank Chambers (Josh Brolin) ist aus dem Gefängnis geflohen. In einem Supermarkt trifft er die alleinerziehende Mutter Adele Wheeler (Kate Winslet) und ihren Sohn Henry (Gattlin Griffith) und zwingt beide, ihn mit zu sich nach Hause zu nehmen, damit er sich dort von seinen Verletzungen, die er sich auf der Flucht zugezogen hat, erholen kann. Doch schon wenige Stunden, nachdem Adele und Henry Frank unfreiwillig Asyl gewährt haben, bröckelt die Fassade des Flüchtigen... und schon bald entwickeln Frank und Adele Gefühle füreinander.

Jason Reitman hat sich ganz offensichtlich von der heiteren, ansteckenden Lockerheit seiner früheren Werke entfernt. Schon "Young Adult" war ja eher bitter und aufrüttelnd und "Labor Day" ist nun nicht einmal annähernd mit einer Komödie vergleichbar, nein, das wird hier schon alles sehr ernst gemeint. Leider schafft es Reitman nicht, diese ohnehin schon recht obskure Thriller-Romanze in all ihrer Ernsthaftigkeit glaubwürdig herüberzubringen. Dass sich diese Story innerhalb weniger Tage zuträgt, ist bereits seltsam genug, doch auch am Rande geschehen viel zu viele Zufälle, welche die Geschehnisse unglaubwürdig machen. Dass die Charaktere sich ab und an ziemlich dämlich verhalten, ist schon auffällig und spielt somit der großen Tragik, die darin schlummern soll, unpassend entgegen. Wenn der Film dann einigen recht vorhersehbaren Wendungen gegen Ende hoffnungslos im Kitsch ersoffen wird und sich nicht einmal getraut wird, dem Ganzen irgendwie etwas Besonderes, etwas Böses zu verleihen, wenn einfach jede Figur so unglaublich gutmütig ist, dann bleibt der Konflikt aus und richtig berührt will man dann auch nicht sein. Das klingt nun ziemlich schlecht, aber das ist "Labor Day" dann bei weitem nicht, denn der Film hat einige richtig starke Momente. Sein größter Pluspunkt ist sicherlich die exzellente Besetzung, die sich redlich müht, aus der doch etwas flachen Geschichte noch das Beste herauszuholen. Kate Winslet spielt die von Depressionen befallende Mutter, die sich der Liebe zu dem undurchsichtigen Verbrecher nicht entziehen kann, mit viel Kraft, was mehr als beeindruckend ist. Josh Brolin steht dem in nichts nach und beweist, dass er einer der vielseitigsten Schauspieler unserer Zeit ist. Wie er jeglichen kleinen Gefühlswelten seiner Figur auslotet, das ist schon beeindruckend. Und es zeigt sich, dass Jason Reitman ein vielfach beachteter Regisseur ist, denn sogar großartige Mimen wie J.K. Simmons, "Spider-Man" Tobey Maguire, Clark Gregg und "Lost"-Jungschauspieler Dylan Minnette treten hier in sehr kleinen, oft nur eine Szene in Anspruch nehmenden Rollen auf. Ganz retten können sie das etwas kitschige und oftmals zu dick aufgetragene Skript, welches in viele Logiklöcher fällt, nicht, aber immerhin sorgen sie dafür, dass es trotz des langsamen Tempos nie langweilig wird. Und durch die beeindruckende Bildsprache wird dann sogar eine mehrminütige Sequenz, in welcher die neue "Familie" gemeinsam einen Pfirsichkuchen zubereitet, zu etwas Wunderschönem. Fazit: Die Story ist nicht der Bringer und kann ihre Unglaubwürdigkeit angesichts zu viel Kitsch und zu vielen merkwürdigen Zufällen nie abstreifen. Dafür spielen die Stars aber ganz groß auf und die Bildsprache weiß trotz des geringen Tempos zu fesseln.

Note: 3-


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"... DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Fü...

Eraser

Arnold Schwarzenegger, wohl neben Sylvester Stallone die Action-Ikone der 80er und 90er Jahre schlechthin, ist endlich zurück. Nachdem er sein Amt als Gouverneur von Kalifornien niedergelegt hat, dürfen wir ihn seit einiger Zeit endlich wieder in genügend rauen, spaßigen Actionfilmen wiedersehen. Auch wenn in der heutigen Zeit ganz klar Statham, Diesel und Co. die Actionhelden sind, macht es aber dennoch Spaß, den "Terminator"-Star wiederzusehen. Und natürlich auch seine vergangenen Filme, von denen ich bislang kaum einen gesehen habe und die ich nun mal nachholen möchte. Angefangen habe ich nun mit "Eraser" aus dem Jahr 1996... ERASER US-Marshall John Kruger (Arnold Schwarzenegger) arbeitet in einer geheimen Vereinigung der USA im Zeugenschutzprogramm. Darin beschützt er die Leben von Kronzeugen, welche vor Gericht Aussagen tätigen sollen und verschafft ihnen eine neue Identität, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sein neuester Job ist eine junge Mitarbeiterin bei...